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Bundestagswahl 2013: Königin von Deutschland

Bundestagswahl 2013

Königin von Deutschland

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    Es war ihr Wahlkampf, sie war Programm: Angela Merkel hat die CDU wieder in ersehnte Höhen gehievt.
    Es war ihr Wahlkampf, sie war Programm: Angela Merkel hat die CDU wieder in ersehnte Höhen gehievt. Foto: Andreas Mergner (dpa)

    „Oh wie ist das schön, oh wie ist das schön…“ Die jungen Frauen und Männer vom „teAM“, dem Wahlkampfteam von Angela Merkel in ihren orangefarbenen T-Shirts, kennen kein Halten mehr. Früh schon haben sie den Platz im Atrium des Konrad-Adenauer-Hauses, direkt vor dem Podium, besetzt, um ihr Idol zu feiern. Und das tun sie voller Inbrunst, sie haben sich untergehakt, hüpfen vor Freude in die Höhe und singen aus voller Kehle: „So was hat man lange nicht gesehn, so schön, so schön.“

    Bundestagswahl 2013: Angela Merkel bejubelt

    Angela Merkel, der die Jubelgesänge gelten, steht auf dem Podium und genießt die Jubelgesänge mit stiller Freude. Sie lächelt entspannt, winkt hin und wieder ins Publikum und nimmt den Beifall ihrer Anhänger in der aus allen Nähten platzenden CDU-Parteizentrale am Rande des Tiergartens entgegen. Noch weiß sie nicht, was die Hochrechnungen der Fernsehanstalten erst etwa eine halbe Stunde später in den Bereich des Möglichen rücken.

    Dass es nämlich mit den rund 42 Prozent der Stimmen für CDU und CSU unter Umständen zur absoluten Mehrheit der Mandate im Bundestag reichen könnte, falls Liberale und AfD den Einzug ins Parlament knapp verpassen. Das hätte es seit 1957 nicht mehr gegeben, als der legendäre erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, 50,2 Prozent der Stimmen erhielt. Kein Kanzler nach ihm, weder Willy Brandt noch Helmut Schmidt noch Helmut Kohl, deren Porträts in der Ahnengalerie des Kanzleramtes hängen, hat dies je geschafft.

    Union mit über 40 Prozent: Es ist das beste Ergebnis der Partei seit 1990

    Auch wenn sich dies im Laufe des Abends als eher unwahrscheinlich erweist, gibt es keine Zweifel, dass es bei dieser Wahl nur eine Siegerin gibt: Angela Merkel. Mit dieser Wahl hat sie den Höhepunkt ihrer Macht erreicht. Nach 13 Jahren an der Spitze der CDU und acht Jahren im Kanzleramt führt sie die Union wieder zu alter Stärke. Mehr noch, sie holt das beste Ergebnis für die Partei seit 1990, erstmals seit 1994 überspringt sie wieder die 40-Prozent-Marke.

    Die Union liegt 16 Punkte vor der SPD und ist alleine stärker als

    Bundestagswahl 2013: Die Reaktionen

    "Das ist ein Superergebnis. Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen. Feiern dürfen wir heute schon, denn wir haben's toll gemacht." (Bundeskanzlerin Angela Merkel)

    "Der Ball liegt im Spielfeld von Frau Merkel, sie muss sich eine Mehrheit besorgen." (SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück)

    "Das ist eine schwere Stunde für die FDP. Als Spitzenkandidat übernehme ich dafür Verantwortung. Das ist nicht das Ende der Partei. Es wird schwieriger, aber die Arbeit wird weitergehen." (FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle)

    "Wer hätte das 1990 gedacht, dass diese Partei die drittstärkste politische Kraft der Bundesrepublik Deutschland wird. Das haben wir geschafft." (Linke-Spitzenkandidat Gregor Gysi)

    "Das ist bitter, und wir werden uns dieser bitteren Realität gemeinsam stellen müssen." (Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin)

    "CDU und CSU haben phänomenal abgeschnitten." (CSU-Chef Horst Seehofer)

    "Es ist die bitterste, die traurigste Stunde in der Geschichte der Freien Demokratischen Partei." (FDP-Chef Philipp Rösler zum Resultat der Liberalen)

    "Ich kann nur eines sagen: Dass ich bitter enttäuscht bin von diesem Ergebnis. Das ist eine heftige Niederlage." (Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Roth)

    "Deutschland ist mit der AfD blau geworden. Wir sind aus der politischen Szene in Deutschland nicht mehr wegzudenken." (AfD-Vizechefin Frauke Petry über ihre Partei)

    "Die Deutschen wollen, dass sie vier Jahre weiter regiert. Das Ergebnis ist in erster Linie Anerkennung für die Arbeit von Angela Merkel." (CDU-Vize Armin Laschet)

    "Wir wollen derzeit nach dem Ausgang der Bundestagswahl keine Koalitionsaussagen treffen. Das wird nun zunächst in den Gremien besprochen. Wir haben uns sicherlich einen höheren Zuwachs gewünscht. Nun ist Angela Merkel gefragt." (SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles)

    "Wir hatten mehr erhofft. Das ist kein Auftrag der Wähler, um Gespräche über die Regierung zu führen. Der Ball liegt jetzt bei Angela Merkel. Sie hat die entsprechenden Gespräche zu führen." (SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann)

    "Wir haben einen klaren Auftrag der Wähler, die Regierung zu bilden. Das Ergebnis zeite, dass die Wähler wollten, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Ein Ergebnis von mehr als 40 Prozent hattee man für eine Volkspartei schon gar nicht mehr für erreichbar gehalten." (Unionsfraktionschef Volker Kauder)

    "Das Ergebnis ist zutiefst enttäuschend. Jetzt geht es nicht um Koalitionsspekulation wie etwa Schwarz-Grün. Zunächst ist eine Fehleranalyse nötig."(Grünen-Bundestagsabgeordneter Omid Nouripour)

    "Wir hätten uns deutlich mehr Schwung erhofft für Bayern" (SPD-Landesvorsitzender Florian Pronold)

    "Das ist die bitterste Stunde für die Liberalen seit vielen Jahrzehnten. Wir haben in der Öffentlichkeit nicht überzeugt. Es gibt ausreichend liberales Wählepotenzial. Das gilt es jetzt abzurufen". (FDP-Vorsitzender Nordrhein-Westfalen Christian Lindner)

    "Es gibt mehr Kommunisten in Deutschland als Liberale. Das macht mir sehr große Sorgen." (FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel)

    "Ich finde das eine beachtliche Leistung, dass man mit fünf Ministern der größten Bundestagsfraktion aller Zeiten innerhalb von vier Jahren die FDP von 14,6 auf 5 Prozent oder darunter bringt. Eine ordentliche Wahlkampfstrategie mit einem souveränen Auftreten sieht anders aus. (Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki)

    "Man wählt niemanden, der sich zum Wurm macht. Das Einzige, was die FDP noch hätte schlimmer machen können, wäre gewesen, Hundewelpen aufs Plakat zu machen mit der Aufforderung: 'Bitte, bitte, wählt uns.'" (Vorsitzender der Jungen Liberalen Lasse Becker)

    "Es gilt der alte Grundsatz, dass alle demokratischen Parteien untereinander auch gesprächsbereit sein sollten. Es ist aber klar, dass sich die politischen Positionen von Union und Grünen im Wahlkampf sehr weit auseinanderbewegt haben." (CDU-Vorstandsmitglied Annegret Kramp-Karrenbauer)

    "Ich hatte mir ein besseres Ergebnis gewünscht. Wir müssen überlegen, wie wir unsere Positionen einfacher, verständlicher und klarer an die Bürger bringen." (Piraten-Chef Bernd Schlömer)

    Die Siegerin selber bleibt in der Stunde ihres Triumphes so, wie sie immer ist: gelassen, nüchtern, bodenständig. „Ja, liebe Freunde, der Jubel zeigt, wir können uns heute alle freuen. Das ist ein super Ergebnis“, sagt Angela Merkel bei einem kurzen Auftritt im Konrad-Adenauer-Haus. Sogar ihren sonst so öffentlichkeitsscheuen Mann Joachim Sauer hat sie an diesem Abend mitgebracht, dem sie ausdrücklich für seine Unterstützung dankt („Der muss auch manches ertragen“).

    Auf die Bühne allerdings will Sauer nicht. Die überlässt er seiner Frau, der Kanzlerin, die ihre Stellvertreter Ursula von der Leyen, Thomas Strobl und Armin Laschet, Generalsekretär Hermann Gröhe und Fraktionschef Volker Kauder sowie CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt mitgebracht hat. Die Botschaft ist eindeutig: Diesen Sieg habe die Unionsfamilie gemeinsam errungen. „Es war ein Wahlkampf, in dem jeder alles Mögliche gegeben hat, was denkbar war, wir haben wirklich gekämpft“, sagt Merkel, die alleine in den letzten vier Wochen fast 60 Auftritte absolviert hat.

    Eine Große Koalition? Da will sich Merkel nicht festlegen

    Angesichts des knappen Ergebnisses und der unsicheren Mehrheitsverhältnisse bleibt die Kanzlerin vage und unverbindlich und lässt sich nicht in die Karten blicken. Sie wolle auch in den nächsten vier Jahren alles tun, „dass es erfolgreiche Jahre für Deutschland werden“. Allerdings sei es zu früh, „genau zu sagen, wie wir vorgehen“, sagt sie. Dies werde man erst am Montag in den Gremien besprechen. Dass ausgerechnet der eigene Koalitionspartner an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und damit die angestrebte Neuauflage eines schwarz-gelben Bündnisses unmöglich geworden ist, wird in der Union an diesem Abend in Feierlaune eher beiläufig zur Kenntnis genommen.

    Große Tränen werden den Liberalen im Adenauer-Haus nicht nachgeweint. Nicht wenige Christdemokraten sind sogar froh, den schwierigen Partner los zu sein. Merkel selbst „bedauert“ das Ausscheiden der FDP. „Ich hätte mir von Herzen gewünscht, dass die

    Union und FDP hätten in den vergangenen vier Jahren zusammen eine gute Arbeit geleistet, zudem habe eine liberale Partei dem Bundestag immer gutgetan. Ob es ein Fehler gewesen sei, selbst so massiv um Zweitstimmen zu werben, wird Angela Merkel am Abend gefragt. Doch sie antwortet ungerührt, jede Partei kämpfe für sich allein.

    Kommt es nun zur Großen Koalition? Merkel will sich nicht festlegen. Es gelte die Devise „Schritt für Schritt“. Oder doch Schwarz-Grün? Das lehnen Union wie Grüne kategorisch ab. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die schon an der Spitze eines Jamaika-Bündnisses mit FDP und Grünen stand, kann sich das nicht vorstellen – „inhaltlich haben sich die Grünen in letzter Zeit wieder stärker von uns wegbewegt“.

    Alle Ereignisse des Wahlabends zum Nachlesen finden Sie in unserem Liveticker.

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