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Kommentar: CDU-Parteitag: Große Konfusion statt klarer Kante

Kommentar

CDU-Parteitag: Große Konfusion statt klarer Kante

Stefan Lange
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    CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei einer Veranstaltung Ende September in Kassel.
    CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei einer Veranstaltung Ende September in Kassel. Foto: Swen Pförtner/dpa

    Machtbewusste Politiker achten darauf, dass neben ihnen und ihrer Partei kein Vakuum entsteht. Sie wissen, dass sofort jemand in dieses Vakuum vorstößt. Richtig machen es beispielsweise Markus Söder und Alexander Dobrindt. Der CSU-Vorsitzende und der CSU-Landesgruppenchef beobachten sorgfältig, was um sie herum geschieht, und reagieren sofort. Besonders Söder hat deshalb gerade einen Lauf, der ihn am Ende womöglich bis ins Kanzleramt tragen könnte. Auf ihre Art hat es auch Angela Merkel richtig gemacht, die trotz vieler Kritik 18 Jahre lang CDU-Vorsitzende war und dann selbstbestimmt abtrat.

    AKK hat bisher nicht alle offenen Fragen beantworten können

    Falsch macht es Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Parteichefin weiß zwar, dass sie nach ihrem knappen Sieg vor einem Jahr auf dem Parteitag in Hamburg im Visier derer steht, die lieber ihren Herausforderer Friedrich Merz als neuen Parteichef gesehen hätten. Sie ahnt die Gefahr. Bis zum Parteitag am Wochenende in Leipzig hat es die Saarländerin aber nicht geschafft, offene Fragen so zu beantworten, dass keine Leere neben ihr bleibt, die andere ausfüllen können. Während der zweitägigen Veranstaltung ging Kramp-Karrenbauer beispielsweise auf das Flüchtlingsthema nicht ein. In den Köpfen vieler Delegierter steht es aber an erster Stelle, sie hätten sich klärende Worte der Parteichefin gewünscht. Kramp-Karrenbauer beließ es beim Vakuum, in das nun die Wertkonservativen und Merz-Unterstützer weiter vorstoßen können.

    Kramp-Karrenbauers mangelnder Machtinstinkt schwächt die Große Koalition. Statt auf dem Parteitag selbstbewusst zu zeigen, dass beim größten der Regierungspartner alles im Lot ist, eierte die Vorsitzende herum. Wie sie es hätte machen müssen, zeigte am Samstag Markus Söder, der mit einer fulminant kämpferischen Rede das Selbstbewusstsein der CSU demonstrierte und den Gegnern klarmachte, dass gegen die Christsozialen in Bayern gerade nichts geht.

    Im Lager der SPD hatten Olaf Scholz und Klara Geywitz sehnsüchtig auf ein starkes Signal aus Leipzig gehofft. Beide wollen bekanntlich die neue Doppelspitze der Partei werden und stehen für eine Fortsetzung der Großen Koalition ein, über die bald ein SPD-Parteitag abstimmt. Auf diesem Kurs hätte eine selbstbewusste CDU mit einer starken Vorsitzenden Rückenwind gegeben. Scholz und Geywitz hätten argumentieren können: Seht her, es lohnt sich doch, mit denen weiterzumachen. Dieses Argument haben sie nun nicht. Denn, um es mit Markus Söder zu sagen: Niemand lädt gerne jemanden zu sich nach Hause ein, der ständig nur schlecht drauf ist.

    Die SPD kämpft bis heute mit dem von Nahles hinterlassenem Machtvakuum

    Scholz und Geywitz selbst haben es während der SPD-Kandidatenkür der letzten zwei Monate nicht vermocht, das von der ehemaligen Parteichefin Andrea Nahles hinterlassene Machtvakuum zu schließen. Bei der ersten Abstimmung lagen sie nur knapp vorn, ob sie die Stichwahl gewinnen, ist fraglich. Und selbst wenn: Die Doppelspitze scheint wenig geeignet, der SPD Luft nach oben zu verschaffen. Denn Scholz müsste sich in Regierungsfragen ständig mit seiner Co-Vorsitzenden abstimmen. Das lähmt.

    Die Beteiligung bei der letzten Mitgliederbefragung der SPD zur Doppelspitze war schlecht. Nach der mauen Performance der CDU an diesem Wochenende bleibt zu hoffen, dass die Sozialdemokraten sich nun wenigstens bis zu ihrem Parteitag vom 6. bis 8. Dezember zusammenreißen, sich sortieren und stark auftreten. Das Vakuum rund um die Große Koalition wird sonst immer größer und droht, Union und SPD in sich aufzusaugen. Was dann passiert, ist klar. Grüne und vor allem die AfD warten schon, um ihre Wähler für sich zu gewinnen.

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