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Bundestagswahl 2021: Entscheidet Corona über den Union-Kanzlerkandidaten?

Bundestagswahl 2021

Entscheidet Corona über den Union-Kanzlerkandidaten?

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (Mitte) und Bayerns Regierungschef Markus Söder (rechts)  beim Bund-Länder-Treffen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (Mitte) und Bayerns Regierungschef Markus Söder (rechts)  beim Bund-Länder-Treffen. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Erst die öffentliche Entschuldigung, dann die Kampfansage an die jene Ministerpräsidenten, die nicht einem strengen Kurs in der Pandemie folgen wollen: Angela Merkel überrascht auf den letzten Metern ihrer Kanzlerschaft Anhänger und Gegner. Über allen schwebt nicht nur die Frage des richtigen Kurses zur Eindämmung der gefährlichen Coronavirus-Mutationen. Längst geht es auch darum, wer Merkels Nachfolger als Regierungschef oder zumindest Kanzlerkandidat der im freien Fall der Umfragewerte sich befindenden Union wird.

    Zwei, wenn auch wenig bekannte, CDU-Bundestagsabgeordnete sprachen sich kurz nach Merkels Standpauke im Spiegel für den Bayern Markus Söder von der Schwesterpartei aus. „Bei mir an der Parteibasis kenne ich praktisch niemanden, der für Armin Laschet ist“, sagte der rheinland-pfälzische CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger. Auch die baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer macht sich für Söder stark. „Die letzten Wahlen zeigen, dass besonders das Vertrauen in Persönlichkeiten entscheidend ist.“ Der Brandenburger CDU-Abgeordnete Sebastian Steineke forderte Laschet zum Verzicht auf die Kandidatur auf, wenn er „Union und dem Land einen Dienst erweisen will“.

    Auf Distanz zur Kanzlerin: CDU-Chef Armin Laschet.
    Auf Distanz zur Kanzlerin: CDU-Chef Armin Laschet. Foto: dpa

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verweist auf den Fahrplan, den seine Partei mit der CDU vereinbart habe. „Der ist weiterhin richtig“, sagt er unserer Redaktion. „Ein Vorziehen der Entscheidung bringt in der aktuellen Lage keinen Vorteil, eher ganz im Gegenteil“, warnt Dobrindt. „Zwischen Ostern und Pfingsten werden wir unter dem Gesichtspunkt Chancenoptimierung in guter Gemeinsamkeit eine Entscheidung treffen.“

    Politbarometer: Armin Laschet hängt weit zurück

    Dobrindt betont jedoch zugleich, dass er die Entscheidung für offen hält: „Bei der Bundestagswahl werden wir uns auf ein Fotofinish einstellen müssen“, sagt der Landesgruppenchef angesichts der kriselnden Umfragewerte. „Deshalb sollten wir darauf setzen, unsere eigene Anhängerschaft maximal zu mobilisieren“, sagt der CSU-Politiker.

    „Die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben gezeigt, was passiert, wenn die Union das nicht schafft“, fügt er mit Blick auf die jüngsten CDU-Wahlschlappen hinzu. „Deswegen braucht es einen Kanzlerkandidaten, der unsere Anhängerschaft, und zwar die gesamte Breite der bürgerlichen Mitte, am stärksten mobilisiert“, betont der Landesgruppenchef. Sein Parteivorsitzender Markus Söder fährt in Umfragen parteienübergreifend die besten Werte als Kanzlerkandidat ein. Armin Laschet rangiert im aktuellen Politbarometer in der Kanzlerfrage nicht nur weit abgeschlagen hinter dem SPD-Mann Olaf Scholz, sondern sowohl hinter dem Grünen-Chef Robert Habeck als auch hinter dessen Co-Vorsitzender Annalena Baerbock klar auf dem letzten Platz.

    Experte: Angela Merkel düpiert Armin Laschet gleich doppelt

    Der Berliner Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke von der Gesellschaft Blätter für deutsche und internationale Politik sieht Laschets Chancen nach Merkels Kritik am Coronakurs des Ministerpräsidenten weiter schwinden. „Sie geht noch weiter und damit voll in den Konflikt mit dem eigenen CDU-Parteivorsitzenden Armin Laschet als dem größten Lockerungsbefürworter“, sagte von Lucke. Der Kanzlerin gehe es dabei nicht nur um die richtige Pandemiebekämpfung. „Es geht Angela Merkel im Kern um die Verteidigung des Erbes ihrer Kanzlerschaft“, betont von Lucke. „Das Urteil über ihre Regierungszeit steht und fällt auch mit der Bewältigung dieser Krise.“

    Mit ihrer klaren Ansage notfalls mehr Macht an den Bund zu ziehen, düpiere sie ihren eignen Parteivorsitzenden gleich doppelt: „Armin Laschet hat sich in eine fast ausweglose Lage manövriert“, sagt von Lucke. Entweder dreht der nordrhein-westfälische Ministerpräsident doch noch bei und macht damit das Eingeständnis, dass seine Lockerungs-Politik falsch war. Oder er bleibt unbeirrbar weiter bei seiner Position und läuft damit Gefahr, dass ihm am Ende alle negativen Folgen der Pandemie aufgehalst werden. Das wäre eine ungeheure Hypothek für den Unionswahlkampf, gerade weil es eine immense Belastung für das Land wäre.“

    Merkels Auftritt hat großen Einfluss auf die Kanzlerkandidatur der Union

    Merkels Auftritt habe deshalb großen Einfluss auf die Kanzlerkandidatur der Union, sagt der Politikwissenschaftler. Merkel und Söder wirkten wie ein symbiotisches Team. „Ganz offensichtlich teilt die Mehrheit der Bevölkerung in den Umfragen die Haltung des ,Team Vorsicht’“, sagt von Lucke: „Söder bringt dabei noch den fast unschlagbaren Vorteil mit, in klaren und eindeutigen Sätzen diese Politik der Bevölkerung erklären zu können.“

    Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gast in der ARD-Talksendung Anne Will.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gast in der ARD-Talksendung Anne Will. Foto: Wolfgang Borrs, NDR/dpa

    Damit stehe nicht Laschet, sondern ausgerechnet ein CSU-Vorsitzender für Kontinuität im Kanzleramt. „Das ist die Ironie der Geschichte“ sagt von Lucke. „Und sie basiert auf dem Kardinalfehler von Armin Laschet, dass er sich gleich zu Beginn der Pandemie klar von Merkel absetzen wollte, er wollte dezidiert nicht der „Weiter-so-Mann“ sein.“ Doch mit der Corona-Krise habe er sich dafür das falsche Thema ausgesucht. „Würde Armin Laschet Kanzlerkandidat, droht bei der Union ein gefährlicher Martin-Schulz-Effekt einzutreten, bei dem sie am Ende bei weniger als 25 Prozent landen könnte“, warnt von Lucke. Söder genieße dagegen die Unterstützung der Kanzlerin. „Insofern erleben wir gerade auch die Vorentscheidung darüber, wer der Kanzlerkandidat der Union werden müsste, wenn es denn tatsächlich, wie von Armin Laschet versprochen, allein nach den Wahlaussichten ginge.“

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