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Corona-Impfung: Was bedeutet die neue Stiko-Empfehlung für die Impfstrategie in Bayern?

Corona-Impfung

Was bedeutet die neue Stiko-Empfehlung für die Impfstrategie in Bayern?

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    Klaus Holetschek hält die neue Empfehlung der Ständigen Impfkommission für eine Chance – auch wenn er davon kalt erwischt wurde.
    Klaus Holetschek hält die neue Empfehlung der Ständigen Impfkommission für eine Chance – auch wenn er davon kalt erwischt wurde. Foto: Matthias Balk, dpa

    Klaus Holetschek ist nicht gerade für impulsive Auftritte bekannt. Als Gesundheitsminister organisiert er das bayerische Corona-Krisenmanagement betont unaufgeregt. Am Donnerstagabend wird seine Gelassenheit allerdings auf eine harte Probe gestellt.

    Völlig überraschend meldet sich die Ständige Impfkommission (Stiko) mit einer neuen Empfehlung: Wer seine erste Impfung mit AstraZeneca hinter sich hat, soll beim zweiten Mal Biontech oder Moderna bekommen. Das bringt einen besseren Schutz vor der Delta-Variante – und wirft die Planungen in den bayerischen Impfzentren und Arztpraxen über den Haufen.

    Holetschek kritisiert die Kommunikation bei der Impfstrategie

    Selbst der Minister wird kalt erwischt. Der Unmut ist Holetschek auch am nächsten Tag noch anzumerken. Die Kommunikation der Stiko sei „verheerend“ gewesen, sagt der CSU-Politiker unserer Redaktion. Für viele Menschen in Bayern, die noch auf ihre erste Impfung mit Biontech oder Moderna warten, könnte der Strategiewechsel bedeuten, dass sie sich noch länger gedulden müssen.

    Grundsätzlich hat Holetschek, momentan auch noch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz, durchaus Verständnis für die Empfehlung, AstraZeneca nur noch für die Erstimpfung zu verwenden. Im Kampf gegen die hochansteckende Delta-Variante sei es derzeit am wichtigsten, möglichst vielen Menschen vollständigen Schutz zu bieten. „Die Kreuzimpfung ist nicht nur hochwirksam, sondern ermöglicht auch einen kürzeren Abstand von vier Wochen zwischen erster und zweiter Spritze“, sagt Holetschek.

    In Bayern wird es weniger Erstimpfungen mit Biontech und Moderna geben

    Zum Vergleich: Zwischen erster und zweiter Dosis AstraZeneca sind mindestens neun Wochen Abstand empfohlen. Fraglich ist allerdings, ob auf die Schnelle genug Dosen von Biontech und Moderna für die bislang nicht eingeplanten Zweitimpfungen zur Verfügung stehen. Allein in der kommenden Woche seien eigentlich rund 136.000 Zweitimpfungen mit AstraZeneca vorgesehen, erklärt Holetschek. Er rechnet damit, dass es vorübergehend in Bayern weniger Termine für Erstimpfungen mit Biontech und Moderna geben wird, um die Empfehlung der Impfkommission umsetzen zu können.

    Möglicherweise müssten sogar bereits vereinbarte Termine verschoben werden, weil die vorgesehenen Dosen nun für Zweitimpfungen gebraucht werden. Der bayerische Gesundheitsminister warnt jedoch davor, AstraZeneca nun abzuschreiben. „Wichtig ist die klare Aussage, dass eine Kreuzimpfung eine hohe Wirksamkeit hat“, betont er. Die Stiko verweist darauf, dass eine solche Kombination mindestens den gleichen Schutz bietet wie zwei Dosen von Biontech oder Moderna – vielleicht sogar noch mehr. „Das ist eine gute Botschaft und zeigt, dass Erstimpfungen mit AstraZeneca weiterhin sinnvoll sind“, sagt Holetschek.

    Kreuzimpfungen sollen besser wirken als die doppelte AstraZeneca-Dosis

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird von der Stiko-Meldung genauso überrascht wie seine Kollegen in den Ländern, mit denen er am Freitag über die Konsequenzen berät. Auf einer Pressekonferenz versucht er anschließend, den Impf-Dschungel ein wenig zu lichten. Grundlage für die neue Empfehlung seien aktuelle Studiendaten, betont der CDU-Politiker. Diese zeigten, dass eine Kreuzimpfung besser vor Corona schütze als eine doppelte Dosis AstraZeneca. Spahn hat Verständnis dafür, dass viele Menschen nun verunsichert sind. Er verspricht aber, dass ausreichend Impfstoff von Biontech und Moderna zur Verfügung stehe, um die neue Linie „sehr zügig“ umsetzen. Er sieht zudem einen positiven Nebeneffekt: AstraZeneca-Dosen, die nun nicht mehr für Zweitimpfungen genutzt werden, stehen für mehr Erstimpfungen zur Verfügung.

    Damit könne das Impftempo insgesamt erhöht werden, denn bei einer Kreuzimpfung könne die zweite Dosis ja bereits nach vier Wochen gespritzt werden. An alle, die bereits zwei Mal mit AstraZeneca geimpft sind, richtet der Minister die Botschaft, dass „natürlich auch diese Impfung gut“ sei.

    Jens Spahn nutzt Auftritt für einen Impf-Appell

    Seinem bayerischen Kollegen Holetschek reicht das nicht. „Ich fordere die Ständige Impfkommission auf, bald eine klare Ansage zu machen, ob sie für Menschen, die zweimal AstraZeneca bekommen haben, und für besonders gefährdete Personen, etwa in Alten- und Pflegeheimen, eine dritte Impfung im Herbst zur Auffrischung empfiehlt.“

    Spahn nutzt seinen Auftritt noch für einen Appell an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Gerade mit Blick auf die Delta-Variante sei eine doppelte Impfung sehr wichtig (beim Impfstoff Johnson&Johnson reicht weiterhin eine Impfung). „Umso mehr Impfungen im Sommer, desto besser wird der Herbst“, sagt der Minister.

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