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Corona-Auflagen: 45 Polizisten bei Demonstrationen in Berlin verletzt

Corona-Auflagen

45 Polizisten bei Demonstrationen in Berlin verletzt

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    Dicht gedrängt und ohne die Abstandsregeln zu beachten standen Tausende bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni.
    Dicht gedrängt und ohne die Abstandsregeln zu beachten standen Tausende bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Etwa 20.000 Menschen haben sich am Samstag in Berlin zu einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen versammelt. Trotz steigender Infektionszahlen machten sie sich für ein Ende aller Auflagen stark. Die Polizei berichtete von bis zu 17.000 Teilnehmern beim Demonstrationszug und 20.000 bei einer anschließenden Kundgebung.

    Dicht gedrängt und ohne die Abstandsregeln zu beachten standen Tausende bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni.
    Dicht gedrängt und ohne die Abstandsregeln zu beachten standen Tausende bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Die Veranstalter hatten zunächst 500.000 Teilnehmer angekündigt und für die Demonstration 10.000 angemeldet. Am Samstagnachmittag wurde auf der Kundgebungsbühne erst von 800.000, dann von 1,3 Millionen Menschen gesprochen. Die Polizei bestätigte diese Zahlen jedoch nicht.

    Bereits während der Demonstration waren Hygienemaßnahmen nicht eingehalten worden. Die anschließende Kundgebung beendete die Polizei dann wegen zu wenig Abstands und fehlender Masken. Die Veranstalter seien nicht in der Lage gewesen, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, sagte ein Polizeisprecher.

    Verstoß gegen Infektionsschutz: 45  Polizisten bei Auflösung der Kundgebung verletzt

    Von der Bühne aus verkündete ein Polizist den Teilnehmern das Ende der Veranstaltung. Dabei wurde er mehrfach von lautem Buh-Geschrei unterbrochen. "Bitte gehen Sie nach Hause", forderte der Polizeisprecher die Teilnehmer auf. Nach anfänglichen Bitten wies ein Polizeisprecher darauf hin, dass die Demonstranten nun Ordnungswidrigkeiten begingen.

    Im weiteren Verlauf besetzte die Polizei die Veranstaltungsbühne. Mehrere Vertreter der Veranstalter wurden unter Protestrufen von Kundgebungsteilnehmern von der Bühne geholt. Als sich eine Person dagegen wehrte, gingen die Beamten mit Körpereinsatz vor.

    Viele Teilnehmer wanderten ab oder verteilten sich auf den Wiesen des angrenzenden Tiergartens. Etwa 3000 versammelten zwischenzeitlich sich vor dem nahen Reichstag. Vor der Bühne der Kundgebung hielt sich zunächst noch ein harter Kern der Teilnehmer, gegen den die Polizei in kleinen Gruppen von beiden Seiten vorging. Demonstranten wurden angesprochen, aber auch abgeführt oder weggetragen. 

    Im Zusammenhang mit Demonstrationen sind 45 Polizisten verletzt worden. Eine Zuordnung zu den einzelnen Demonstrationen sei aktuell nicht möglich, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Nach Angaben vom Samstag waren im Stadtteil Neukölln bei einer Demonstration gegen geplante Räumungen bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei Einsatzkräfte verletzt worden. Insgesamt waren nach Polizeiangaben 1100 Beamte bei den Demonstrationen am Samstag im Einsatz.

    Hygienemaßnahmen bei Demo in Berlin nicht eingehalten - Anzeige erstattet

    Während der Demo gingen Einsatzkräfte zunächst mit Lautsprecherdurchsagen oder Einzelansprachen vor. "Darüber hinaus werden Verstöße dokumentiert, sodass auch im Nachgang die Ahndung von Verstößen möglich ist", kündigte die Polizei an.

    Zudem gab es erste juristische Konsequenzen. "Aufgrund der Nichteinhaltung der Hygieneregeln wurde eine Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung gefertigt", twitterte die Polizei. Am Samstagnachmittag erklärten die Veranstalter die Demonstration daraufhin für beendet. Die unabhängig von der Demonstration anschließend angemeldete Kundgebung war davon zunächst nicht betroffen.

    Demonstration in Berlin gegen Corona-Maßnahmen: Wenige tragen Maske

    In dem Protestzug durch weite Teile von Berlin Mitte waren trotz Hinweisen von Polizei und Veranstaltern kaum Menschen mit Mund-Nasen-Schutz zu sehen, Demonstranten standen dicht gedrängt. Passanten mit entsprechendem Schutz wurde von den Demonstranten "Masken weg" entgegengerufen.

    An mehreren Stellen wurden Protestzug und Gegendemonstranten von Polizeieinheiten abgeschirmt, an einer Stelle demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen den Protestmarsch. Gegendemonstranten unter dem Motto "Omas gegen rechts" riefen dem Zug "Nazis raus" entgegen, der Spruch schallte als Echo zurück.

    "Tag der Freiheit": Demonstration in Berlin trägt Titel von NS-Propaganda-Film

    Bei den Demonstranten waren Ortsschilder und Fahnen verschiedener Bundesländer zu sehen. Ihrem Unmut über die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus machten die Menschen mit Trillerpfeifen und Rufen nach "Freiheit" oder "Widerstand" Luft.

    Unter dem Motto "Querdenken" demonstrieren am Samstag tausende Gegner der Corona-Maßnahmen in Berlin.
    Unter dem Motto "Querdenken" demonstrieren am Samstag tausende Gegner der Corona-Maßnahmen in Berlin. Foto: Paul Zinken, dpa

    Auch Parolen wie "Die größte Verschwörungstheorie ist die Corona-Pandemie" waren zu hören. Unter dem Motto "Free Hugs" - kostenlose Umarmungen - umarmten sich die Demonstranten, wie ein Twitter-Nutzer berichtete.

    Das Motto der Demonstration lautete "Das Ende der Pandemie - Tag der Freiheit". Den Titel "Tag der Freiheit" trägt auch ein Propagandafilm der Nazi-Ikone Leni Riefenstahl über den Parteitag der NSDAP 1935. In Stuttgart hat die Initiative "Querdenken 711" bereits wiederholt demonstriert.

    Deutsche Politiker üben scharfe Kritik an den Demonstranten

    Unverständnis für die Demo gab es von politischer Seite. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schrieb auf Twitter, eine solche Demonstration ohne Maske und ohne Abstand sei unverantwortlich. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn übte scharfe Kritik an dem Berliner Protestzug. "Ja, Demonstrationen müssen auch in Corona-Zeiten möglich sein. Aber nicht so", twitterte der CDU-Politiker.

    Auch Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte die Teilnehmer scharf. Die Demonstranten würden die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen und riskierten damit die Gesundheit anderer Menschen, sagte Müller in der rbb-Abendschau. Es gebe noch keinen Impfstoff und kein Medikament, man sei noch nicht über den Berg.

    Ähnlich sprach sich auch CSU-Chef Markus Söder angesichts der steigenden Zahl an Neuinfektionen gegen weitere Lockerungen aus. "Wir müssen damit rechnen, dass Corona mit voller Wucht wieder auf uns zukommt", sagte der bayerische Ministerpräsident der Bild am Sonntag. Gefragt sei absolute Wachsamkeit. "Das Virus bleibt eine Daueraufgabe, die uns permanent unter Stress setzt."

    Viele Menschen seien im Umgang mit dem Virus leider leichtsinniger geworden, sagte Söder. "Dazu gehören auch die extremen Lockerer und Verschwörungstheoretiker, die alle Maßnahmen schnellstens aufheben wollten."

    Sicherheitsbedenken: ZDF-Journalistin Dunja Hayali bricht Dreharbeiten ab

    Die ZDF-Journalistin Dunja Hayali hatte sogar ihre Dreharbeiten auf der Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Berlin wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen. In einem rund 37 Minuten langen Video, das Hayali auf Instagram postete, ist zu sehen, wie Demo-Teilnehmer ihr und ihrem Team am Samstag "Lügenpresse" und "Schämt euch" entgegenrufen.

    In dem Clip ist auch zu hören, wie ein Mann, der von Hayali als ein Mitarbeiter ihres Security-Teams angesprochen wird, den Drehabbruch empfiehlt. "Das sagt jetzt der Sicherheitsmann, wir sind ja nicht ohne Security hier: Abbruch des Drehs, zu gefährlich", erklärte die Journalistin.

    Immer wieder ist auch zu sehen, wie Hayali, die eine Maske trägt, mit einzelnen Teilnehmern der Veranstaltung über die Corona-Maßnahmen diskutiert. Am Ende des Videos berichtet Hayali selbst von Beleidigungen und Bedrohungen, ohne konkrete Beispiele zu nennen. "Es ist eine gefährliche Melange, die sich hier auf der Straße zusammenfindet", resümierte sie. Und ergänzte: "Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen als Presse." (dpa/AZ)

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