Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Bundesweite Herzwochen: Gefährlicher Bluthochdruck: Strategien gegen den „leisen Killer“

Bundesweite Herzwochen

Gefährlicher Bluthochdruck: Strategien gegen den „leisen Killer“

    • |
    Früher musste Bluthochdruck fast schicksalshaft hingenommen werden
    Früher musste Bluthochdruck fast schicksalshaft hingenommen werden Foto: dpa

    Früher, so Professor Wolfgang von Scheidt, mussten hohe Blutdruckwerte fast schicksalhaft hingenommen werden. Der frühere US-Präsident Franklin D. Roosevelt etwa habe unter extremem Bluthochdruck gelitten, doch Medikamente dagegen habe es damals kaum gegeben, und so sei Roosevelt an einer Hirnblutung gestorben. Heute leidet eine Vielzahl der Deutschen ebenfalls unter Bluthochdruck, es gibt wirksame Mittel dagegen – doch nur die Hälfte der Betroffenen wird behandelt und von diesen wiederum auch nur die Hälfte adäquat eingestellt. Das berichtete der Chefarzt der I. Medizinischen Klinik am Augsburger Klinikum jetzt bei einer Informationstagung des Herzzentrums Augsburg-Schwaben im Rahmen der bundesweiten „Herzwochen“, veranstaltet von der Deutschen Herzstiftung, die heuer das Thema Bluthochdruck aufgegriffen haben.

    Große Auswahl an Medikamenten

    „Viele sagen: Aber mir geht´s doch gut“, so von Scheidt, mit Tabletten dagegen fühlten sie sich schlapp und schlecht. Oft gebe es auch einen Widerwillen gegen die Medikamenteneinnahme, gegen die „Chemie“, doch sollte die Therapie als „Lebensversicherung“ angesehen werden. Ohne Medikamente werde es kaum gehen – Arzneien und nichtmedikamentöse Maßnahmen gehörten in der Bluthochdruckbehandlung zusammen. Je höher das individuelle Risiko (aufgrund von Begleitkrankheiten wie Diabetes), desto wichtiger sei die Einnahme von Medikamenten. Es gebe heute eine Fülle von Blutdruckmitteln, die im Körper an unterschiedlichen Stellen ansetzen. Durchschnittlich zwei bis vier verschiedene Mittel seien nötig, um den anvisierten Zielblutdruck zu erreichen.

    Bluthochdruck ist nicht nur Hauptrisikofaktor für den Schlaganfall, er führt auch zu einer Verdickung des Herzmuskels: „Das Herz wird größer und schwerer, aber nicht leistungsfähiger“, so Privatdozent Dr. Thomas Pusl, Oberarzt an der I. Medizinischen Klinik. Es werde im Gegenteil schwächer, eine chronische Herzschwäche könne sich entwickeln. Auch das Herzinfarkt-Risiko werde durch Bluthochdruck erhöht. Bluthochdruck sei ein „leiser Killer“ und führe oft unbemerkt zu schweren Komplikationen am Herz-Kreislauf-System. Er lasse die Lebenserwartung sinken.

    Zu den blutdrucksenkenden Allgemeinmaßnahmen gehöre eine Gewichtsnormalisierung: Ein Gewichtsverlust von zehn Kilogramm senke den Blutdruck um etwa 10 mm Hg, sagte von Scheidt. Ebenfalls wichtig seien eine Beschränkung der Kochsalzaufnahme, Streßreduzierung sowie regelmäßige Bewegung. Alkohol sei nicht gänzlich verboten, solle aber nur in Maßen konsumiert werden: „Ein Glas Wein am Abend ist blutdruckneutral“, erklärte der Chefarzt.

    Bluthochdruck nur selten nicht einstellbar

    Ob es Menschen gebe, die trotz aller modernen Medikamente und der genannten Allgemeinmaßnahmen nicht einstellbar sind? „Ja, aber relativ selten“, so von Scheidt. Erst, wenn auch eventuelle Hintergrundprobleme wie endokrine Erkrankungen, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom oder eine Nierenarterienstenose (Verengung der Nierenarterie) berücksichtigt und behandelt seien und sich der Blutdruck immer noch nicht auf die gewünschten Werte senken lasse, könne man von einem „nicht einstellbaren Bluthochdruck“ sprechen.

    Für solche Patienten – die etwa fünf Prozent aller Bluthochdruck-patienten ausmachen – gebe es jetzt ein neues, potentes, minimal-invasives Verfahren, um den Blutdruck mit gutem Erfolg langfristig zu senken: die sogenannte „renale Sympathikus-Denervation“, erklärte dazu Dr. Sinan Pehlivanli von der I. Medizinischen Klinik. Dabei werden Nervenfasern des sympathischen Nervensystems in der Wand der Nierenarterien, die für die Entwicklung eines Bluthochdrucks von zentraler Bedeutung sind, mithilfe von Strom verödet („Radiofrequenzablation“).

    Neue Methode ist „sicher und komplikationsarm“

    Von der Leistenarterie aus wird hierzu ein Katheter bis in die Nierenarterien vorgeschoben und die Gefäßwand an mehreren Punkten auf 50 bis 70 Grad Celsius erhitzt, so Pehlivanli. Die Aktivität der Nervenfasern werde so um etwa 50 Prozent reduziert. Die Methode könne „sicher und komplikationsarm“ zu einer deutlichen und anhaltenden Blutdrucksenkung führen. Seit Oktober ist sie, wie es hieß, am Augsburger Klinikum verfügbar.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden