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Bundestagswahl 2021: Faktencheck: Warum gelochte Stimmzettel nicht ungültig sind

Bundestagswahl 2021

Faktencheck: Warum gelochte Stimmzettel nicht ungültig sind

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    Bei der anstehenden Bundestagswahl hat jeder Stimmzettel entweder eine Lochung oder ein abgeschnittenes Eck rechts oben. Dies ist kein Hinweis auf Manipulation oder Betrug.
    Bei der anstehenden Bundestagswahl hat jeder Stimmzettel entweder eine Lochung oder ein abgeschnittenes Eck rechts oben. Dies ist kein Hinweis auf Manipulation oder Betrug. Foto: Marcus Merk (Symbolbild)

    Sein Gesicht zeigt der Mann nicht. Aus dem, was er mit seinem Video sagen will, macht er aber keinen Hehl: Der Stimmzettel, den er als Briefwähler für die anstehende Bundestagswahl erhalten habe, sei ungültig. Beweis dafür sei, dass das rechte obere Eck abgeschnitten ist. "Wie macht man Dokumente ungültig - Personalausweis, Reisepass? Man schneidet sie ein, locht sie oder schneidet eine Ecke ab. Versteht das jeder? Die Wahlen sind von vornherein ungültig."

    Videos, Bilder und Meldungen wie diese kursieren derzeit in sozialen Netzwerken und erreichen so tausende Menschen. Auch ein Facebook-Nutzer, der angibt, aus Dillingen zu kommen, postete Anfang September ein Bild mit einem rechts oben gelochten Stimmzettel für den Wahlkreis Donau-Ries. Er fragte: "Ist der jetzt nicht ungültig?"

    Faktencheck zur Bundestagswahl: Gelochte Stimmzettel sind nicht ungültig

    Nein, ist er nicht. Die Behauptung, der Stimmzettel verliere durch eine Lochung oder eine abgeschnittene Ecke rechts oben seine Gültigkeit, ist falsch. Die Anpassung ermöglicht blinden und sehbehinderten Menschen, mithilfe einer Schablone zu wählen.

    Alle Stimmzettel bei der anstehenden Bundestagswahl haben entweder eine abgeschnittene Ecke oder eine Lochung rechts oben. In der Bundeswahlordnung (BWO) heißt es: "Zur Verwendung von Stimmzettelschablonen wird die rechte obere Ecke des Stimmzettels gelocht oder abgeschnitten." Andreas Böttcher vom Büro des bayerischen Landeswahlleiters erklärt gegenüber unserer Redaktion: "Beide Varianten sind zulässig und dienen nur dem Zweck, eine Wahl mit Schablone zu ermöglichen. Mit einer Entwertung oder Ähnlichem hat das nichts zu tun, solche Behauptungen sind Unsinn." Das jeweilige Merkmal - Lochung oder abgeschnittene Ecke - ist innerhalb eines Wahlkreises einheitlich. Da alle Wahlzettel damit versehen sind und nicht nur die von blinden oder sehbehinderten Personen, bleibt das Wahlgeheimnis gewahrt.

    Abgeschnittene Ecke hilft blinden Menschen, mit Schablone zu wählen

    Das System, die Stimmzettel zu lochen oder teils anzuschneiden, wird bereits seit der Bundestagswahl 2009 genutzt - und hat sich seitdem bewährt, wie Claudia Böhme, Bezirksgruppenleiterin des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes in Schwaben, betont: "Durch das Loch in der Ecke können blinde und sehbehinderte Menschen den Wahlzettel richtig herum in die Schablone einlegen und so ihr Kreuz an der gewünschten Stelle setzen."

    Die eigens angefertigte Schablone, die von Blindenverbänden kostenlos verteilt wird, ist aus Pappe - dort, wo die Felder zum Ankreuzen sind, sind Löcher ausgestanzt. Daneben befinden sich aufsteigende Nummern in Blindenschrift und tastbarer Schrift. Parallel dazu bekommen Betroffene vor der Wahl eine Audio-CD. Dort wird laut Böhme erklärt, welche Kandidaten, Kandidatinnen und Parteien zur Wahl antreten und welches Loch der Wahlschablone zu nutzen ist, um sie auf dem Stimmzettel anzukreuzen.

    In welchen Fällen Stimmzettel tatsächlich ungültig sind, ist in Paragraf 39 des Bundeswahlgesetzes geregelt: etwa, wenn sie nicht amtlich hergestellt sind, für einen anderen Wahlkreis gültig sind oder einen "Zusatz oder Vorbehalt" enthalten. Zu Letzterem zählt auch eine Unterschrift. Ist ein Stimmzettel signiert, wird er - anders als in kursierenden Falschmeldungen behauptet - ungültig.

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