Gegen straffällige Jugendliche können Richter künftig auch einen sogenannten Warnschussarrest verhängen. Die von SPD und Grünen geführten Länder scheiterten am Freitag im Bundesrat mit ihrem Antrag, diese neue Möglichkeit im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens wieder aus dem Gesetz zu streichen.

Das bereits zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetz sieht vor, dass Jugendgerichte unter bestimmten Voraussetzungen neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe auch einen Jugendarrest verhängen können.

Der Arrest kann bis zu vier Wochen dauern. Er muss innerhalb von drei Monaten nach Wirksamwerden des Urteils beginnen. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Nebeneinander von Bewährungsstrafe und Arrest bislang nicht zugelassen.

Zudem wird mit dem Gesetz das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende, die wegen Mordes verurteilt werden, von 10 auf 15 Jahre heraufgesetzt. Voraussetzung ist, dass das Jugendgericht die besondere Schwere der Schuld feststellt.

U-Bahnhöfe sind gefährlich: die bekanntesten Fälle der vergangenen Jahre

Immer wieder erschüttern Berichte von Gewaltattacken auf deutschen U-Bahn-Stationen das ganze Land. Und sie scheinen kein Ende zu nehmen zu wollen. Erst am Wochenende kam es erneut zu einem tragischen Vorfall...

17. September 2011, Berlin: Ein 23-jähriger Mann und sein Begleiter werden gegen 4.50 Uhr im Berliner U-Bahnhof Kaiserdamm attackiert. Die beiden können flüchten, doch der 23-Jährige wird dabei tragischerweise von einem Auto erfasst. Der junge Mann erliegt noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen. Noch am selben Tag stellen sich ein 21- und ein 22-Jähriger bei der Polizei.  Gegen die zwei der mutmaßlichen Angreifer sind Haftbefehle erlassen worden. Nach einem dritten wird noch gefahndet.

9. Juni 2011, Hamburg: Eine 12-Jährige wird in der Hamburger U-Bahn missbraucht. Erst setzt sich der Tatverdächtige ihr gegenüber in der U-Bahn und beginnt eine Unterhaltung. Daraufhin setzt sich das Mädchen neben den Mann und dieser nimmt während des weiteren Gesprächs sexuelle Handlungen an dem Mädchen vor. Am Bahnhof Niendorf steigen beide aus. Nach dem Täter wird gesucht.

23. April 2011, Berlin: Ein betrunkener 18-jähriger Gymnasiast tritt viermal mit voller Wucht einem zufälliges Opfer gegen den Kopf. Ein couragierter 21-Jähriger aus dem Landkreis Donau-Ries greift ein und rettet damit das bereits schwer verletzte Opfer. Ein Tritt mehr und der Mann hätte tot sein können, sagen Ärzte. Der Schläger bekommt eine Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

8. Januar 2011, Berlin: Ein 30-jähriger Bettler sticht in der Berliner U-Bahn einem 43-Jährigen mit einem Messer in den Oberschenkel. Das Opfer wollte ihm keine Almosen geben. Als der Sohn des Angegriffenen seinem Vater zur Hilfe kommt, verletzt der Mann auch ihn. Der Vater muss in einer Klinik notoperiert werden.

12. November 2009, München: Ein offensichtlich alkoholisierter Mann pöbelt völlig grundlos eine Frau an der U-Bahn-Haltestelle Implerstraße in München an. Der 26-Jährige wirft der Frau eine Bierflasche an den Kopf. Daraufhin geht sie zu Boden. Vom Täter wird sie dann auch noch noch sexuell beleidigt. Mehrere Menschen am Bahnsteig beobachten den Angriff und schreiten sofort ein.

12. September 2009, München: Der 18 Jahre alte Markus S. und der 17- jährige Sebastian L. prügeln den 50-jährigen Dominik Brunner am Münchner S-Bahnhof Solln zu Tode. Brunner stellte sich schützend vor vier Kinder, denen die jungen Männer zuvor gedroht und von ihnen Geld verlangt haben. Der Fall sorgt bundesweit für großes Aufsehen. Markus S. muss wegen Mordes für neun Jahre und zehn Monate in Jugendhaft, Sebastian L. wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu sieben Jahren Haft verurteilt.

6. Juni 2008, München: Ein 69- Jährige Rentner schubst eine 13- jährige Schülerin vor eine einfahrende U-Bahn. Die junge Griechin gerät zwischen zwei Waggons und wird auf den Bahnsteig zurück geschleudert. Sie übersteht den lebensgefährlichen Angriff mit blauen Flecken. Der Mann wird als der "U-Bahn-Schubser von München" gesucht und anhand des Fotos der Überwachungskamera identifiziert. Wegen gefährlicher Körperverletzung wird der Mann zu zwei Jahren und neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

13. Februar 2008, München: Ein 65-jähriger Obdachloser greift einen Studenten mit einem Messer an. Nachdem er den Studenten bereits in der Münchner-U-Bahn beleidigt hatte, spuckt der Obdachlose beim Aussteigen den jungen Mann an. Der Student stellt den älteren Mann auf der Rolltreppe zur Rede. Statt einer Entschuldigung zückt der Obdachlose ein Klappmesser und zieht dem Studenten dieses durchs Gesicht. Wegen Mordversuchs wurde der Angreifer zu neun Jahren Haft verurteilt.

21. Dezember 2007, München: Ein 76-jähriger Rentner wird in der U-Bahn von zwei Jugendlichen überfallen. Weil er sie zuvor aufgefordert hatte, in der U-Bahn nicht zu rauchen, schlagen und treten die Jugendlichen brutal auf den Mann ein. Er wird lebensgefährlich verletzt. Wegen versuchten Mordes verhängte das Landgericht München I gegen den 18-jährigen Spyridon L. achteinhalb Jahre Jugendhaft. Der 21-jährige Serkan A. wurde zu zwölf Jahre Gefängnis verurteilt.

Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift zugeleitet. Die Ausweitung der Höchststrafe soll bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, andere Teile des Gesetzes erst später. Forderungen nach einem Warnschussarrest waren zuletzt nach brutalen Gewalttaten Jugendlicher hochgekommen, etwa nach Angriffen auf U-Bahn-Passanten.

Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Andrea Voßhoff (CDU), erklärte nach der Bundesratsentscheidung: "Junge Straftäter erfahren auf diese Weise ganz unmittelbar, was Freiheitsentziehung bedeutet. Wer diese Erfahrung einmal gemacht hat, wird eher bereit sein, die Bewährungschance ernst zu nehmen und für eine Rückkehr auf den richtigen Weg zu nutzen."

Die SPD lehnt den Warnschussarrest vor allem wegen einer rückläufigen Zahl jugendlicher Straftäter und einer hohen Rückfallquote ab.

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