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Bundestagswahl 2021: Mützenich sieht Scholz im Vorteil: "Kanzleramt ist kein Übungsraum"

Bundestagswahl 2021

Mützenich sieht Scholz im Vorteil: "Kanzleramt ist kein Übungsraum"

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    Der Fraktionschef mit dem Spitzenkandidat: Rolf Mützenich (links) glaubt, dass die besten Zeiten von Olaf Scholz noch kommen. Hinter beiden prangt der programmatische Schriftzug "Die Krise meistern. Zukunft gestalten."
    Der Fraktionschef mit dem Spitzenkandidat: Rolf Mützenich (links) glaubt, dass die besten Zeiten von Olaf Scholz noch kommen. Hinter beiden prangt der programmatische Schriftzug "Die Krise meistern. Zukunft gestalten." Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild)

    Endlich mal nicht erklären müssen, warum es nicht bergauf geht, warum die SPD in den Umfragen wie festgetackert bei 16 Prozent verharrt. Seit einigen Tagen ist der Trend tatsächlich Genosse. Spitzenkandidat bewegt sich auf die Spitze zu. Das Meinungsforschungsinstitut Insa sieht die SPD bei 22 Prozent – gleichauf mit der Union. Schon wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen ums Kanzleramt ausgerufen.

    SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich: "Umfrage-Trend motiviert natürlich"

    Entsprechen aufgeräumt ist die Stimmung beim Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, als er zum Pressegespräch in unserer Redaktion eintrifft. „Der Blick auf die Umfragen motiviert natürlich. Es war die Absicht, durch eine frühe Entscheidung der Kandidatenfrage für Olaf Scholz am Anfang des Wahlkampfs, aber auch wenige Wochen vor der Wahl einen Trend zu setzen. Das ist gelungen.“

    Mützenich muss nicht erwähnen, dass die Kandidatensuche bei CDU/ mit Kür weniger zu tun hatte als mit Qual. Der Kontrast liegt ohnehin auf der Hand. Dass viele Beobachter an dieser Stelle gerne anmerken, dass das Hoch eher auf die Sympathiewerte des Kandidaten als das Ansehen der Partei zurückzuführen ist, ficht den Kölner nicht an: „Auch wenn es sich in den Umfragen zunächst nicht so niedergeschlagen hat, haben die Menschen immer gesehen, dass die SPD ein bestimmender Teil in der Regierung ist.“

    Armin Laschet, hier beim Haustürwahlkampf in Berlin, dürfte selber wissen, dass er Fehler gemacht hat, sagt Rolf Mützenich zum Spitzenkandidat der Union.
    Armin Laschet, hier beim Haustürwahlkampf in Berlin, dürfte selber wissen, dass er Fehler gemacht hat, sagt Rolf Mützenich zum Spitzenkandidat der Union. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Genauso gelassen bleibt der 62-Jährige, wenn man von ihm wissen will, welchen Anteil die Fehltritte der Konkurrenz für die erstaunliche Trendwende spielen – die Kicherei Laschets bei einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Hochwassergebiet wirken schließlich ebenso nach wie Annalena Baerbocks Schludrigkeiten im Umgang mit Zitaten und der eigenen Vita. "Aber auch wenn das nicht passiert wäre, wissen die Leute, dass das Kanzleramt kein Übungsraum ist. Dass man sich dort nicht anlernen lassen kann. Denn jetzt müssen die Weichen für die nächsten zehn Jahre gestellt werden“, ist sich Mützenich sicher.

    Auch auf die Frage, warum die SPD Vizekanzler und Finanzminister Scholz noch vor einem Jahr bei der Wahl um den Parteivorsitz schnöde durchrasseln ließ, hat der Fraktionschef eine Antwort. Die Vorstandswahl sei keine Abstimmung gegen Scholz gewesen. Es sei vielmehr vielen Mitgliedern darum gegangen, dass sie keinen Vorsitzenden wollten, der in der Regierung sitzt. „Ich rechne Scholz hoch an, dass er danach einfach weitergemacht hat“, sagt Mützenich, der weiß, dass es auch anders hätte laufen können. „Unser Spitzenkandidat kann sich auf eine Fraktion verlassen, die kompetent und gemeinschaftlich arbeitet.“ Anders als bei CDU und CSU also, kann man bei diesem Satz weiterdenken.

    Mützenich: "Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht nur Jubel auslösen"

    Nun ist der Mützenich nicht der Typ, der zu Leichtsinn und Überschwang neigt. Mit diesen Eigenschaften dürfte die SPD den Spagat beim Thema Klimapolitik auch kaum hinbekommen. Es gilt, harte Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu fordern, soziale Aspekte aber im Blick zu behalten. Mützenich: „Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht nur Jubel auslösen. Wir müssen den Menschen ehrlich sagen, was auf sie zukommt, dass das Geld kostet und es Konflikte geben wird.“

    Es werde darauf ankommen, Chancen klug zu nutzen, sozial abzufedern und Strukturbrüche in einzelnen Regionen zu vermeiden. „Wir müssen verhindern, dass die Spaltung in der Gesellschaft noch größer wird." Es sei die richtige Zeit für sozialdemokratische Politik, sagt Mützenich. Genau dazu gehöre es, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen. "Davon würden rund zehn Millionen Menschen direkt profitieren", sagt der Sohn einer Arbeiterfamilie.

    Auf Koalitionsspekulationen will sich Mützenich, dem Sympathien für Rot-Rot-Grün nachgesagt werden, nicht einlassen. „Wir wollen Olaf Scholz im Kanzleramt, das ist meine einzige Personalfestlegung“, lautet sein knappes Statement.

    Mützenich über Afghanistan: "Leute ohne Visa auszufliegen, wäre besser gewesen"

    Persönliche Betroffenheit spielt hinein, wenn Mützenich über die dramatischen Ereignisse in Afghanistan spricht: „Ich bin ja Außenpolitiker. Sie können sich vorstellen, dass ich einige Leute kenne, die jetzt versuchen, aus Afghanistan herauszukommen.“ Man merkt ihm an, dass er an den offensichtlichen Defiziten der beteiligten Ministerien, also auch des Außenministeriums von SPD-Politiker Heiko Maas, bei der Rettung von Ortskräften leidet. Maas rechne er hoch an, dass er nichts beschönigt und frühzeitig eingeräumt habe, dass manches falsch gelaufen sei. Der eine oder andere Ressortchef habe dafür länger gebraucht. Ohne einer genauen Analyse vorgreifen zu wollen, müsse in solch einem Krisenfall die Zusammenarbeit der Ministerien und Behörden viel enger und effektiver werden.

    Dramatische Bilder vom Flughafen in Kabul.  Viele tausend Menschen versuchen verzweifelt, das Land zu verlassen. Auch Rolf Mützenich beklagt, dass Deutschland nicht gut auf den Durchmarsch der Taliban vorbereitet war.
    Dramatische Bilder vom Flughafen in Kabul. Viele tausend Menschen versuchen verzweifelt, das Land zu verlassen. Auch Rolf Mützenich beklagt, dass Deutschland nicht gut auf den Durchmarsch der Taliban vorbereitet war. Foto: Omar Haidari, AP, dpa

    „Wir haben vom Innenminister gehört, dass es möglich sein werde, die Visaerteilung hier in Deutschland zu machen, also Leute ohne Visa auszufliegen. Das wäre besser gewesen, war aber nicht so.“ Da sei es laut Innenministerium auch um eine Sicherheitsüberprüfung gegangen. "Das finde ich etwas überraschend. Denn die Leute, die in Afghanistan für die Bundeswehr gearbeitet haben, waren doch wohl alle überprüft. Alles andere wäre ja auch unvorstellbar.“

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