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Bundesrat: Geändertes Sexualstrafrecht: Jetzt gilt "Nein heißt Nein"

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Geändertes Sexualstrafrecht: Jetzt gilt "Nein heißt Nein"

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    "Nein heißt Nein" - dieser Grundsatz gilt nun im Sexualstrafrecht.
    "Nein heißt Nein" - dieser Grundsatz gilt nun im Sexualstrafrecht. Foto: Oliver Mehlis/Archiv (dpa)

    Berlin Es ist vor allem für Frauenrechtlerinnen ein großer Erfolg: Das am Freitag vom Bundesrat gebilligte Sexualstrafrecht schreibt das Prinzip „Nein heißt Nein“ fest. Bislang konnten viele Übergriffe, die als Vergewaltigung galten, nicht geahndet werden. Das neue Gesetz kann nun bald in Kraft treten.

    Künftig kann eine sexuelle Handlung auch dann als Vergewaltigung gewertet werden, wenn sich das Opfer nicht aktiv wehrt. Wenn es durch Worte, Gesten oder etwa Weinen zum Ausdruck gebracht hat, dass es mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist, sind die Voraussetzungen für eine strafbare Handlung erfüllt.

    In dem neuen Paragrafen 177 des Strafgesetzbuchs heißt es: „Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

    Im bisherigen Vergewaltigungsparagrafen wurde für eine Strafbarkeit vorausgesetzt, dass der Täter das Opfer etwa mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zum Sex nötigt – und sich das Opfer manifest dagegen wehrt. In der Praxis hat sich diese Vorschrift als zu eng erwiesen.

    Der neu gefasste Paragraf 177 hat auch Folgen für Ausweisungsbestimmungen im Aufenthaltsgesetz. Demnach soll eine Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe je nach Höhe der Strafe dazu führen, dass das Ausweisungsinteresse „besonders schwer“ beziehungsweise „schwer“ wiegt.

    Als neuer Straftatbestand wird die sexuelle Belästigung im Paragrafen 184i des Strafgesetzbuchs eingeführt. Es richtet sich gegen die sogenannten Grapscher. Laut Gesetzesbegründung handelt demnach strafbar, „wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt“. Vorgesehen ist eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. In schweren Fällen, insbesondere wenn die Tat gemeinschaftlich begangen wird, ist ein Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen. Damit sollen Taten geahndet werden, die aus einer Gruppe heraus begangen werden. Dabei geht es insbesondere um das „Antanzen“, das oft zu Raub oder Diebstahl führt. Das Gesetz sieht hier eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor.

    Weitere Beschlüsse des Bundesrats

    Tempo 30 Vor Schulen, Kitas und Seniorenheimen soll künftig auch auf Durchgangsstraßen leichter Tempo 30 vorgeschrieben werden können – wie jetzt schon auf Nebenstraßen. Einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung stimmte der Bundesrat mit einigen Änderungen zu. Bisher muss bei Hauptachsen zunächst aufwendig nachgewiesen werden, dass es sich um einen Unfallschwerpunkt handelt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte: „Gerade schwächere Verkehrsteilnehmer wie Ältere und Kinder brauchen besonderen Schutz im Straßenverkehr.“ Außerdem sollen Radler mit Elektrorädern künftig auch Radwege nutzen können – außerorts generell, innerorts, wenn dies mit einem neuen Hinweisschild freigegeben wird. Die Regelung gilt aber nur für E-Räder, die maximal 25 Kilometer pro Stunde schnell sind.

    Pflege Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sollen künftig intensiver beraten und besser vor Pflegebetrug geschützt werden. Das sieht das dritte Pflegestärkungsgesetz vor, das in erster Lesung sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat beraten wurde. Wie die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), erläuterte, soll das Netz der Beratungsstellen ausgebaut werden. Kommunen sollen dazu für fünf Jahre die Möglichkeit erhalten, Pflegestützpunkte einzurichten. Allerdings müssten sie sich „angemessen an den entstehenden Kosten beteiligen“. In Modellvorhaben soll dies erprobt werden. Die Pflegekassen werden verpflichtet, Empfehlungen der Ausschüsse vor Ort und auf Landesebene zur besseren Versorgung aufzugreifen. Zudem soll gewährleistet werden, dass finanziell schlechter gestellte Pflegebedürftige angemessen versorgt werden. Um Abrechnungsbetrug in der Pflege konsequenter zu verhindern, erhält die gesetzliche Krankenversicherung ein systematisches Prüfrecht. Damit reagiert das Ministerium auf einen Betrugsskandal um vor allem russischstämmige Pflegedienstbetreiber.

    Arbeitsstätten Nach jahrelangem Ringen kommen auf die Unternehmen neue Regelungen über die Ausgestaltung von Arbeitsstätten zu. Der Bundesrat beschloss einen entsprechenden Verordnungsentwurf. Anfang 2015 war eine Vorlage für eine solche Verordnung nach Protesten der Arbeitgeber gestoppt worden. Konkretisiert wurden nun unter anderem Vorschriften für Fenster am Arbeitsplatz. Dauerhaft eingerichtete Arbeitsplätze und sonstige große Sozialräume müssen in der Regel Sichtverbindung nach außen haben. Viel Wirbel hatte es auch darum gegeben, dass zunächst abschließbare Kleiderschränke vorgesehen waren. Nun soll eine Kleiderablage zur Verfügung stehen, sofern keine Umkleideräume vorhanden sind – abschließbar muss die Ablage nicht sein. (afp, dpa, AZ)

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