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Corona: Die Corona-Krise als Nährboden für Antisemitismus

Corona

Die Corona-Krise als Nährboden für Antisemitismus

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    Relativierung der Shoa. Bei einer Demonstration gegen die staatlichen Einschränkungen durch die Pandemie-Maßnahmen trägt ein Teilnehmer eine Armbinde mit einem gelben Stern, der an einen Judenstern erinnern soll, mit der Aufschrift "ungeimpft".
    Relativierung der Shoa. Bei einer Demonstration gegen die staatlichen Einschränkungen durch die Pandemie-Maßnahmen trägt ein Teilnehmer eine Armbinde mit einem gelben Stern, der an einen Judenstern erinnern soll, mit der Aufschrift "ungeimpft". Foto: Christophe Gateau, dpa

    Immer wenn etwas schiefläuft, wenn die Gesellschaft in eine Krise schlittert, werden Schuldige gesucht. Das aber ist oft sehr kompliziert. Verlockend leicht ist es hingegen, sich an Verschwörungstheorien zu halten, die diffizile Zusammenhänge scheinbar klar und plausibel erklären. Dass solche Ersatzhandlungen zu Ausgrenzung, Hass und Hetze führen können, ist bekannt. Besonders gefährlich wird es, wenn die oft wirren und abstrusen Theorien auf judenfeindliche Mythen aufbauen. Die Untersuchung „Antisemitische Verschwörungsmythen in Zeiten der Corona-Pandemie: Das Beispiel QAnon”, die das American Jewish Committee am Montag in Berlin bei einer Pressekonferenz vorstellte, belegt, dass die

    Erarbeitet wurde die Studie vom Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias). Rias unterhält bundesweit regionale Meldestellen. Dort wurden im Zeitraum vom März 2020 bis März 2021 über 550 antisemitische Vorfälle in Zusammenhang mit der Pandemie registriert. Ein großer Anteil davon - rund 60 Prozent - ereignete sich auf Kundgebungen gegen Corona-Beschränkungen. Doch der Leiter und federführende Verfasser der Studie, Daniel Poensgen, berichtete, dass auch Jüdinnen und Juden in Alltagssituationen betroffen sind. Sein Beispiel: Eine jüdische Frau trifft im Supermarkt auf ein Ehepaar. Als der Mann bemerkt, dass die Frau eine Kette mit Davidstern trägt, sagt er zu seiner Ehefrau gewandt: "Die waren das mit dem Virus." Um die Welt gingen Bilder von Demonstranten, die bei Protesten gegen Corona-Einschränkungen einen „Judenstern“ mit der Aufschrift „ungeimpft“ trugen - eine Relativierung der Shoa..

    Fahnen mit dem Emblem der QAnon-Bewegung tauchen regelmäßig auf Demonstrationen von Gegnern der Corona-Einschränkungen auf.
    Fahnen mit dem Emblem der QAnon-Bewegung tauchen regelmäßig auf Demonstrationen von Gegnern der Corona-Einschränkungen auf. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Sorge bereitet Poensgen, dass die aggressiv QAnon-Bewegung, die seit Jahren in den USA bizarre und oft antisemitisch gefärbte Verschwörungsmythen verbreitet, in Deutschland immer mehr Anklang findet. Poensgen spricht von einem wahren Schub. So habe sich das Interesse auf einschlägigen Plattformen für QAnon-Theorien seit Beginn der Corona-Krise verfünffacht.

    Warnung vor der aktuellen Gefahrenlage

    Entsprechend dramatisch fiel die Einschätzung von Remko Leemhuis, Direktor des American Jewish Committee Berlin, zur aktuellen Gefährdungslage aus: „Wir können nur eindringlich davor warnen, dieses Protestgeschehen und seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu unterschätzen. Die Attentäter von Halle und Hanau, wie auch der Mörder von Walter Lübcke haben ebenfalls Verschwörungsmythen angehangen, wie sie seit Pandemie-Beginn auf den sogenannten Hygienedemonstrationen oder im virtuellen Raum von den Protagonistinnen und Protagonisten geäußert wurden.” Neu und besonders besorgniserregend ist für Leemhuis, dass ein nicht "unwesentlicher Teil" derjenigen, die solchen Verschwörungstheorien mit antisemitischer Färbung anhängen, aus der Mitte der Gesellschaft komme.

    Die Linken-Politikerin Petra Pau appellierte bei der Pressekonferenz an die "Zivilbevölkerung, nicht wegzuschauen". Die vorliegende Studie solle Teil der "Aus- und Weiterbildung" bei Polizei und Justiz werden. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser fügte hinzu, dass "jeder von uns dagegen aktiv werden und antisemitischen Erzählungen widersprechen muss, wo es nur geht”.

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