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Bundestagswahl: Koalitonsbildung: Liebesheirat ausgeschlossen

Bundestagswahl

Koalitonsbildung: Liebesheirat ausgeschlossen

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    Wie sieht Angela Merkels nächste Koalition aus?
    Wie sieht Angela Merkels nächste Koalition aus? Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Mit Beziehungen ist das eine komplizierte Sache, das gilt sowohl im zwischenmenschlichen als auch im politischen Bereich. Darum gestaltet sich die anstehende Partnerwahl für Angela Merkel trotz des Wahlsieges schwieriger, als man zunächst glaubt. Ihr eigentlicher Liebling hat sich als zu schwach für eine Regierungsehe erwiesen, weil die Wähler bei der FDP Kompetenz vermissten. Die beiden neuen Partner, die mit SPD und Grünen zur Wahl stehen, sind alles andere als die Richtigen für eine Liebesheirat – von beiden Seiten aus gesehen übrigens.

    Die SPD müsste Neuwahlen mehr fürchten als die Union

    Vor allem aber aus Sicht der Sozialdemokraten und Grünen. Die würden der alten und neuen Kanzlerin gerne einen Korb geben, weil sie befürchten, angesichts der ungleichen Machtverhältnisse stark an Profil zu verlieren. Die SPD hat das bei der letzten Großen Koalition leidvoll erleben müssen. Andererseits muss sich eine der beiden Parteien zur Regierungsverantwortung bekennen. Denn ein Minderheitenkabinett Merkel wird es nicht geben, und Neuwahlen würden der Kanzlerin wahrscheinlich die absolute Mehrheit bringen oder vielleicht auch die FDP wieder zurück ins Parlament bringen.

    Andere Machtperspektive als vor acht Jahren

    Bundestagswahl 2013: Die Reaktionen

    "Das ist ein Superergebnis. Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen. Feiern dürfen wir heute schon, denn wir haben's toll gemacht." (Bundeskanzlerin Angela Merkel)

    "Der Ball liegt im Spielfeld von Frau Merkel, sie muss sich eine Mehrheit besorgen." (SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück)

    "Das ist eine schwere Stunde für die FDP. Als Spitzenkandidat übernehme ich dafür Verantwortung. Das ist nicht das Ende der Partei. Es wird schwieriger, aber die Arbeit wird weitergehen." (FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle)

    "Wer hätte das 1990 gedacht, dass diese Partei die drittstärkste politische Kraft der Bundesrepublik Deutschland wird. Das haben wir geschafft." (Linke-Spitzenkandidat Gregor Gysi)

    "Das ist bitter, und wir werden uns dieser bitteren Realität gemeinsam stellen müssen." (Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin)

    "CDU und CSU haben phänomenal abgeschnitten." (CSU-Chef Horst Seehofer)

    "Es ist die bitterste, die traurigste Stunde in der Geschichte der Freien Demokratischen Partei." (FDP-Chef Philipp Rösler zum Resultat der Liberalen)

    "Ich kann nur eines sagen: Dass ich bitter enttäuscht bin von diesem Ergebnis. Das ist eine heftige Niederlage." (Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Roth)

    "Deutschland ist mit der AfD blau geworden. Wir sind aus der politischen Szene in Deutschland nicht mehr wegzudenken." (AfD-Vizechefin Frauke Petry über ihre Partei)

    "Die Deutschen wollen, dass sie vier Jahre weiter regiert. Das Ergebnis ist in erster Linie Anerkennung für die Arbeit von Angela Merkel." (CDU-Vize Armin Laschet)

    "Wir wollen derzeit nach dem Ausgang der Bundestagswahl keine Koalitionsaussagen treffen. Das wird nun zunächst in den Gremien besprochen. Wir haben uns sicherlich einen höheren Zuwachs gewünscht. Nun ist Angela Merkel gefragt." (SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles)

    "Wir hatten mehr erhofft. Das ist kein Auftrag der Wähler, um Gespräche über die Regierung zu führen. Der Ball liegt jetzt bei Angela Merkel. Sie hat die entsprechenden Gespräche zu führen." (SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann)

    "Wir haben einen klaren Auftrag der Wähler, die Regierung zu bilden. Das Ergebnis zeite, dass die Wähler wollten, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Ein Ergebnis von mehr als 40 Prozent hattee man für eine Volkspartei schon gar nicht mehr für erreichbar gehalten." (Unionsfraktionschef Volker Kauder)

    "Das Ergebnis ist zutiefst enttäuschend. Jetzt geht es nicht um Koalitionsspekulation wie etwa Schwarz-Grün. Zunächst ist eine Fehleranalyse nötig."(Grünen-Bundestagsabgeordneter Omid Nouripour)

    "Wir hätten uns deutlich mehr Schwung erhofft für Bayern" (SPD-Landesvorsitzender Florian Pronold)

    "Das ist die bitterste Stunde für die Liberalen seit vielen Jahrzehnten. Wir haben in der Öffentlichkeit nicht überzeugt. Es gibt ausreichend liberales Wählepotenzial. Das gilt es jetzt abzurufen". (FDP-Vorsitzender Nordrhein-Westfalen Christian Lindner)

    "Es gibt mehr Kommunisten in Deutschland als Liberale. Das macht mir sehr große Sorgen." (FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel)

    "Ich finde das eine beachtliche Leistung, dass man mit fünf Ministern der größten Bundestagsfraktion aller Zeiten innerhalb von vier Jahren die FDP von 14,6 auf 5 Prozent oder darunter bringt. Eine ordentliche Wahlkampfstrategie mit einem souveränen Auftreten sieht anders aus. (Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki)

    "Man wählt niemanden, der sich zum Wurm macht. Das Einzige, was die FDP noch hätte schlimmer machen können, wäre gewesen, Hundewelpen aufs Plakat zu machen mit der Aufforderung: 'Bitte, bitte, wählt uns.'" (Vorsitzender der Jungen Liberalen Lasse Becker)

    "Es gilt der alte Grundsatz, dass alle demokratischen Parteien untereinander auch gesprächsbereit sein sollten. Es ist aber klar, dass sich die politischen Positionen von Union und Grünen im Wahlkampf sehr weit auseinanderbewegt haben." (CDU-Vorstandsmitglied Annegret Kramp-Karrenbauer)

    "Ich hatte mir ein besseres Ergebnis gewünscht. Wir müssen überlegen, wie wir unsere Positionen einfacher, verständlicher und klarer an die Bürger bringen." (Piraten-Chef Bernd Schlömer)

    Außerdem ist die Machtperspektive diesmal eine andere als vor acht Jahren. Denn Angela Merkel wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht noch eine Amtsperiode dranhängen. Zwar stünde nach heutiger Einschätzung mit Ursula von der Leyen eine potenzielle Nachfolgerin parat, trotzdem, so dürfte Sigmar Gabriel kalkulieren, werden die Karten 2017 neu gemischt.

    Kein Automatismus für Große Koalition

    Eine erste fernmündliche Annäherung mit der Kanzlerin hat der SPD-Chef gestern bereits hinter sich. Er und Merkel führten am Vormittag ein kurzes Telefonat. Der Niedersachse stellte jedoch klar, dass er darum gebeten habe, den Parteikonvent der Sozialdemokraten am Freitag abzuwarten. Gabriel betonte zudem, es gebe keinen Automatismus für eine Große Koalition.

    Merkel sagte, dass Sondierungsgespräche auch mit anderen Parteien nicht ausgeschlossen seien, es habe bislang aber keine weiteren Kontakte gegeben. In der Union mehren sich die Stimmen, mit den Sozialdemokraten zu koalieren.

    Quo vadis, Pkw-Maut für Ausländer?

    Eine davon gehört Volker Kauder, der bereits sagt: „Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir in eine Große Koalition gehen.“ Im Klartext heißt dies: Sie wäre kein Problem für die CDU. Auch Merkel scheint in diese Richtung zu tendieren. Kein Wunder: Es hat ja mit der SPD gut funktioniert zwischen 2005 und 2009. Also zumindest für Merkel. Die Zusammenarbeit lobt die Kanzlerin heute noch.

    Einer, der nicht so begeistert sein dürfte, ist CSU-Chef Horst Seehofer, dessen Partei trotz des Wahlerfolgs plötzlich zum Juniorpartner würde. Da stellt sich natürlich die Frage: Quo vadis, Pkw-Maut für Ausländer? Die nämlich dürfte von der SPD nicht mitgetragen werden. Immerhin kann man sich bereits jetzt über die Koalitionsverhandlungen zu diesem heiklen Punkt freuen.

    SPD hat gute Karten für Verhandlungen

    Scheitern wird deswegen eine Koalition aber nicht, nach allem, was man hört. Denn die SPD ist in der relativ komfortablen Ausgangslage, dass sie für die anstehenden Machtverhandlungen trotz schwacher Zahlen gute Karten hat, weil Angela Merkel sie bevorzugt.

    Eine schwarz-grüne Koalition wäre – vorsichtig formuliert – eine Sensation. Zwar sagte die Vorsitzende der Grünen, Roth (Augsburg), gestern, ihre Partei stünde grundsätzlich für entsprechende Gespräche bereit. Aber die Schnittmengen zwischen den beiden Parteien sind noch immer relativ gering. Das bisher einzige schwarz-grüne Bündnis hatte zudem keine lange Halbwertszeit. Außerdem scheinen weite Teile des grünen Spitzenpersonals wie Jürgen Trittin oder Claudia Roth nicht mit der Union kompatibel. Noch größer wären allerdings die Probleme an der Basis, einen schwarz-grünen Koalitionsvertrag durch einen Grünen-Parteitag zu bringen. Es müsste also zu mehr als einer personellen Runderneuerung der Ökopartei kommen.

    Mit dem Atomausstieg ist eine der wichtigsten Tabus gefallen

    Doch es gibt auch einige Gründe, die für einen Versuch sprechen. Mit dem Atomausstieg ist eine wichtige ideologische Barriere weg. Zudem sitzen die Vertreter der früheren schwarz-grünen „Pizza-Connection“ heute in Spitzenpositionen. Peter Altmaier gehört dazu oder Ronald Pofalla. Bei den Grünen sind Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt zu nennen.

    Einen exklusiven Traum verfolgt die Linkspartei. Sie rief die SPD auf, die rechnerische Mehrheit im Bundestag für Rot-Rot-Grün zu nutzen. Doch dazu wird es nicht kommen. Zwar gibt es in der Union die Befürchtung, SPD-Chef Gabriel würde eine Große Koalition nach einer Anlaufzeit platzen lassen, um sich dann in Rot-Rot-Grün zu versuchen. Aber die Wahrscheinlichkeit gilt als gering. Selbst Gabriel ist sich im Klaren darüber, dass die SPD extrem an Glaubwürdigkeit verlieren würde.

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