Unionsfraktionschef Volker Kauder muss sich erstmals seit seiner ersten Wahl 2005 einer Kampfkandidatur stellen - gegen seinen Stellvertreter Ralph Brinkhaus (beide CDU). In der Sitzung der Unionsfraktion am Montag begründete Brinkhaus seine Kandidatur nach Angaben von Teilnehmerkreisen unter anderem mit dem Wunsch nach einer aktiveren Rolle der CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten gegenüber der Regierung. Zudem wolle er sich für mehr Teamgeist einsetzen - es sei ihm wichtig, "das Wir" der Fraktion zu stärken.
Dem Westfalen Brinkhaus werden bei der Wahl am 25. September allgemein nur Außenseiterchancen eingeräumt. Von erfahrenen Abgeordneten heißt es, er könne womöglich mit 30 Prozent der Stimmen rechnen. Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel hat ihrem Vertrauten Kauder bereits wie CSU-Chef Horst Seehofer und der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt Unterstützung zugesichert.
Kauder muss sich zum ersten Mal einem Gegenkandidaten stellen
Brinkhaus sagte den Kreisen zufolge in einer etwa 15-minütigen Rede, seine Kandidatur richte sich nicht gegen Merkel. Als Motiv nannte er Unzufriedenheit in der Anhängerschaft, die er im Sommer im Wahlkreis erlebt habe. Er habe die Menschen nicht mehr erreichen können. Daher sei er zu dem Schluss gekommen, dass die Fraktion ihre Art zu arbeiten verändern müsse. Die Union müsse raus aus der Defensive, Partei, Regierung und Fraktion müssten sich mehr als bisher die Bälle zuwerfen. Die Fraktion solle dabei häufiger den ersten Aufschlag machen und Themen frühzeitiger als bisher aufgreifen. Brinkhaus erhielt für seine Rede nach Teilnehmerangaben anerkennenden Beifall.
Kauder bekräftigte seinen Willen, erneut für den Fraktionsvorsitz anzutreten. Es ist das erste Mal, dass er sich einem Gegenkandidaten stellen muss. Kauder sagte, er wolle die nächsten Jahre gemeinsam mit der Fraktion gestalten. Es komme entscheidend auf die Union an, wenn es darum gehe, die Arbeit der Koalition mit Augenmaß zu prägen. Dies gelte insbesondere für den Erhalt der wirtschaftlichen Leistungskraft des Landes. Kauder erhielt demnach freundlichen Beifall für seine Rede.
Die CDU-Spitze hatte Merkel zuvor einhellig Rückendeckung dafür gegeben, Kauder in der Kampfkandidatur zu unterstützen. Merkel habe für ihren Vorschlag einmütigen Applaus erhalten. Für Brinkhaus habe sich keine Stimme erhoben, hieß es am Rande der Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte im Anschluss an die Sitzungen, es sei ein "Ausdruck von demokratischer Normalität, dass es auch Kandidaturen von mehreren Personen um eine Position gibt". (dpa)