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Bundesregierung: NPD-Verbotsantrag: Nein bleibt Nein

Bundesregierung

NPD-Verbotsantrag: Nein bleibt Nein

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    Die Bundesregierung verzichtet auf einen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD.
    Die Bundesregierung verzichtet auf einen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD. Foto: Hendrik Schmidt dpa

    Es sollte ein Bild der Geschlossenheit, der Harmonie und der Eintracht sein. Gemeinsam stellten sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU und die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sonst von der Vorratsdatenspeicherung bis zum Staatsbürgerschaftsrecht gegensätzliche Positionen vertreten, am Mittwoch vor die Presse, um zu verkünden, was zu diesem Zeitpunkt längst keine Überraschung mehr war: Die Bundesregierung verzichtet darauf, einen eigenen Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen, ausländerfeindlichen und antisemitischen NPD zu stellen, wird im Gegenzug aber alles tun, um den Antrag der Länder vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu unterstützen.

    Leutheusser-Schnarrenberger verwies auf die hohen juristischen Hürden

    Das ist die NPD

    Zahlen und Fakten zur Nationaldemokratischen Partei Deutschlands:

    Die NPD ist die älteste aktive rechtsextreme Partei Deutschlands. Gegründet wurde sie 1964.

    2013 hatte die NPD rund 5400 registrierte Mitglieder.

    Vorsitzender ist seit Januar 2014 Udo Pastörs. Er gilt als rechtsextremer Hardliner und ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Volksverhetzung.

    Derzeit ist die NPD in den Landtagen von Sachsen (5,6 Prozent, 2009) und Mecklenburg-Vorpommern (6,0 Prozent, 2011) vertreten. Bei der Bundestagswahl 2013 kam die Partei auf 1,3 Prozent.

    Die Anhänger der NPD stammen nach einem Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung vor allem aus den unteren gesellschaftlichen Schichten. Die Wähler der Partei sind meist jung und männlich.

    Aus Mitteln der staatlichen Parteienfinanzierung erhielt die NPD 2012 nach einer Übersicht der Bundestagsverwaltung 1,436 Millionen Euro. 2013 stoppte der Bundestag diese Zahlungen, das Bundesverfassungsgericht bestätigte dies.

    Es ist eine Entscheidung, die sowohl Friedrich wie Leutheusser-Schnarrenberger, die in seltenem Einklang stets vor den Risiken gewarnt hatten, von Anfang an anstrebten. Friedrich selbst hatte sich erst vor kurzem darüber beklagt, dass er in den vergangenen Monaten "viel Zeit und viel Kraft" aufgebracht habe, um die Innenminister und Ministerpräsidenten der Länder von einem neuen Gang nach Karlsruhe abzuhalten. Vergebens. So sagte er am Mittwoch knapp und distanziert, die Regierung nehme den Beschluss des Bundesrats "mit Respekt" zur Kenntnis. Und fuhr fort: "Wir halten als Bundesregierung einen eigenen Antrag daneben nicht für erforderlich."

    Alle Bundesbehörden, vor allem das Bundesamt für Verfassungsschutz, von dem mehr als die Hälfte des Beweismaterials gegen die NPD stamme, werden den Ländern allerdings bei ihren Aktivitäten zur Seite stehen. Leutheusser-Schnarrenberger verwies auf die hohen juristischen Hürden und erinnerte an das Scheitern des ersten Verbotsverfahrens vor genau zehn Jahren. Es sei wichtiger, das rechtsextremistische Gedankengut engagiert zu bekämpfen.

    Rösler erweckt den Eindruck, als habe sich die FDP durchgesetzt

    Der Beschluss des Bundeskabinetts kam vor allem deshalb nicht überraschend, weil FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler schon am Montag bekannt gegeben hatte, dass seine Partei einen eigenen Verbotsantrag der Regierung ablehne. Mit dieser Äußerung, die er mit dem Satz "Dummheit kann man nicht verbieten" begründete, löste er innerhalb der Koalition erheblichen Ärger aus.

    Wie aus Unionskreisen zu hören war, hatten sich schon Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer bei ihrem Gespräch in der vorigen Woche darauf verständigt, dass die Regierung keinen eigenen Antrag stellt. Dies sollte bei einem gemeinsamen Auftritt nach der Kabinettssitzung der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden. Doch durch das Vorpreschen Röslers entstand der Eindruck, als habe die FDP in dieser Frage die Richtung vorgegeben und sich innerhalb der Koalition mit ihrer Position durchgesetzt.

    Der Zentralrat der Juden übte massive Kritik

    Nach dem Nein des Bundeskabinetts zu einem eigenen Verbotsantrag gilt es auch als wenig wahrscheinlich, dass der Bundestag vor das Bundesverfassungsgericht zieht. Zwar will die SPD-Fraktion unmittelbar nach der Osterpause Mitte April einen entsprechenden Antrag stellen, doch nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion werden ihn CDU, CSU und FDP ablehnen. "Ob der Antrag von einem Verfassungsorgan oder von mehreren Verfassungsorganen gestellt wird, ist für das Verfahren nicht erheblich", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Insofern sei es vollkommen ausreichend, wenn der Bundesrat den Gang nach Karlsruhe antrete. "Das Verfahren läuft ohnehin, da muss man sich nicht verkämpfen." Der Zentralrat der Juden übte massive Kritik an der Kabinettsentscheidung. Sie sei "enttäuschend und politisch grundfalsch", sagte Präsident Dieter Graumann. Die Regierung zögere und zaudere. "Ein Zeichen von entschlossenem und geschlossenem Vorgehen gegen den Rechtsradikalismus im Land müsste ganz anders aussehen."  

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