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Bundespräsidentenwahl: Soziologin: Diskussion um Gaucks Ehe "nicht mehr zeitgemäß"

Bundespräsidentenwahl

Soziologin: Diskussion um Gaucks Ehe "nicht mehr zeitgemäß"

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    Die 50-jährige Daniela Schadt ist Leitende Politikredakteurin bei der "Nürnberger Zeitung" und seit zehn Jahren fest an der Seite des designierten Staatsoberhaupts Joachim Gauck. Der ist derzeit noch mit einer anderen Frau verheiratet - was hierzulande für Diskussionen sorgt.
    Die 50-jährige Daniela Schadt ist Leitende Politikredakteurin bei der "Nürnberger Zeitung" und seit zehn Jahren fest an der Seite des designierten Staatsoberhaupts Joachim Gauck. Der ist derzeit noch mit einer anderen Frau verheiratet - was hierzulande für Diskussionen sorgt. Foto: dpa

    Die Diskussion um die "wilde Ehe" des designierten Bundespräsidenten Joachim Gauck ist nach Ansicht einer Fachfrau keineswegs mehr zeitgemäß. "Den Begriff ,wilde Ehe' kann man heute nur noch in Anführungszeichen gebrauchen, weil er so veraltet ist", sagte die Soziologin und Geschlechterforscherin Nina Degele von der Universität Freiburg im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Gauck lebt seit zwölf Jahren mit der Journalistin Daniela Schadt zusammen, ist aber derzeit noch mit einer anderen Frau verheiratet. Dies hatte in der Öffentlichkeit für große Diskussionen gesorgt.

    "Sich jetzt scheiden zu lassen und Frau Schadt zu heiraten, wäre ein Rückschritt"

    "Wenn er sich jetzt davon beeindrucken lässt und sagt ,Okay, ich lasse mich scheiden und heirate die Frau Schadt', dann fände ich das einen Rückschritt", sagte Professorin Degele, die auch Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie ist. "Das wäre eine Verbeugung vor den Reaktionären, die Familien- und Lebensverhältnisse wiederhergestellt haben möchten, die absolut nicht mehr zeitgemäß sind."

    Das Leben der Daniela Schadt

    Damiela Schadt wurde am 3. Januar 1960 in Hanau geboren.

    Schadt legte 1978 an der Karl-Rehbein-Schule in Hanau das Abitur ab und studierte im Anschluss in Frankfurt am Main Germanistik, Politik und französische Literatur.

    1985 kam sie als Redakteurin zur Nürnberger Zeitung, wo sie derzeit Ressortleiterin der Innenpolitik ist.

    Bei einem seiner Vorträge in Nürnberg lernte sie Joachim Gauck, damals Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, kennen.

    Seit 2000 führen Schadt und Gauck eine Beziehung; auf dem Papier besteht allerdings noch Gaucks Ehe mit seiner Frau Gerhild.

    Ehrenamtlich nimmt sie im Nürnberger Presseclub die Aufgabe der Beisitzerin im Vorstand wahr.

    Die Hessin ist ein sportbegeisterter Fußballfan. Selbst spielte sie früher Volleyball.

    Schadt sagt von sich, sie sei bodenständig und könne gut Fisch in Weißweinsoße mit Zwiebeln und Tomaten zubereiten.

    Etikette spielt in der Öffentlichkeit eine Rolle

    Etikette spiele in der Öffentlichkeit aber trotzdem noch eine gewichtige Rolle, sagte Degele. Mit Gaucks "wilder Ehe" sei die Toleranzgrenze nun möglicherweise erreicht. "Ich kann mir vorstellen, dass sich Gauck jetzt nicht noch irgendwas ,Lotterliches' erlauben darf." Nach Ansicht der Expertin geht der Trend aber auch in öffentlichen Ämtern hin zu alternativen Beziehungsmodellen.

    "Es wird ganz eindeutig vielfältiger", sagte Gesellschaftsforscherin Degele. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff etwa lebe mit seiner Frau Bettina in einer Patchwork-Familie. Als Beispiele nannte die Soziologin auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), die beide einen männlichen Partner haben.

    Liberalität hat Grenzen

    Diese Liberalität habe aber auch Grenzen. "Zweifelhaft finde ich die Selbstverständlichkeit, mit der erwartet wird, dass Frau Schadt ihren Beruf aufgibt." Für die Soziologin ist dies das "eigentlich Rückschrittliche" an der Diskussion. "Bei Angela Merkel wäre niemand auf die Idee gekommen, von ihrem Mann zu erwarten, dass er sein Professorenamt aufgibt."

    "Fände es unglaublich stark, wenn Schadt sich ihren repräsentativen Aufgaben entziehen könnte"

    Dass sich die künftige "First Lady" der Bundesrepublik ihren repräsentativen Aufgaben weitgehend entziehen könne, hält Degele für schwierig, aber möglich. "Da müsste sie sehr viel Selbstbewusstsein an den Tag legen und würde von der Öffentlichkeit vermutlich auch einiges an Prügel einstecken", sagte die Fachfrau. "Aber wenn sie so ein Zeichen setzen würde, fände ich das unglaublich stark."  dpa, AZ

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