Nach dem Stopp der Impfungen von Johnson & Johnson in den USA warnen die deutschen Immunologen vor einem Scheitern der deutschen Impfstrategie und fordern von der Bundesregierung schnelle Nachbestellungen von mRNA-Impfstoffen im nationalen Alleingang.
„Wenn es sich bewahrheitet, dass die Nebenwirkungen ähnlich häufig sind, wäre die Konsequenz, dass wir in Deutschland auch den Impfstoff von Johnson & Johnson ebenso wie AstraZeneca nicht für die unter 60-Jährigen verwenden sollten“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie Carsten Watzl unserer Redaktion. „Für die Impfung der unter 60-Jährigen stehe jedoch bis Herbst nicht ausreichend mRNA-Impfstoff zur Verfügung. „Dann könnte uns eine vierte Pandemie-Welle bevorstehen, weil wir noch nicht die Herdenimmunität erreicht haben“, warnte Watzl.
Immunologe fordert Bundesregierung zu Impfdosen-Nachbestellung auf
„Der deutschen Impfkampagne droht ein großes Problem, deswegen muss die Bundesregierung jetzt reagieren und sowohl mit Biontech als auch mit Curevac in neue Verhandlungen treten und mehr Impfdosen für Deutschland sichern“, sagte der Dortmunder Professor.
„Deutschland sollte hier einen Alleingang wagen, da es über die EU zu lange dauert und jetzt viele andere Länder ähnlich aktiv werden“, forderte Watzl. „Bei Curevac dürfte eine extra Bestellung keine Probleme machen. Biontech hat seine Produktion in Marburg ausgebaut, hier sollte sich die Bundesrepublik jetzt schnell Extradosen reservieren“, betonte er. „Sonst stehen wir im Sommer mit nicht genug Impfstoff für die unter 60-Jährigen da.“
Bei weiteren Impfstoffen könnte es zu Hirnvenenthrombosen kommen
Der Dortmunder Immunologe hält es für sehr wahrscheinlich, dass es auch bei weiteren Impfstoffen zu Hirnvenenthrombosen als seltene Nebenwirkungen der Impfungen kommt. „Es ist zu erwarten, dass diese Nebenwirkungen auch bei Sputnik V auftreten und dem chinesischen Impfstoff von CanSino“, betonte Watzl. „Es scheint eine generelle Nebenwirkung der Vektorimpfstoffe zu sein und hängt vermutlich mit den darin in einer hohen Dosis verwendeten sogenannten Adenoviren zusammen“, erklärte der Wissenschaftler. „Ob die Nebenwirkung bei Johnson & Johnson genauso häufig auftritt wie bei AstraZeneca, weiß man noch nicht, weil man wohl erst die Spitze des Eisbergs sieht.“
Die Ursachen für die Thrombosen müssen noch erforscht werden
Die Ursachen müssten noch genau erforscht werden, sagte Watzl: „Es ist noch nicht ganz klar, warum diese Autoantikörper ausgelöst werden“, erklärte der Immunologe. „Möglicherweise sind die viralen Partikel selber der Bösewicht oder die darin enthaltene Nukleinsäure.“ Allerdings träten die Nebenwirkungen sehr selten auf.
„Vermutlich haben die betroffenen Menschen eine spezielle Veranlagung, die entweder genetisch oder durch frühere Infektionen bedingt ist“, erklärt der Immunologe. „Es könnte sein, dass die Betroffenen geringe Mengen von diesen Antikörpern in sich tragen und diese erst durch diese Impfung verstärkt werden.“ (AZ)
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