Sie sollte die Erlösung aus der Corona-Krise bringen und endete im Chaos: der Start der Impfaktion ist für Politik wie Hersteller zu einem Debakel geworden.
Ein Gipfel der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel und einigen Herstellern am Montag soll nun mehr Klarheit über die Zeitpläne, Prioritäten für Bevölkerungsgruppen und verfügbare Impfstoffe bringen.
Markus Söder: "Ein 'Stop and Go' beim Impfen geht auf Dauer nicht."
Der Druck, zumindest einige Probleme zu lösen, ist gewaltig. Zwar hat Regierungssprecher Steffen Seibert bereits im Vorfeld des Treffens die Erwartungen gedämpft, dass mit konkreten Beschlüssen zu rechnen sei. Doch die bayerische Landesregierung dringt auf Ergebnisse: "Wir brauchen klare Transparenz beim Impfstoff", fordert Ministerpräsident Markus Söder gegenüber unserer Redaktion. "Die Menschen sind völlig verunsichert."
Das Dilemma, vor dem nicht nur der Freistaat steht: Die Logistik stehe, die Impfzentren sind einsatzbereit, aber es könne nicht geimpft werden. "Daher bedarf es endlich eines verlässlichen Lieferplans für die nächsten Wochen und Monate", sagt der CSU-Chef und stellt klar: "Ein ,Stop and Go’ beim Impfen geht auf Dauer nicht."
Seine Kritik richtet sich nicht nur an die Hersteller, sondern auch an die EU-Kommission, die Lieferverträge abgeschlossen hat. Insgesamt falle Europa beim Impfen deutlich hinter andere Länder der Welt zurück. "Das darf nicht sein", warnt der Ministerpräsident. "Daher braucht es auch einen Überblick über mögliche Produktionskapazitäten in Deutschland. Es sollte alles getan werden, um die Produktion in Deutschland auszuweiten."
In den über 100 Impfzentren in Bayern komme es immer wieder zu Problemen
Auch sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek findet klare Worte. "Das darf keine Show-Veranstaltung werden, sondern wir müssen nachvollziehen können, wo die Probleme sind und diese dann auch abstellen", sagt der CSU-Politiker. "Das Maß der Dinge ist, dass wir möglichst viel Impfstoff haben und dass der auch zuverlässig und planbar kommt."
In den über 100 Impfzentren in Bayern komme es immer wieder zu Problemen, weil Impflieferungen verschoben werden und dadurch zu wenige Dosen verimpft werden können. "Es ist schwierig, Leute heimzuschicken, die schon Impftermine vereinbart haben", sagt Holetschek. Deshalb begrüße er grundsätzlich auch jeden Versuch, der dazu führe, dass die Länder mehr Planbarkeit, Verlässlichkeit und vor allem mehr Impfstoff bekommen. "Deshalb erwarte ich, dass beim Impfgipfel Klartext gesprochen wird", sagt er.
Doch was kann das Treffen wirklich bringen? "Der Impfgipfel wird keinen Tropfen Impfstoff mehr bringen", sagt Welt-Ärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery. "Aber er kann ein deutliches Zeichen von Solidarität und Gemeinsinn setzen."
Ärztepräsident Montgomery sieht eine Mitschuld bei der deutschen Politik
Die Länder müssten sich endlich auf ein einheitliches Vorgehen im Kampf gegen Corona verständigen. Denn auch wenn der Schwarze Peter derzeit vor allem bei den Herstellern und der EU liegt, sieht Montgomery zumindest eine Mitschuld bei der deutschen Politik.
"Wenn ich höre, dass Niedersachsen 550.000 Menschen der Prio-Gruppe 1 anschreibt, sie mögen sich zur Impfung anmelden, es gleichzeitig aber nur 15 000 Termine gibt, dann ist das unprofessionell", sagt Montgomery. "Es ist viel Vertrauen zerstört worden, dass das staatliche Handeln wirksam funktioniert." Zugleich warnt er vor unrealistischen Erwartungen: "Niemand sollte erwarten, dass die Durchimpfung eines Volkes von 83 Millionen Menschen völlig reibungsfrei und problemlos funktioniert."
Laut Gesundheitsministerium wurden seit Beginn der Impfkampagne in Deutschland über 3,5 Millionen Dosen ausgeliefert und 2,2 Millionen Dosen gespritzt. Bis zum 22. Februar würden mindestens weitere 5 Millionen Impfdosen an die Länder geliefert. Biontech und Astrazeneca lieferten den Bundesländern bis zum 22. Februar 1,747 Millionen Dosen mehr als bisher geplant.
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