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Bundestagswahl 2021: Wie die SPD die Bundestagswahl gewinnen will

Bundestagswahl 2021

Wie die SPD die Bundestagswahl gewinnen will

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    Kanzlerkandidat Olaf Scholz (Mitte) mit den Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.
    Kanzlerkandidat Olaf Scholz (Mitte) mit den Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    "Zwei Kubickis hat Eskabo ja schon geschafft", witzeln gerade manche in der SPD. "Eskabo", das ist das inoffizielle Kürzel der beiden Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ("Nowabo"). Ein "Kubicki" ist in dieser trotzigen Frotzelei die Maßeinheit für die Verweildauer an der SPD-Parteispitze und entspricht sechs Monaten. Hatte FDP-Vize Wolfgang Kubicki doch bei der Kür Ende 2019 geunkt, das Duo werde kein halbes Jahr an der SPD-Spitze überleben.

    Nun hat die Doppelspitze schon ihr erstes Jahr hinter sich und in diesen "zwei Kubickis" für etliche Überraschungen gesorgt. Die größte war im August die frühe Kür von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten, mit der kaum zu rechnen war. Denn Scholz war ja mit seiner Tandempartnerin Klara Geywitz dem linken Duo Esken, 59, und Walter-Borjans, 68, im Rennen um den Vorsitz unterlegen. Für den Vizekanzler und Bundesfinanzminister war die Ablehnung durch die eigene Partei die größte Schmach seiner Laufbahn, viele rechneten mit seinem Rücktritt. Doch Scholz fing sich und arrangierte sich mit dem neuen Spitzenduo.

    SPD-Chefin Esken hat einen guten Draht zur Kanzlerin

    Auch Saskia Esken, die zuvor weitgehend unbekannte Digitalpolitikerin aus Baden-Württemberg, und der ehemalige nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans starteten ganz anders als erwartet. Sie kündigten eben nicht die Koalition mit der Union auf, wie es viele ihrer Anhänger aus dem linken Parteispektrum gefordert hatten. Sondern machten sich daran, möglichst viele SPD-Projekte aus dem Koalitionsvertrag durchzusetzen. Im Koalitionsausschuss präsentieren sich beide als harte Verhandler, aber am Ende eben doch kompromissbereit.

    Esken entwickelte sogar einen ausgesprochen guten Draht zu CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Beide, so heißt es, verbinde die Erfahrung, dass sie anfangs unterschätzt wurden als Chefinnen ihrer jeweiligen Parteien. In der SPD-Linken wurden die Rufe nach dem GroKo-Ende immer leiser und erstarben mit Beginn der Corona-Krise fast ganz.

    Angetreten war "Eskabo" vor allem mit dem Anspruch, die heillos zerstrittene SPD zu einen, die Beteiligung der Mitglieder zu stärken und die entfremdete Basis enger einzubinden. Selbst SPD-Leute aus dem konservativeren Spektrum der Partei erkennen nach zwei "Kubickis" an, dass dies erstaunlich gut gelungen ist.

    Wie die SPD-Spitze digital die Basis einbindet

    Vor allem die Informatikerin Esken setzt dabei voll auf digitale Kanäle. Teils mehrmals im Monat haben Interessierte, auch Nichtmitglieder, Gelegenheit, sich auf digitalem Weg in die Parteiarbeit einzubringen. Für die SPD-Kreisvorsitzenden aus ganz Deutschland finden monatlich Videoschalten mit den Vorsitzenden statt. Früher hat es nur einmal im Jahr ein schlecht besuchtes Treffen in Berlin gegeben. Den Austausch zwischen Basis und Spitze habe dies sehr gestärkt, sagen führende Genossen.

    Miteinander sprechen Esken und Walter-Borjans fast täglich, ihr Verhältnis vergleichen sie mit einer guten Ehe. Mindestens wöchentlich stimmen sie sich mit Vizekanzler Olaf Scholz, Generalsekretär Lars Klingbeil, Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Carsten Schneider ab.

    Kevin Kühnert ist eng in die Parteispitze eingebunden

    Eng eingebunden in das neue, vergrößerte Machtzentrum ist auch der frühere Juso-Chef Kevín Kühnert, der vor dem Mitgliederentscheid mit seiner Empfehlung als "Königsmacher" für das Linksduo wirkte. Die Erkenntnis, dass es nur mit Olaf Scholz die Chance auf ein gutes Bundestagswahlergebnis gibt, setzte sich in dieser Runde schnell durch, auch wenn das die linken Seelen geschmerzt haben mag. Nach der Entscheidung haben alle im Kreis wochenlang dichtgehalten, nur so konnte die Überraschung gelingen. Das schuf Vertrauen.

    Neben Anerkennung gibt es unter SPD-Spitzenleuten aber auch Kritik. Das Spitzenduo könne gut moderieren, zeige jedoch zu wenig Führungsstärke. Sie erreichten zwar Mitglieder und den harten Kern der Stammwähler, um erfolgreich zu sein, brauche es aber Angebote an breitere Bevölkerungsschichten.

    Gerade Esken hat im ersten "Kubicki" ihrer Amtszeit die bürgerliche Mitte mitunter heftig verschreckt. Ihre oft per Twitter lancierten Vorstöße, etwa ihre vielfach als einseitig empfundene Rassismus-Kritik an der Polizei oder Rufe nach Steuererhöhungen für "die Reichen", sind auch noch nicht verklungen. Doch Esken bemüht sich merklich um Mäßigung.

    Scholz wird als der "wahre Merkel-Nachfolger" inszeniert

    Olaf Scholz kommt seinerseits der linken Spitze entgegen. Die Corona-Ausnahmesituation ermöglicht eine Großzügigkeit für Ausgaben, die viele auf dem linken SPD-Flügel schon lange fordern. Im Wahlkampf soll die Einigkeit weiter betont werden, der pragmatische Scholz genügend "Beinfreiheit" bekommen.

    Gleichzeitig wissen alle: Die schönste innerparteiliche Harmonie nutzt nichts, wenn die Wahlergebnisse nicht stimmen. In den Umfragen aber liegt die SPD ziemlich stabil bei 15 Prozent der Wählergunst, ist hinter den Grünen nur noch drittstärkste Kraft im Land. So bleibt der SPD nur Zweckoptimismus: Mit dem Abgang von Angela Merkel würden die Karten ja ganz neu gemischt, die Union habe doch noch nicht einmal einen Vorsitzenden, geschweige denn einen Kanzlerkandidaten. Erst im Vergleich zur Konkurrenz könne Olaf Scholz seine Stärken ausspielen. Viele Bürger sollen dann in ihm den "wahren Merkel-Nachfolger" sehen, so die Hoffnung der SPD-Strategen.

    Die Parole bei den Spitzengenossen lautet deshalb: Lieber langsam, aber sicher zulegen, Prozentpunkt für Prozentpunkt, als ein Strohfeuer entfachen, das bis zum Wahltag längst erloschen ist. Zu präsent ist die Erinnerung, als Kanzlerkandidat Martin Schulz mit 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl 2017 eine historische Pleite einfuhr. Mit Scholz soll alles anders werden, Saskia Esken selbst hat von 30 Prozent als Ziel gesprochen. Nur wenn diese Rechnung aufgeht, wird sich die SPD-Doppelspitze halten können. Wenn nicht, wäre nach vier "Kubickis" wohl Schluss für "Eskabo".

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