Es wird ernst für Silvio Berlusconi: ln dem Verfahren um Sex mit minderjährigen Prostitution und um Amtsmissbrauch wird für den Montagnachmittag ein Urteil erwartet. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft und ein Verbot öffentlicher Ämter für den 76-jährigen Berlusconi gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch.
Die Anklage hält "systematische Prostitution" bei den angeblich wilden "Bunga-Bunga"-Nächten in Berlusconis Villa Arcore bei Mailand für erwiesen. Berlusconi selbst bezeichnet sich als unschuldig und beschreibt die Feste als harmlos. Dem 76-Jährigen wird zudem zur Last gelegt, 2010 sein Amt als Regierungschef missbraucht zu haben, um bei der Polizei die Freilassung der wegen Diebstahls festgenommenen Ruby zu erwirken.
Ruby Rubacuore: Kein Sex mit Berlusconi
Die junge Marokkanerin "Ruby" steht im Zentrum der angeblichen "Bunga-Bunga"-Feste. Sie hatte sich in einem Nebenprozess nicht mehr so gut an alles erinnern können. Sie konnte nicht sagen, ob sie im März 2010 - damals noch minderjährig - allein oder mit anderen jungen Frauen in Berlusconis Villa übernachtet hatte. Jedenfalls will sie keinen Sex mit ihm gehabt und von ihm auch keine Millionen erhalten haben.
Körperlichen "Kontakt" zwischen dem Milliardär und den jungen Tänzerinnen habe sie nie beobachtet, versicherte al-Mahrough. Auch sie selbst habe nie mit Berlusconi Sex gehabt: "Ich habe mich stets geweigert, mich zu prostituieren." "Ruby" alias Karima El Mahroug gab an, früher geprahlt und "Dummheiten" gesagt zu haben. Auch Berlusconi bestritt den Sex.
Silvio Berlusconi: Ruby sagt im "Bunga-Bunga"-Prozess aus
Konfrontiert mit Widersprüchen zwischen ihrer Aussage vor Gericht und bei ihrer Vernehmung durch die Vermittler vor drei Jahren sagte al-Mahrough, sie rede häufig dummes Zeug und könne sich an einzelne Aussagen nicht erinnern. Ihre in einem abgehörten Telefongespräch gemachte Äußerung, sie habe fünf Millionen Euro von Berlusconi erhalten, sei nur Prahlerei gewesen, ebenso wie die Notiz "4,5 Millionen von B." in einem Notizheft.
Berlusconi selbst hatte die Feste als "normale Dinnerpartys" bezeichnet, nach denen es "Burlesque-Wettbewerbe" gegeben habe. Ruby zufolge war dabei häufig auch Berlusconis frühere Zahnpflegerin Minetti zugegen, die mindestens einmal als Nonne verkleidet für den Politiker gestrippt habe.
Die Tänzerin berichtete vor Gericht, sie sei bei "sinnlichen" Abenden in einer Diskothek in Berlusconis Villa dabei gewesen. Dort hätten bis zu 20 Frauen für den damaligen Ministerpräsidenten gestrippt.
"Ruby" gab sich als Nichte Husni Mubaraks aus
Berlusconi, damals Regierungschef, hatte ausgesagt, er habe sie für eine Verwandte des damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak gehalten. Er habe ihr nachts aus Schwierigkeiten mit der Polizei helfen wollen, um so diplomatische Verwicklungen mit Kairo zu vermeiden. Diese Version klingt nicht gerade nach dem "Bunga-Bunga"-Berlusconi, wie man ihn kennt. (AZ/dpa/afp)