Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue Bundesverteidigungsministerin. Sie erhielt am Dienstag im Schloss Bellevue in Berlin ihre Ernennungsurkunde vom stellvertretenden Bundesratspräsidenten, Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD). Er vertrat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der im Urlaub ist. Die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die am Dienstag zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt wurde, erhielt von Müller ihre Entlassungsurkunde.
Annegret Kramp-Karrenbauer wird überraschend Verteidigungsministerin
Die Personalie ist ein Paukenschlag: Immer wieder hatte es geheißen, Kramp-Karrenbauer wolle nicht ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel gehen, sondern sich auf die Aufgabe als CDU-Chefin konzentrieren. „Ich habe mich bewusst entschieden, aus einem Staatsamt in ein Parteiamt zu wechseln. Es gibt in der CDU viel zu tun“, sagte die 56-Jährige erst kürzlich der Bild-Zeitung. Das war allerdings, bevor Ursula von der Leyen in Straßburg mit knapper Mehrheit gewählt wurde. In Präsidiumskreisen wurde von einem starken Signal von Kramp-Karrenbauer gesprochen. Auch in dieser Runde sei die Entscheidung für viele völlig überraschend gekommen, hieß es. Wie zu erfahren war, sind ansonsten keine Veränderungen im Bundeskabinett geplant. Die Vereidigung sei für diesen Mittwoch vorgesehen. Somit nimmt Merkel an ihrem 65. Geburtstag ihre Wunschnachfolgerin als Kanzlerin in ihre Regierungsmannschaft auf.
Merkel hatte Stunden zuvor bereits angekündigt, die wichtige Funktion könne man nicht unbesetzt lassen. „Es wird eine sehr schnelle Neubesetzung geben. Das Bundesverteidigungsministerium, der Verteidigungsminister oder die Ministerin, sind Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt. Das kann man nicht lange offen lassen“, sagte die Kanzlerin in Berlin.
Auf Kramp-Karrenbauer wartet eine schwierige Aufgabe – deren sie sich aber offenbar bewusst ist. Erst im Frühjahr hatte sie in einem Interview gesagt: „Eine der größten offenen politischen Flanken, die wir im Moment in den Debatten mit den Vereinigten Staaten haben, um zum Beispiel Strafzölle auf deutsche Autos abzuwenden, ist der Vorwurf, dass wir eine Vereinbarung, zu der wir uns verpflichtet haben, nämlich in der Nato unsere Ausgaben auf zwei Prozent zu steigern, seit Jahren nicht einhalten.“ Das wird nicht ihre einzige Baustelle sein. Mit Schlagzeilen über die Kostenexplosion der „Gorch Fock“ und der „Berateraffäre“ hat das Ministerium zuletzt Schlagzeilen gemacht. Aufreger in Berlin, aber sicher politisch eher „peanuts“. Die eigentlichen Herausforderungen für die neue Ministerin sind nach Einschätzung von Militärexperten drei Punkte: Die Modernisierung und Instandhaltung von Waffensystemen und Material mit der Neuordnung des lähmenden Beschaffungswesens. Die Personalgewinnung angesichts zunehmender Konkurrenz um Fachkräfte. Zudem die Digitalisierung der Armee. Dazu gehören die Vernetzung von Waffensystemen, die Cyberarmee sowie der technisch und moralisch herausfordernde Einsatz von Systemen Künstlicher Intelligenz.
Das Amt der Verteidigungsministerin hat für Annegret Kramp-Karrenbauer seine Tücken
Überhaupt hat das Amt einige Tücken. Trotzdem setzt man in der Union große Hoffnungen in die Rochade. „Das ist eine mutige Entscheidung“, sagte Andreas Jung, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, unserer Redaktion. „Ich traue AKK das Amt zu und wünsche ihr viel Erfolg.“ Für Kramp-Karrenbauer ist das Amt eine Chance, sicherheitspolitisch Profil zu gewinnen. Kanzleramtschef Helge Braun sagte, es sei ein starkes Signal von Kramp-Karrenbauer an die Bundeswehr, dass sie als CDU-Vorsitzende dieses traditionell schwierige Amt übernehme. Der thüringische CDU-Vorsitzende Mike Mohring hat die Entscheidung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zum Wechsel ins Verteidigungsministerium als starkes Signal begrüßt. „Ich war seit der Wahl von AKK der festen Überzeugung, dass die Parteivorsitzende der CDU dort hingehört, wo die Entscheidungen getroffen werden. Das ist der Kabinettstisch“, sagte Mike Mohring.
Es gibt in der Union schon seit langem die Forderung, Kramp-Karrenbauer solle ins Kabinett einziehen, um damit ihre Machtoptionen zu verbessern. Das Ehrenamt der Parteivorsitzenden biete keine genügend breite Bühne, um Einfluss auf die große Politik zu nehmen, hieß es. Auch Merkel hatte intern schon länger klargemacht, dass sie Kramp-Karrenbauer ins Kabinett holen werde, wenn diese das wolle.
Die frühere saarländische Ministerpräsidentin hatte erst im Dezember den CDU-Vorsitz übernommen und sich dabei gegen den früheren Unions-Fraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Spahn durchgesetzt. Verteidigungspolitisch ist die CDU-Chefin bislang kaum in Erscheinung getreten. Die in Völklingen geborene Kramp-Karrenbauer war von 2011 bis 2018 Ministerpräsidentin im Saarland und CDU-Landesvorsitzende gewesen. Zuvor war sie in diesem Bundesland schon in mehreren Ressorts Ministerin gewesen. Die CDU-Politikerin hatte nach dem Abitur Rechts- und Politikwissenschaften studiert. In die CDU trat sie 1981 ein. Kramp-Karrenbauer ist verheiratet und hat drei Kinder.
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