Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Bundestagswahl: Warum die Grünen im Saarland schon verloren haben

Bundestagswahl

Warum die Grünen im Saarland schon verloren haben

    • |
    Chaos an der Basis: Die Saar-Grünen bleiben bei der Bundestagswahl außen vor.
    Chaos an der Basis: Die Saar-Grünen bleiben bei der Bundestagswahl außen vor. Foto: Oliver Dietze, dpa

    Die Geschichte des grünen Pannen-Wahlkampfes ist um eine skurrile Episode reicher: Nach der verkorksten Aufstellung ihrer Landesliste für die Bundestagswahl kann im Saarland am 26. September niemand mit der Zweitstimme für die Grünen stimmen. Eine entsprechende Entscheidung der Landeswahlleiterin hat der Bundeswahlausschuss am Donnerstag bestätigt. Sehenden Auges, rügte Bundeswahlleiter Georg Thiel, habe sich die Partei in diese Situation hinein manövriert. Wer die Delegierten eines kompletten Ortsverbandes nicht zur

    Angeblich nicht stimmberechtigte Delegierte, dutzende von ausgeschlossenen Delegierten und mittendrin das grüne Frauenstatut: Das Chaos an der Saar beginnt mit einem Landesparteitag am 20. Juni, bei dem die Landesvorsitzende Tina Schöpfer bei der Wahl der Spitzenkandidatin dreimal krachend durchfällt. Anschließend öffnen die Grünen den eigentlich für eine Frau reservierten Listenplatz eins auch für die Kandidatur eines Mannes. Dabei setzt sich der frühere Landesvorsitzende Hubert Ulrich klar gegen die Kandidatin der grünen Jugend, Jeanne Dillschneider, durch.

    Annalena Baerbock ist von Saar-Grünen enttäuscht

    Nach den grünen Statuten allerdings kann ein Mann nur Spitzenkandidat werden, wenn keine Frau eine Mehrheit bekommt – oder wenn keine Frau kandidiert. Danach also hätte Ulrich gar nicht erst gegen Dillschneider antreten dürfen. Nun aber, da er bereits gewählt ist, wird die Sache kompliziert. Sie hätte sich ein anderes Ergebnis gewünscht, lässt Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ausrichten, setzt ihren Parteigeschäftsführer Michael Kellner auf das Thema an und erhöht den Druck aus Berlin. Die Juristen in der Parteizentrale haben tagelang Schwerstarbeit zu leisten.

    Dass ausgerechnet die Grünen die Frauenquote ignorieren, Baerbock sich im Wahlkampf nicht auch noch vorwerfen will lassen. Am Ende erklärt ein Schiedsgericht der Partei das Verfahren zur Wahl von Ulrich für ungültig – mit Verweis auf das Frauenstatut und einige angeblich nicht stimmberechtigte Mitglieder, die unter den Delegierten gewesen seien. Doch auch der erst einberufene, dann wieder abgesagte und dann doch wieder einberufene neue Parteitag schafft in dem tief zerstrittenen Landesverband keine Klarheit.

    Grüne im Saarland verletzen "Demokratieprinzip"

    Dort kandidiert Ulrich zwar nicht mehr und Jeanne Dillschneider wird auch gewählt – die 49 Delegierten aus Ulrichs Ortsverein Saarlouis aber, einem der größten im Saarland, sind von der Abstimmung ausgeschlossen, weil es angeblich Fehler bei deren Nominierung gegeben hat. Monika Zöllner, die Landeswahlleiterin, lässt die Liste der Partei daraufhin nicht zur Bundestagswahl zu. Ihre Begründung: Ein „schwerer Wahlfehler“ und „eine Verletzung des Demokratieprinzips“ – ausgerechnet bei den Grünen, die so stolz sind auf ihre Basisdemokratie, bei einer wichtigen Entscheidung aber ein Drittel der Delegierten außen vor lassen. Das hat jetzt Folgen für die Bundespartei, der in der Endabrechnung wichtige Stimmen fehlen könnten: In der Regel steuern die Saar-Grünen einen knappen Prozentpunkt zum Bundesergebnis ihrer Partei bei.

    Wahlkampf ist nicht immer leicht: die Grüne-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.
    Wahlkampf ist nicht immer leicht: die Grüne-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Joachim Behnke, Professor für politische Wissenschaften an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, ist selbst Mitglied der Grünen, in diesem Falle aber einer ihrer schärfsten Kritiker. Das grüne Frauenstatut, klagt er im Spiegel, „zielt keineswegs auf Gleichberechtigung oder Gleichstellung ab, sondern bevorzugt seinerseits Frauen systematisch“. Es stelle so eine „Diskriminierung erster Ordnung“ dar. Sein Ratschlag an die Kollegen an der Saar und in Berlin: „Manchmal wäre es doch besser, sich die wichtigste demokratische Tugend, Niederlagen einfach zu akzeptieren, stärker zu Herzen zu nehmen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden