Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca ist besser als sein Ruf

31.03.2021

Die Verwirrung um den Impfstoff ist groß. Trotzdem wäre es jetzt falsch, das britisch-schwedische Vakzin ganz abzuschreiben.

Es braucht niemanden zu wundern, dass das Vertrauen in den Corona-Impfstoff von AstraZeneca auf einem neuen Tiefpunkt angelangt ist: Anfangs sollte er nicht bei Älteren angewendet werden, jetzt nur noch bei ihnen. Mal hieß es, er wirke nicht so gut wie die Stoffe der Konkurrenz, dann galt er als fast genauso effektiv. Die Anwendung: mal ganz ausgesetzt, dann wieder erlaubt, jetzt für Jüngere eingeschränkt. Die Verwirrung ist komplett, die Skepsis groß. Trotzdem wäre es jetzt falsch, das britisch-schwedische Vakzin jetzt ganz abzuschreiben.

AstraZeneca-Impfstoff: Für Personen über 65 Jahren fehlten zunächst Daten

Zunächst einmal lohnt sich ein nüchterner Blick darauf, wie es eigentlich zu diesem Kommunikationsdebakel mit all seinen Risiken und Nebenwirkungen für den Impferfolg kam. Anfangs war der AstraZeneca-Impfstoff in Deutschland nicht für Personen über 65 Jahren zugelassen. Der Grund war schlichtweg, dass entsprechende Daten noch fehlten. Als diese dann schließlich vorlagen und keine besonderen Risiken für Senioren zeigten, wurde die Altersbeschränkung aufgehoben. Nachdem Erkenntnisse über ein möglicherweise gehäuftes Auftreten von Sinusvenenthrombosen aufkamen, wurde die Impfung mit dem AstraZeneca in Deutschland ausgesetzt. Die europäische Arzneimittelbehörde aber stellte bei einer Überprüfung keine besonderen Risiken fest, so wurde der Impfstoff wieder freigegeben.

 

Es gibt gute Alternativen für diejenigen, für die AstraZeneca womöglich nicht ideal ist

Dann aber traten weitere Fälle von Blutgerinnseln auf, hauptsächlich bei Frauen bis zum Alter von etwa 60 Jahren. Erneut wurden die Empfehlungen angepasst. Das ist konsequent und richtig. Zumal sich die Frage, ob es besser ist, die Risiken schwerer oder tödlicher Nebenwirkungen bei einer Impfung mit AstraZeneca in Kauf zu nehmen, oder gar nicht zu impfen und damit der Bekämpfung der tödlichen Pandemie zu schaden, gar nicht stellt. Denn zum Glück gibt es nicht nur das AstraZeneca-Vakzin, sondern mit Biontech, Moderna und nun auch Johnson & Johnson drei weitere bereits in der EU zugelassene Impfstoffe. Zudem stehen Produkte anderer Entwickler und Hersteller unmittelbar vor der Zulassung. Für Personen, für die AstraZeneca womöglich nicht ideal ist, gibt es also gute Alternativen. Es ist damit zu rechnen, dass diese bald auch in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen.

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Die zunehmenden Erkenntnisse über mögliche Risiken bei den Impfstoffen in unterschiedlichen Personengruppen sagen aber auch noch etwas anderes aus. Das AstraZeneca-Präparat kann nämlich offenbar bei vergleichsweise geringem Risiko weiter einen wichtigen Beitrag zur Immunisierung in der zahlenmäßig besonders großen Altersgruppe der 60- bis 80-Jährigen leisten. Auch bei Männern unter 60 Jahren scheint das Risiko schwerer oder gar tödlicher Nebenwirkungen ebenfalls vertretbar zu sein. Hausärzte, die ihre Patienten gut kennen, können einen wichtigen Beitrag bei der Risikoanalyse leisten. Das gilt ebenfalls für Fragen der Zweitimpfung mit AstraZeneca.

Akzeptanz der Impfkampagne steht wegen AstraZeneca auf dem Spiel

Nach all dem Hickhack um die britisch-schwedische Entwicklung ist es nur zu verständlich, dass viele Menschen so große Vorbehalte haben, dass sie sich lieber einen anderen Impfstoff wünschen. Das sollte auch respektiert werden, sonst steht die Akzeptanz der Impfkampagne insgesamt auf dem Spiel. Bevor aber wertvoller Impfstoff liegen bleibt und verdirbt, sollten Personen, die nach geltender Reihenfolge noch gar nicht dran wären, die Möglichkeit erhalten, sich damit immunisieren zu lassen. Für viele Menschen böte sich so die ersehnte Chance, ihr persönliches Corona-Risiko schneller entscheidend zu senken. Mit einem Impfstoff, der am Ende vielleicht besser ist, als sein vor allem durch das Handeln von Hersteller, Politik und Behörden ramponierter Ruf.

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