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CSU-Landesgruppenchef: Alexander Dobrindt: Nervensäge oder großer Stratege?

CSU-Landesgruppenchef

Alexander Dobrindt: Nervensäge oder großer Stratege?

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    Alexander Dobrindt gibt als CSU-Landesgruppenchef den Lautsprecher seiner Partei.
    Alexander Dobrindt gibt als CSU-Landesgruppenchef den Lautsprecher seiner Partei. Foto: Imago

    Alexander Dobrindt geht nicht nur dem politischen Gegner auf die Nerven, sondern bisweilen sogar den eigenen Leuten. Egal, ob er mit den Grünen und der FDP über Jamaika verhandelt oder mit der SPD über eine Große Koalition: Immer wieder reizt der CSU-Politiker seine Kontrahenten bis aufs Blut – manchmal hinter verschlossenen Türen, manchmal vor laufenden Kameras. Nur was bezweckt der 47-Jährige mit diesem rabiaten Stil? Provoziert er absichtlich ein Scheitern der Koalitionsgespräche? Bastelt er an der eigenen Karriere?

    Zumindest eines hat er erreicht, seit er im Herbst CSU-Landesgruppenchef wurde: Man spricht über ihn – zwar eher selten positiv, aber immerhin. Mit seinen gezielten Attacken macht er sich ganz bewusst selbst zur Zielscheibe. Dass SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles ihn in ihrer wütenden Parteitagsrede namentlich erwähnt („der blöde Dobrindt“), zeigt, dass er auf dem richtigen Weg ist – zumindest aus seiner eigenen Sicht.

    Der Oberbayer kämpft gegen alles, was links ist

    Der Oberbayer gefällt sich in der Rolle als Lieblingsfeind von Grünen und Sozis. Zum Jahresauftakt sagt er ihnen den Kampf an und inszeniert sich als Anwalt der schweigenden bürgerlichen Mehrheit. Nun ist es objektiv gesehen zwar Unsinn, dass diese Mehrheit „im linken Meinungsmainstream nicht vorkommt“, wie Dobrindt behauptet. Schließlich betonen die politischen Phrasendreschmaschinen fast aller Lager doch seit Jahren, dass man die besorgten Bürger und enttäuschten Konservativen ernst nehmen muss. Und die bestimmenden Themen im Bundestagswahlkampf waren mit der Flüchtlingsfrage und der inneren Sicherheit durch und durch konservative. Trotzdem trifft der CSU-Mann mit der von ihm ausgerufenen bürgerlichen Revolution einen Nerv, indem er ein subjektives Gefühl aufgreift. Ein Unbehagen, das schwer zu erklären und noch schwerer aufzulösen ist. Er stößt in ein Vakuum, das Merkels in die linke Mitte drängende CDU eröffnet hat und Seehofers Zick-Zack-CSU nicht mehr glaubwürdig schließen konnte. Rechts von der Union ist plötzlich Platz und dort macht sich jetzt Alexander Dobrindt breit.

    Markus Söder hat bewiesen: Man muss nicht unbedingt beliebt sein

    Zwei, die sich trotz allem mögen: Alexander Dobrindt mit SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles
    Zwei, die sich trotz allem mögen: Alexander Dobrindt mit SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles Foto: Odd Andersen, afp

    Das ist durchaus clever: Sein innerparteilicher Rivale Markus Söder fühlt sich als künftiger Landesvater zur verbalen Abrüstung verpflichtet. Und der Noch-Parteichef wird über kurz oder lang noch eine größere Lücke eröffnen. Sollte Horst Seehofer doch nicht als Minister nach Berlin gehen oder eines Tages abtreten, will Dobrindt bereit sein. Bereit für den großen Sprung an die Parteispitze. Bis dahin gibt der Stratege eben den Krawallmacher, der alles piesackt, was links ist.

    Aus seiner Zeit als CSU-Generalsekretär beherrscht er die Kunst der Provokation und wenn ihm seine Scharmützel Spott einbringen, dann ist es eben so. „Wer beliebt sein will, soll Schlagersänger werden“, sagt Dobrindt. Immerhin hat sein Rivale Söder doch gerade vorgemacht, dass man es auch ganz nach oben schaffen kann, wenn die Leute einen nicht mögen.

    Trotz aller Sticheleien ist er mit Andrea Nahles befreundet

    Für die Verhandlungen über die Große Koalition wird der Anti-68er Dobrindt allerdings zum Risiko. In den kommenden Wochen wird er wieder als Nervensäge und wandelnde rote Linie die Gespräche zwischen Union und SPD verkomplizieren, um möglichst viel für die CSU herauszuholen. Man wird ihm wieder unterstellen, dass er gar kein Interesse an einem Erfolg hat und er wird wieder das Gegenteil behaupten. Dobrindt bewegt sich auf dünnem Eis. Aber selbst wenn die Verhandlungen platzen, könnte er sich ans sichere Ufer retten. Denn er sieht sich ohnehin als ein Mann für die Post-Merkel-Schulz-Seehofer-Ära. Das hat er übrigens mit Andrea Nahles gemeinsam. Vielleicht ist das einer der Gründe dafür, dass die beiden trotz aller Sticheleien befreundet sind. Den „blöden Dobrindt“ will er jedenfalls, wie er gestern betonte, nicht „auf die Goldwaage legen.“

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