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CSU: Maut-Debatte: Seehofers "Verbal-Watschn" an seinen Minister

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Maut-Debatte: Seehofers "Verbal-Watschn" an seinen Minister

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    CSU-Chef Seehofer reagierte erbost auf ein Interview, in dem sich Joachim Herrmann zur Pkw-Maut äußerte.
    CSU-Chef Seehofer reagierte erbost auf ein Interview, in dem sich Joachim Herrmann zur Pkw-Maut äußerte. Foto: Tobias Hase

    In der CSU und bei Horst Seehofer gibt es ein paar Gesetzmäßigkeiten: Wenn der Parteichef demonstrativ sagt, dass ihm etwas wirklich überhaupt gar nichts ausmache, dann wissen seine Parteifreunde - es gilt Alarmstufe rot. Am Samstag war es wieder einmal soweit.

    Bayern Ministerpräsident wird gefragt, ob der Maut-Vorstoß seines Verkehrsministers ihn denn ärgere. Er entgegnet: "Der größte Ertrag des zunehmenden Lebensalters ist die Gelassenheit." Und: "Vor 20 Jahren, wenn Sie mich gefragt hätten, da wäre ich auch verärgert gewesen - aber heute nicht."

    Dobrindts Vorschlag zur Maut-Ausnahme bringt Seehofer auf die Palme

    Dabei - so berichten es CSU-Politiker - ärger sich Seehofer ganz massiv über ein Interview, das Joachim Herrmann der Welt am Sonntag gegeben hat.

    Darin schlägt der Ressortchef von Bayern vor, Grenzregionen auszunehmen von der geplanten Pkw-Maut für Ausländer, um den sogenannten "kleinen Grenzverkehr" nicht zu behindern. Hermann sagte, er werde seinen Parteifreund, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bitten, diesen Vorschlag "umgehend" zu prüfen.

    Seehofer und die Maut-Debatte: Nicht jeder muss seinen Senf dazugeben

    Mautkosten in Europa

    Autofahrer werden in vielen europäischen Ländern auf Autobahnen zur Kasse gebeten. Die Systeme sind unterschiedlich. Einige Beispiele:

    FRANKREICH: Die Autobahnen sind von einigen Ausnahmen abgesehen gebührenpflichtig. Der Tarif hängt von der gefahrenen Strecke ab. So fällt beispielsweise für die 465 Kilometer von Paris nach Lyon für Autos eine Maut von etwa 33 Euro an.

    ITALIEN: Fast alle Autobahnen sind mautpflichtig. Auch hier richtet sich der Preis nach der Entfernung. Die 450 Kilometer lange Strecke von Rom nach Bari kostet etwa 33 Euro.

    ÖSTERREICH: Eine Jahresvignette kostet für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen rund 83 Euro, zwei Monate schlagen mit etwa 25 Euro zu Buche, zehn Tage kosten 8,50 Euro.

    SCHWEIZ: Für die Jahresvignette für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen werden 33 Euro fällig.

    SLOWAKEI: Für zehn Tage kostet die Vignette für Autos 10 Euro, für einen Monat 14 und ein Jahr 50 Euro.

    SLOWENIEN: Eine Sieben-Tage-Vignette ist für 15 Euro erhältlich, für einen Monat kostet sie 30 und für ein Jahr 110 Euro.

    DEUTSCHLAND: Im März 2015 hat der Bundestag die Pkw-Maut für deutsche Autobahnen und Bundesstraßen beschlossen. Ausländer können entweder eine Zehn-Tages-Vignette oder eine Zwei-Monats-Vignette erwerben. Die Preise liegen - je nach Gültigkeitsdauer und Motorgröße sowie Schadstoffausstoß - zwischen fünf und 30 Euro. Für in Deutschland registrierte Fahrzeuge wird ein jährlicher Betrag erhoben, der sich auf maximal 130 Euro beläuft.

    Dass Seehofer sich darüber schwarz ärgert, zeigt auch die ungewöhnliche Härte des Rüffels, mit der er Herrmann in die Schranken weist. Während Dobrindt am Gesetzesentwurf feile, sei es überhaupt nicht von Nöten, dass jemand in Interviews "seinen Senf dazugibt", wettert Seehofer.

    Seine Idee habe Herrmann auch nicht mit ihm abgesprochen. Deshalb betont der Chef der CSU: "Die Linie der CSU und ihres Vorsitzenden ist ebenso klar wie die Linie der Kanzlerin - und ich könnte mir vorstellen, dass das maßgeblich ist." Ende der Durchsage.

    Schlagzeilen über Maut-Diskussionen kommen Seehofer denkbar ungelegen

    Dass Herrmann von Seehofer derartig abgewatscht wird, ist in den vergangenen Jahren auch nach Erinnerung anderer führender CSU-Vertreter noch nie vorgekommen. Schließlich macht der Innenminister, der im Freistaat auch für die Verkehrspolitik zuständig ist, ansonsten ruhig und souverän seine Arbeit - was der Ministerpräsident sehr zu schätzen weiss.

    Dass dieses vermeintlich harmlose Interview Seehofer nun derart aus der Haut fahren lässt, könnte zweierlei Gründe haben. Zum einen kommen Schlagzeilen wie "Maut-Chaos", "Maut-Zoff in der CSU" oder "Maut-Theater" dem Parteichef an diesem Wochenende noch ungelegener als sonst. Schließlich hatte sich sein Kabinett am Tegernsee zu einer zweitägigen Haushaltsklausur getroffen und dort den Etat für 2015/16 festgezurrt - und dieser kann sich sehen lassen angesichts kräftiger Investitionen und Schuldenrückzahlung.

    Auf der abschließenden Pressekonferenz am Samstag jubiliert Seehofer: "Das ist der beste Haushalt, den der Freistaat Bayern jemals hatte." Dann aber kommt die Frage nach der Maut. Und plötzlich werden die schönen Schlagzeilen über den bayerischen Vorzeige-Etat überschattet von den internen Querelen um die Maut.

    Zum anderen kommt es Seehofer wohl grundsätzlich mehr als ungelegen, wenn die umstrittenen Pläne fpr die Pkw-Maut nicht mehr nur von den Koalitionspartnern in Berlin zerredet werden, sondern sich jetzt ausgerechnet ein führender CSU-Mann wie Hermann sich auf solche Weise in die Debatte einschaltet. "Das wird jetzt noch ein paar Wochen so weitergehen, dass verschiedene Persönlichkeiten sich äußern", ist Seehofers lakonisches Statement.

    Herrmann rudert zurück - aber nur ein kleines Stück

    Nach Seehofers Rüffel bemüht sich Herrmann sehr schnell um Schadensbegrenzung, wobei er seinen Vorstoß gleichzeitig verteidigt. Er habe lediglich vorgeschlagen, eine Prüfung von Maut-Ausnahmen vorzunehmen, "nicht mehr und nicht weniger", erklärt er.

    Das bedeute nicht, dass er Zweifel habe an Dobrindts Konzept. "Im Gegenteil: In der EU war und ist es in vielerlei Hinsicht üblich, Sonderregeln für kleine Grenzverkehre festzulegen und für die Grenzbewohner eine Reihe von Erleichterungen zuzulassen. Das sollten wir einfach einmal überprüfen."

    Da hat Dobrindt allerdingt bereits mitteilen lassen, dass er für Ausnahmen von der Pkw-Maut in Grenzregionen keinen Grund sieht. Herrmann ist damit ausgebremst. Seehofers Ärger aber wohl noch nicht. dpa

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