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Bundestag: Geschrumpfte Opposition: Schieflage im Parlament

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Geschrumpfte Opposition: Schieflage im Parlament

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    Oppositionsführer Gregor Gysi erregt sich in seiner Abrechnung mit Angela Merkels Regierungserklärung vor allem über die „Unterwürfigkeit gegenüber den USA“, die die Kanzlerin im Umgang mit dem Ausspähskandal zeige.
    Oppositionsführer Gregor Gysi erregt sich in seiner Abrechnung mit Angela Merkels Regierungserklärung vor allem über die „Unterwürfigkeit gegenüber den USA“, die die Kanzlerin im Umgang mit dem Ausspähskandal zeige. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

    Wer den Schaden hat, braucht auch in der Politik für den Spott nicht zu sorgen. Angela Merkel, nach einem Beckenbruch noch immer an Krücken unterwegs, hat ihre Regierungserklärung diesmal ausnahmsweise im Sitzen gehalten, ehe das Rednerpult wieder hochgefahren wird für Gregor Gysi, den neuen Anführer der Opposition. Der hatte im vergangenen Jahr ebenfalls einen Skiunfall und lässt das Politische deshalb noch für einen Moment außen vor. „Wir müssen beide lernen“, frotzelt der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, der sich damals die Schulter gleich doppelt brach, „altersgerecht Sport zu treiben.“

    Merkel: "Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen"

    Berlin, Bundestag. Es ist ein ungewohnter Anblick, den die Kanzlerin dem Parlament da bietet, weil sie noch keine Stunde am Stück stehen kann – dafür aber sind Ton und Duktus ihrer Rede den meisten Abgeordneten umso vertrauter.

    Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, sagt sie, sei die Bundesrepublik mit fünf Millionen Arbeitslosen noch der kranke Mann Europas gewesen und die Soziale Marktwirtschaft fast schon ein Auslaufmodell, weil sie in der beginnenden Globalisierung plötzlich so behäbig und altmodisch wirkte. Heute dagegen gehe es dem Land so gut wie lange nicht mehr: Weniger als drei Millionen Menschen ohne Job, die geringste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa, eine Rekordzahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und bald auch noch ein ausgeglichener Haushalt.

    Trotz aller Erfolge, mahnt Angela Merkel dennoch, „dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen“. Unter anderem pocht sie auf eine weitere Regulierung der Finanzmärkte. Künftig müsse gelten: „Wer ein Risiko eingeht, der haftet auch für die Verluste.“

    Neue Legislatur mit der Regierungserklärung der Kanzlerin

    Ihr neues Kabinett ist zwar schon sechs Wochen im Amt und hat mit dem Rentengesetz von Andrea Nahles auch schon seine erste teure Reform beschlossen. Für den Bundestag jedoch beginnt die neue Legislatur im Prinzip erst mit der Regierungserklärung der Kanzlerin, und das auch noch unter erschwerten Bedingungen, weil die Große Koalition so erdrückend groß ist und die Redezeit für die Opposition entsprechend knapp bemessen.

    In der dreieinhalbstündigen Debatte können die Fraktionsoberen von Union und SPD, Thomas Oppermann, Volker Kauder und Gerda Hasselfeldt, in epischer Breite ihren Koalitionsvertrag erklären und verteidigen. Gysi und der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, müssen zusammen mit 41 Minuten auskommen, um Merkels einstündige Rede zu kontern und ihre Punkte mit pointierten Formulierungen machen.

    Der eine, Gysi, erregt sich dabei vor allem über die „Unterwürfigkeit gegenüber den USA“, die die Kanzlerin im Umgang mit dem Ausspähskandal zeige, und über den Sozialabbau, den sie mit ihrem rigiden Umgang mit den Krisenländern forciere. Für den anderen, Hofreiter, ist die Sache etwas komplizierter. Einerseits wollen die Grünen über die Länder, in denen sie regieren, die Energiewende mitgestalten, auf der anderen sollen sie natürlich der Großen Koalition im Bundestag Paroli bieten. Die, wettert Hofreiter deshalb, stelle „nicht das Klima unter Schutz, sondern die Kohle“. Gleichzeitig aber sagt er: „Wir strecken die Hand zum Konsens aus.“

    Die Große Koalition: Eine "Koalition für große Aufgaben"

    So etwas hört auch die Kanzlerin gerne, die die Dinge nur ungern im Streit klärt und die Energiewende zuvor zur „nationalen Kraftanstrengung“ erklärt hat, einer Herkulesaufgabe, von der Deutschland nur profitieren könne, wenn sie denn gelinge. Sie kenne kein Land, sagt Angela Merkel, das Vergleichbares plane, und natürlich registriere sie auch, wie viel Unverständnis und Neugier das in anderen Teilen der Welt hervorrufe. Aber wenn es jemand schaffen könne, sich in so kurzer Zeit von der Atomkraft zu verabschieden und auf erneuerbare Energien umzusteigen, „dann ist das

    Zu diesen Aufgaben zählt offenbar auch die Aufarbeitung des NSA-Skandals bei ihrem für die nächsten Monate geplanten Besuch in Washington. In keiner Passage ihrer Rede wird die Kanzlerin so deutlich wie hier. Auch wenn die transatlantische Partnerschaft für die Bundesrepublik „überragende Bedeutung“ habe und das Problem mit den amerikanischen Geheimdiensten nicht mit einer Reise von ihr gelöst werde: Ein Vorgehen, bei dem alles, was technisch machbar ist, auch gemacht werde, warnt Angela Merkel, verletze Vertrauen und säe Misstrauen. „Am Ende gibt es dann nicht mehr, sondern weniger Sicherheit.“

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