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Bundestagswahl 2021: Fragen an Prominente: Wie sollte Deutschlands Zukunft aussehen?

Bekannte Persönlichkeiten sprechen über ihre Wünsche und Forderungen an die zukünftige Bundesregierung.
Foto: AZ, dpa
Bundestagswahl 2021

Fragen an Prominente: Wie sollte Deutschlands Zukunft aussehen?

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    Am 26. September wird in Deutschland gewählt: Ein Tag, eine Entscheidung und ein Kreuzchen, die über die Zukunft der Bundesrepublik entschieden werden. Doch wie könnte diese Zukunft aussehen? Ob Schule, Wirtschaft, Familie, Nachhaltigkeit oder unsere Gesellschaft: Berühmte Persönlichkeiten in Deutschland, wie der Ex-Skirennläufer Felix Neureuther, der FCA-Manager Stefan Reuter oder die bayerische Schauspielerin Uschi Glas sprechen über ihre Wünsche und Forderungen an die zukünftige Bundesregierung.

    „In der Schule mehr über Ernährung lernen“, Felix Neureuther, 37, ehemaliger Skirennläufer

    Ex-Skistar Felix Neureuther fordert Veränderungen in der Schulpolitik. Sein Vorschlag: ein Fach "Natur und Umwelt".
    Ex-Skistar Felix Neureuther fordert Veränderungen in der Schulpolitik. Sein Vorschlag: ein Fach "Natur und Umwelt". Foto: Lino Mirgeler, dpa

    „Auch wenn ich jetzt die ganzen Diskussionen vor der Bundestagswahl sehe: Da haut jeder nur auf den anderen drauf, anstatt miteinander und im Konsens in die Zukunft zu denken. Da musste erst das Bundesverfassungsgericht kommen, um klare Vorgaben gesetzlich vorzuschreiben. In der Schulpolitik zum Beispiel: Warum gibt es noch kein Fach ‚Natur und Umwelt‘? Darin integrieren würde ich auch die Themen ‚Bewegung und Ernährung‘. Das sind doch die großen Themen der Zukunft. Immer mehr Kinder sind und werden adipös. Wie beim Klima wirken sich diese Fehlentwicklungen nicht nur aktuell, sondern im Laufe des ganzen Lebens aus. Die Zahl der psychisch kranken Kinder wächst ebenfalls enorm. Diese Probleme könnte man am besten durch Bewegung und Sport lösen. Doch das Schulfach Sport wird immer noch stiefmütterlich behandelt. Dabei könnte der Wintersport gerade bei uns in Bayern bei Lösungen mithelfen, wenn Kinder in die Natur gehen, sich bewegen, soziale Kontakte bekommen und dadurch auch psychisch regenerieren.“

    „Nachdenken wäre besser als Querdenken“, Josef Schuster, 67, Präsident des Zentralrats der Juden

    Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster wünscht sich für die Zukunft  Respekt und Anstand.
    Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster wünscht sich für die Zukunft Respekt und Anstand. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    „Für die nahe Zukunft wünsche ich mir etwas, was im ersten Moment altmodisch klingt: Respekt und Anstand. Ob im Sportverein oder in der Kneipe, ob in der Bahn oder im Internet – es wird Zeit, dass die immer stärker verbreitete Herabsetzung von Menschen wieder aufhört. Sie trifft vor allem Minderheiten: Juden, Muslime, homosexuelle oder behinderte Menschen, häufig aber auch Frauen. Hass schlägt allzu oft ebenso Polizisten, Feuerwehrleuten oder Rettungssanitätern entgegen – ausgerechnet jenen Menschen, die für unsere Sicherheit und Gesundheit den Kopf hinhalten. Aggression und Hetze haben zugenommen, ganz massiv durch Menschen, die sich ausgerechnet als Quer-Denker bezeichnen. Nachdenken wäre besser als Querdenken. „Was dir selbst zuwider ist, das tue deinem Nächsten nicht an“ – an diese Regel sollten sich alle wieder erinnern. Und sie umsetzen!“

    „Jeder kann seinen Beitrag leisten“, Stefan Reuter, 54, Manager FC Augsburg

    FCA-Manager Stefan Reuter wünscht sich, dass die Menschen gemeinsam dafür sorgen, dass die Gesellschaft schnellstmöglich zur Normalität zurückkehren kann.
    FCA-Manager Stefan Reuter wünscht sich, dass die Menschen gemeinsam dafür sorgen, dass die Gesellschaft schnellstmöglich zur Normalität zurückkehren kann. Foto: Ulrich Wagner

    „Für die Zukunft wünsche ich mir nach den kräftezehrenden letzten eineinhalb Jahren für uns alle, vor allem eines: Gesundheit. Lassen Sie uns weiterhin alle gemeinsam an einem Strang ziehen und uns darum bemühen, schnellstmöglich zu einem Normalzustand – wie vor der Pandemie – zurückzukehren. Aus Sicht des FC Augsburg bedeutet dies: Persönliche Treffen sowie gemeinsame Veranstaltungen und Feste mit unseren fantastischen Fans, in erster Linie aber auch wieder volle Stadien. Der Fußball, aber auch der Sport allgemein, lebt von seinen Fans. Die Teilöffnung der Stadien war deshalb ein erster guter Schritt, daran müssen wir anknüpfen. Wir haben unsere Zukunft selbst in der Hand, jeder kann seinen Beitrag dazu leisten. Deshalb wünsche ich mir neben Gesundheit für uns alle eine möglichst hohe Wahlbeteiligung bei der anstehenden Bundestagswahl. Demokratie benötigt nämlich unser aller Mitgestalten!“

    „Die Wirtschaft nicht überfordern“, Uschi Glas, 77, bayerische Schauspielerin

    Schauspielerin Uschi Glas wünscht sich, dass die Wirtschaft nicht mit Steuererhöhungen und Abgaben für den Klimaschutz überfordert wird.
    Schauspielerin Uschi Glas wünscht sich, dass die Wirtschaft nicht mit Steuererhöhungen und Abgaben für den Klimaschutz überfordert wird. Foto: Sven Hoppe, dpa

    „Für die Zeit nach der Wahl wünsche ich mir, dass wir die Wirtschaft nicht nur als sprudelnde Quelle von Steuergeldern betrachten, sondern als das Rückgrat unseres Landes. Ohne die vielen fleißigen Unternehmer, vor allem aus dem Mittelstand, ginge es den Deutschen nicht so gut. Die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze und schultert einen Großteil der Steuereinnahmen des Staates. Ohne dieses Geld hätten der Bund und die Länder die Lockdowns nicht mit so enormen finanziellen Hilfen abfedern können. Wenn ich das mit dem Ausland vergleiche, konnte Deutschland die zwangsweise geschlossenen Unternehmen hervorragend unterstützen. Dennoch hat Corona bei vielen Firmen Spuren hinterlassen. Ich wünsche mir, dass wir sie nicht mit Steuererhöhungen und Abgaben für den Klimaschutz überfordern. Wir sollten nicht vergessen, dass das Geld, das der Staat verteilt, auch erwirtschaftet werden muss.“

    „Pflanzt mehr Bäume“, Felix Finkbeiner, 23, Gründer der Kinder- und Jugendinitiative Plant-for-the-Planet

    Der Bayer Felix Finkbeiner ist Umweltaktivist und Gründer der Initiative "Plant for the Planet". Seine Forderung: "Halbiert die CO2-Emissionen bis 2030 und pflanzt mehr Bäume."
    Der Bayer Felix Finkbeiner ist Umweltaktivist und Gründer der Initiative "Plant for the Planet". Seine Forderung: "Halbiert die CO2-Emissionen bis 2030 und pflanzt mehr Bäume." Foto: Sina Schuldt, dpa

    „Ich wünsche mir, dass die Menschen nicht nur verantwortungsbewusst miteinander, sondern auch verantwortungsvoll mit dem Klima umgehen. Lange vor unserer Zeit gab es etwa sechs Billionen Bäume auf der Erde. Der Mensch rodete insgesamt etwa die Hälfte des Bestands; drei Billionen Bäume sind davon nur noch übrig. Gerne würden wir alle verloren gegangenen Bäume zurückholen, doch braucht der Mensch auch Land, auf dem er leben und Nahrung anbauen kann. Insgesamt drei Billionen Bäume können also nicht wiederhergestellt werden; doch jüngste Forschungen zeigen, dass eine Billion Bäume sehr wohl renaturiert werden können, ohne dass Siedlungen und Landwirtschaft in Konkurrenz stehen würden. Diese Bäume binden den CO2-Ausstoß und verschaffen uns so einen Zeitjoker im Kampf gegen die Klimakrise. Was ich mir also für die Zukunft von morgen wünsche? Halbiert die CO2-Emissionen bis 2030 und pflanzt mehr Bäume.“

    „Das Ehegattensplitting muss ersetzt werden“, Jutta Allmendinger, 64, Soziologin, Janina Kugel, 51, Managerin, Monika Schnitzer, 60, Wirtschaftsweise

    Soziologin Jutta Allmendinger, Wirtschaftsweise Monika Schnitze und Managerin Janina Kugel (von links nach rechts) finden, dass das Ehegattensplitting muss ersetzt werden muss.
    Soziologin Jutta Allmendinger, Wirtschaftsweise Monika Schnitze und Managerin Janina Kugel (von links nach rechts) finden, dass das Ehegattensplitting muss ersetzt werden muss. Foto: Bernd von Jutrczenka, Peter Kneffel, Sven Hoppe, dpa

    „In einem Wahlkampf, in dem wenig über Inhalte und noch weniger über Frauen und Familien gesprochen wird, kommt ein Thema ganz besonders zu kurz: die negativen Auswirkungen der gegenwärtigen Besteuerung von Ehen und Familien auf den Arbeitsmarkt und die Altersarmut. Das aktuelle Ehegattensplitting setzt Anreize, sich für eine klassische Rollenaufteilung zu entscheiden: Er verdient, sie kümmert sich um die Kinder und die pflegebedürftigen Eltern. Besonders ungerecht ist, dass verheiratete Paare davon profitieren, egal ob sie Kinder haben oder nicht. Für unverheiratete Paare oder Alleinerziehende mit Kindern gelten die Steuervorteile nicht. Durch das Ehegattensplitting werden dem Arbeitsmarkt zudem viele gut ausgebildete Frauen entzogen. Für sie selbst bedeutet dies weniger Verdienst, geringere Ansprüche auf Lohnersatzleistungen, eine gebremste Karriereentwicklung nach der Kinderpause, niedrige Renten und ein deutlich höheres Armutsrisiko. Das gilt besonders im Falle einer Scheidung, weil Frauen dann für ihren Unterhalt selbst aufkommen müssen. „Der Staat darf sich nicht in Familienfragen einmischen“, so hören wir immer wieder. Ein seltsames Argument, denn genau das tut er mit dem aktuellen Steuersystem tagtäglich. Viele Eltern wünschen sich ein partnerschaftliches Teilen von Berufstätigkeit und Familienarbeit, es gibt immer mehr Patchworkfamilien und Alleinerziehende. Höchste Zeit also für die kommende Bundesregierung, das Ehegattensplitting durch eine zeitgemäße Form der Besteuerung zu ersetzen, damit gleichberechtigte Partnerschaften möglich werden, alle Elternteile finanzielle Unabhängigkeit erreichen können und wir als Gesellschaft gewinnen. #teilenstattsplitten muss das neue Programm heißen - und wir bleiben dran, bis es umgesetzt ist.“

    „Die Steuern für Unternehmen senken“, Wolfgang Grupp, 79, Inhaber des Textil-Unternehmens Trigema

    Wolfgang Grupp, Chef des Unternehmens Trigema, findet, dass die Bundesregierung die Steuern für Unternehmen senken sollte, um das Unternehmertum zu fördern.
    Wolfgang Grupp, Chef des Unternehmens Trigema, findet, dass die Bundesregierung die Steuern für Unternehmen senken sollte, um das Unternehmertum zu fördern. Foto: Christoph Schmidt, dpa

    „Ich erwarte von einer neuen Bundesregierung, dass sie der Versuchung widersteht, eine höhere Erbschaftssteuer durchzusetzen und die Vermögensteuer wieder einzuführen. Wenn eine neue Regierung Unternehmertum stärken und Arbeitsplätze sichern will, sollte sie verantwortungsvolle Firmeninhaber steuerlich deutlich entlasten. Denn diese Vorbild-Unternehmer haften im Gegensatz zu gewissenlosen Managern voll mit ihrem Vermögen und setzen daher alles daran, keine Fehler zu machen und Jobs in Deutschland zu sichern. Wenn also solch ehrbare Kaufleute etwa 50 Prozent ihrer Steuer erlassen bekämen, würde ihr Mut und ihr Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Belegschaft belohnt. Natürlich erwarte ich, dass sich eine neue Regierung noch stärker für den Klimaschutz engagiert. Als Unternehmer, der früh auf nachhaltige Textilien und Solarstrom gesetzt hat, machte ich stets die Erfahrung: Umweltschutz zahlt sich irgendwann auch finanziell aus. Man muss beim Umweltschutz als Unternehmer und Staat immer vorne dabei sein.“

    „Corona hat gezeigt, was wir können“, Wilhelm Schmid, 68, Philosoph

    Der Philosoph und Schriftsteller Wilhelm Schmid fordert: "Wenn wir nicht wollen, dass die Katastrophen sich häufen, müssen wir für ein entschlossenes Umsteuern in der Politik eintreten."
    Der Philosoph und Schriftsteller Wilhelm Schmid fordert: "Wenn wir nicht wollen, dass die Katastrophen sich häufen, müssen wir für ein entschlossenes Umsteuern in der Politik eintreten." Foto: Paul Zinken, dpa

    „Lieben wir nicht alle die Natur? Das könnte eine Richtschnur für unser Leben sein. Wir wissen jetzt, was geschieht, wenn die Natur außer Rand und Band gerät. Es gefährdet ernsthaft unseren Wohlstand und stellt die Zukunft unserer Kinder und Enkel in Frage. Die schmerzlichen Erfahrungen sind da. Die Mittel zur Therapie sind es aber auch, übrigens schon lange, es fehlte nur noch am Willen der Regierenden, die ihrerseits auf ein Signal der Gesellschaft gewartet haben. Das Signal können wir jetzt geben. Corona hat gezeigt, was wir können, wenn wir müssen. Wenn wir nicht wollen, dass die Katastrophen sich häufen, müssen wir für ein entschlossenes Umsteuern in der Politik eintreten. Und uns besinnen, was wir selbst für die Bewahrung der Natur und unserer Zukunftsfähigkeit tun können. Aus Liebe zur Natur und weil wir existenziell auf sie angewiesen sind.“

    „Bekenntnis zur Humanität“, Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

    EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm geht es um das Bekenntnis zur Humanität als Grundorientierung des staatlichen Handelns in politischen Entscheidungen.
    EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm geht es um das Bekenntnis zur Humanität als Grundorientierung des staatlichen Handelns in politischen Entscheidungen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    „Das Ausscheiden von Angela Merkel aus der deutschen Politik ist eine grundlegende Zäsur. Für mich bleibt der stärkste Satz ihrer Zeit als Kanzlerin der Satz vom September 2015: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“ Für die Zeit nach ihr geht es darum, dieses Bekenntnis zur Humanität als Grundorientierung unseres staatlichen Handelns in den konkreten politischen Entscheidungen ernst zu nehmen. Dazu gehört, dass wir den Interessen der Menschen in anderen Teilen der Welt und den Interessen der Menschen, die zukünftig leben, das gleiche Recht einräumen wie unseren eigenen. Für alles politische Handeln gilt die goldene Regel Jesu: Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.“

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