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CDU-Chef: Corona-Politik: Wird Armin Laschet jetzt der Anti-Söder?

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Corona-Politik: Wird Armin Laschet jetzt der Anti-Söder?

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    Zum Politischen Aschermittwoch der CSU ließ sich Armin Laschet zuschalten und hielt eine launige Rede. Das Verhältnis des CDU-Chefs und NRW-Ministerpräsidenten zu seinem bayerischen Kollegen Markus Söder ist kompliziert.
    Zum Politischen Aschermittwoch der CSU ließ sich Armin Laschet zuschalten und hielt eine launige Rede. Das Verhältnis des CDU-Chefs und NRW-Ministerpräsidenten zu seinem bayerischen Kollegen Markus Söder ist kompliziert. Foto: Federico Gambarini, Getty Images

    Helmut Kohl hat die CDU per Telefon regiert. In einem kleinen Notizbüchlein sammelte er akribisch Nummern – vom Bundesminister bis zum Ortsvorsitzenden in der Provinz. Abends oder am Wochenende telefonierte er sich quer durch die Republik. Das wurde sein wichtigstes Instrument, um den Laden zusammenzuhalten – Kohl blieb ein Vierteljahrhundert lang CDU-Chef. Armin Laschet hat den Job erst seit ein paar Wochen, doch die Methode Kohl beherrscht er schon. Er kann gut zuhören und hat sich auch als Ministerpräsident ein Gespür für die Stimmung an der Basis erhalten. Weil es dort immer stärker wegen der Corona-Politik brodelt, ist Laschet nun überraschend in die Offensive gegangen.

    Armin Laschet geht auf Distanz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel

    Man könne nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass das Leben wieder stattfindet, warnte der CDU-Vorsitzende – und setzte sich damit an die Spitze derer, die schon seit Wochen eine Rückkehr zur Normalität verlangen. Was steckt hinter dieser Aussage, die durchaus als Konfrontation mit der Corona-Strategie der Bundeskanzlerin verstanden werden kann? Klar ist: Der Zeitpunkt für die Positionierung ist kein Zufall.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich für Armin Laschet als neuen CDU-Vorsitzenden ausgesprochen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich für Armin Laschet als neuen CDU-Vorsitzenden ausgesprochen. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Mit den sinkenden Infektionszahlen sinkt auch die Zustimmung zu den strengen Einschränkungen des öffentlichen Lebens im Kampf gegen die Pandemie. Politiker, die hier eine besonders harte Linie verfolgen, verlieren momentan an Popularität in der Bevölkerung. Das bekommt neben Angela Merkel auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zu spüren, der Laschet als Einziger die Kanzlerkandidatur der Union noch streitig machen könnte. Inszeniert sich der neue CDU-Chef also ganz bewusst als Gegenentwurf zu Söder und Merkel, um die Corona-Müdigkeit vieler Bürger, die Ängste und die Wut in Wählerstimmen umzumünzen? Das spielt sicherlich eine Rolle, ist aber nicht sein einziges Motiv.

    Inzidenzwert 35 statt "No Covid": Laschet will am bisherigen Ziel festhalten

    Für den 59-Jährigen geht es auch darum, sein eigenes Profil zu schärfen. In den Augen der meisten Deutschen steht er für ein „Weiter so“ nach der langen Ära Merkel. Nicht allen gefällt das, auch in der CDU nicht. Insofern kann ein bisschen Emanzipation von der ewigen Kanzlerin ganz guttun. Merkel und Söder würden die Corona-Zahlen gerne gegen null drücken, bevor sie das Land wieder hochfahren. Auf diese sogenannte No-Covid-Strategie bezog sich Laschet, als er von der Erfindung immer neuer Grenzwerte sprach. Er selbst will lieber am vereinbarten Ziel eines Inzidenzwertes unter 35 als Voraussetzung für grundsätzliche Lockerungen festhalten.

    Damit spricht er vor allem Unternehmern und Selbstständigen aus der Seele, deren Geschäft seit Monaten lahmgelegt ist und die dringend eine Öffnungsperspektive erwarten. Es ist zudem ein Signal an den enttäuschten Wirtschaftsflügel der CDU, dessen Galionsfigur Friedrich Merz es auch im zweiten Anlauf nicht an die Parteispitze geschafft hat. Wenn er schon die Ich-AG Merz nicht einbinden kann, will Laschet wenigstens dessen Anhängern ein Angebot machen und beweisen, dass er ein offenes Ohr für die Wirtschaft hat.

    Der CDU-Chef hofft auf weniger Corona-Infektionen im Frühling

    Ein weiteres Kalkül hängt mit dem Wetter zusammen. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen setzt darauf, dass die Ansteckungszahlen im Frühling – wie schon im vergangenen Jahr – zurückgehen, wenn sich die Menschen vermehrt im Freien bewegen. Statt der Angst, die den Winter dominiert hat, wird dann die Sehnsucht nach Freiheit die öffentliche Debatte bestimmen. Da kann es ein Vorteil sein, sich frühzeitig für Lockerungen ausgesprochen zu haben.

    Trotzdem wäre es ungerecht, Laschet ausschließlich taktische Motive zu unterstellen. Zur Wahrheit gehört auch, dass der Rheinländer ein empathischer Mensch ist, der spürt, dass viele Bürger nach dem monatelangen Lockdown am Ende ihrer Kräfte sind. Dass sie ein Signal brauchen, wie es weitergehen könnte. Ist es schon populistisch, ein solches Signal zu setzen? Die SPD wirft Laschet genau das vor und unterstellt dem CDU-Vorsitzenden einen Schlingerkurs in der Corona-Politik.

    Das gehört in die Kategorie Wahlkampf-Vorgeplänkel, es trifft aber auch einen wunden Punkt. Laschets Kommunikation in dieser Krise war nicht immer glücklich. Auch im aktuellen Fall musste er eiligst hinterher klarstellen, dass er nicht die Zahl 35 mit den „erfundenen Grenzwerten“ gemeint hatte. Als Kanzlerkandidat könnten ihm solche Ungeschicklichkeiten auf die Füße fallen. Und es ist nicht das einzige Risiko, das er eingeht.

    Markus Söder wartet entspannt, ob Laschet damit durchkommt

    Viele potenzielle CDU-Wähler halten Laschet ja gerade deshalb für den Richtigen, weil er für den Kurs der Kanzlerin steht. Er bewegt sich also auf dünnem Eis, wenn er Merkels Bundesregierung unterstellt, sie behandle die Bürger wie „unmündige Kinder“ und würde am liebsten alles verbieten. Am Rande dieses dünnen Eises steht übrigens Markus Söder – und wartet entspannt ab, ob der Kollege aus Nordrhein-Westfalen einbricht.

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder setzte beim  Politischen Aschermittwoch eine kleine Spitze gegen Laschet.
    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder setzte beim Politischen Aschermittwoch eine kleine Spitze gegen Laschet. Foto: Peter Kneffel, dpa

    In seiner Rede zum Politischen Aschermittwoch aus dem Wohnzimmer der CSU in Passau konnte sich der Bayer einen kleinen Seitenhieb schon mal nicht verkneifen. Zu den Aussichten des Kanzlerkandidaten der Union im September sagte Söder: „Merkel-Stimmen gibt es nur mit Merkel-Politik – und nicht dagegen.“ Noch vor ein paar Monaten hätte Laschet eine solche Aussage durchaus verunsichern können. Doch der Wind scheint sich zu drehen. Ob der CDU-Chef sein Segel in die richtige Richtung hält?

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