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Foto: María José López, dpa
Foto: María José López, dpa

Der Impfstoff von AstraZeneca wird oft als Impfstoff zweiter Klasse empfunden.

Corona-Impfstoff
01.03.2021

Forderung von Experten: Wird der AstraZeneca-Impfstoff für alle freigegeben?

Von Andrea Kümpfbeck

Experten und Politiker wollen Impfungen außerhalb der bisherigen Reihenfolge ermöglichen. Darunter auch Bayerns Gesundheitsminister Holetschek.

Vor dem Corona-Gipfel am Mittwoch bleibt das Thema Impfen umstritten – vor allem der Umgang mit dem in der Bevölkerung offenbar wenig gefragten Vakzin des Herstellers AstraZeneca. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein baden-württembergischer Kollege Winfried Kretschmann (Grüne) haben sich nun dafür starkgemacht, gegebenenfalls schnell auch Menschen außerhalb der offiziellen Impfreihenfolge die Immunisierung zu ermöglichen – falls Impfstoff „übrig bleibt“, weil Berechtigte die Impfung mit AstraZeneca ablehnen.

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Foto: Matthias Balk, dpa
Foto: Matthias Balk, dpa

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach sich dafür aus, die Impfreihenfolge flexibler zu gestalten.

„Wir sollten die Priorisierung zwar nicht auflösen, aber ich bin ein großer Anhänger davon, dass wir die Reihenfolge flexibler gestalten“, sagt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) gegenüber unserer Redaktion. Im Moment sei einfach zu wenig Impfstoff vorhanden, um alle zu impfen, die das möchten.

Im Gegensatz zu Berechtigten aus dem medizinischen Bereich, die sich teils nur zögerlich mit dem Wirkstoff des schwedisch-britischen Konzerns AstraZeneca impfen lassen, werde das Impfangebot von Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern „gut angenommen“, betont Holetschek. Diese Berufsgruppe ist in der Priorisierung hochgestuft worden, die Impfungen sind bereits angelaufen. „Die Lehrer und Erzieher wollen die Impfung, sie sind froh, dass sie sie jetzt schon bekommen.“

 

Eine Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass der AstraZeneca-Impfstoff wohl zu Unrecht einen schlechten Ruf hat

Bisher ist der AstraZeneca-Impfstoff in Deutschland nur für Menschen unter 65 Jahren vorgesehen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat nun angekündigt, ihre Empfehlung zu überdenken. Es werde „sehr bald zu einer neuen, aktualisierten Empfehlung kommen“, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens im ZDF. Zum Zeitpunkt der Empfehlung hätten keine ausreichenden Daten zur Wirksamkeit bei älteren Menschen vorgelegen.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa
Foto: Kay Nietfeld, dpa

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Thomas Mertens, hat angekündigt, seine Position zur Impfung von älteren Menschen mit dem AstraZeneca-Impfstoff zu überdenken.

Anders als die EU-Arzneimittelbehörde EMA verzichtete die Stiko daher darauf, die Vakzine für ältere Menschen zu empfehlen. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien hat aber ergeben, dass der Impfstoff wohl zu Unrecht einen schlechten Ruf hat: Die Daten zeigen nach einem Bericht der Bild, dass der Impfstoff gerade bei Älteren effektiver ist als der Impfstoff von Biontech. Denn er reduziere das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bereits nach der ersten Dosis um 90 Prozent.

In den USA wurde am Samstag einem weiteren Corona-Impfstoff die Notfallzulassung erteilt

In den 100 bayerischen Impfzentren wurden laut dem Gesundheitsminister bis zum Wochenende gut eine Million Menschen geimpft. Rund 30.000 Impfspritzen werden derzeit jeden Tag gesetzt, die Kapazität der Impfzentren läge allerdings bei 48.000 – „wenn genügend Impfstoff da wäre“, sagt Holetschek. Ab April sollen in Bayern 111.000 Menschen pro Tag geimpft werden.

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In den USA wurde am Samstag einem weiteren Corona-Impfstoff die Notfallzulassung erteilt: dem Impfstoff von Johnson & Johnson. Die EU-Kommission hat 200 Millionen Impfdosen bestellt. Der US-Konzern hat bereits Mitte Februar bei der EU-Arzneimittelbehörde die Zulassung beantragt, mit ihr wird Mitte März gerechnet. Holetschek bezeichnet den Johnson & Johnson-Impfstoff als ein Vakzin von „guter Qualität, das einen hohen Schutz gegen starke Krankheitsverläufe bietet“.

Außerdem hat er zwei Vorteile: Er ist leichter zu transportieren und es ist nur eine Impfung nötig. „Jeder zusätzliche Impfstoff hilft, das Impftempo zu beschleunigen und die Impfung in die Regelversorgung bei den Hausärzten zu integrieren“, sagt Holetschek. Erste Pilotprojekte dazu laufen. Erst wenn die Impfreihenfolge keine Rolle mehr spiele und daher nicht mehr dokumentiert werden müsse, könnten die Hausärzte übernehmen.

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