Neue Runde im Kampf gegen Corona: Obwohl die Ständige Impfkommission noch Zweifel hat, wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern bereits jetzt allen Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren eine Impfung anbieten. Außerdem sollen besonders gefährdete Gruppen, also Ältere, Pflegebedürftige oder schwer Kranke, eine dritte Impfung erhalten, um im Herbst und Winter besser vor einer Neuinfektion geschützt zu sein. „Für sie ist das Risiko eines nachlassenden Impfschutzes am größten“, betonte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach einem Treffen mit seinen Länderkollegen. „Wir haben genügend Impfstoff für alle Altersgruppen.“
Umstritten ist vor allem die Impfung von Kindern und Jugendlichen. Thomas Mertens, der Vorsitzende der Impfkommission (Stiko), sperrt sich zwar nicht prinzipiell dagegen, Kinder ab einem Alter von zwölf Jahren gegen Corona zu impfen, besteht aber auf einer soliden Grundlage. „Wir können nicht eine generelle Empfehlung aussprechen, solange wir diesbezüglich nicht die notwendige Datensicherheit haben“, sagte Mertens demNDR. Bisher empfiehlt seine Kommission eine Immunisierung nur für Kinder mit Vorerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas und einem entsprechend höheren Infektionsrisiko. Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger dagegen, von Beruf Arzt, betonte gegenüber unserer Redaktion: „Das Impfen von Kindern und Jugendlichen ist überfällig. Die Schulen müssen in der vierten Welle unbedingt geöffnet bleiben.“
Von den insgesamt 4,5 Millionen Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren in Deutschland sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums bisher knapp zehn Prozent vollständig geimpft, etwas mehr als 20 Prozent haben zumindest schon eine erste Impfung mit Biontech oder Moderna erhalten, den beiden einzigen für sie bislang zugelassenen Impfstoffen.
Impfstoffe in Hülle und Fülle
Mit der Zustimmung ihrer Eltern und nach einer entsprechenden ärztlichen Aufklärung können noch nicht Geimpfte sich nun in den Impfzentren, bei ihren Kinder- und Hausärzten oder über die Betriebsärzte der Eltern impfen lassen. Für Jugendliche und junge Erwachsene in Universitäten und Berufsschulen sind ähnliche Impfangebote geplant. Impfstoff dafür ist reichlich vorhanden: Gegenwärtig sitzt Deutschland auf einer Reserve von etwa 17 Millionen Dosen. Für das dritte Quartal haben die Hersteller die Lieferung von weiteren 100 Millionen Dosen angekündigt.
Patienten mit einer Immunschwäche, Pflegebedürftigen und Höchstbetagten wollen die Gesundheitsminister nun eine so genannte Auffrischungsimpfung anbieten. Erste Studien deuteten darauf hin, dass es bei bestimmten Personengruppen nach einer vollständigen Impfung zu einer „reduzierten oder schnell nachlassenden Immunantwort“ kommen könne, heißt es im Beschluss der Minister. Deshalb sollten sich die betroffenen Patienten sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie von mobilen Impfteams oder über ihre Hausärzte ein drittes Mal impfen lassen – und zwar entweder mit Biontech oder Moderna, den beiden so genannten mRNA-Impfstoffen. Mit welchem Vakzin die Betroffenen vorher geimpft worden seien, sei dabei unerheblich. Unabhängig von Alter und Gesundheitszustand sollen sich darüber hinaus alle Geimpften, die die Impfstoffe von AstraZeneca oder Johnson&Johnson erhalten haben, ein weiteres Mal mit Biontech oder Moderna impfen lassen können.