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Bundespräsident mahnt Kanzlerin: Schuldenkrise: Gauck fordert klare Worte von Merkel

Bundespräsident mahnt Kanzlerin

Schuldenkrise: Gauck fordert klare Worte von Merkel

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    Mit deutlichen Worten hat Bundespräsident Gauck Kanzlerin Merkel gemahnt, die Maßnahmen zur Euro-Rettung den Bürgern zu erklären. Foto: Hannibal/ Archiv dpa
    Mit deutlichen Worten hat Bundespräsident Gauck Kanzlerin Merkel gemahnt, die Maßnahmen zur Euro-Rettung den Bürgern zu erklären. Foto: Hannibal/ Archiv dpa

    Bundespräsident Joachim Gauck findet sowohl kritische als auch lobende Worte für die Euro-Politik Angela Merkels. Im ZDF-Sommerinterview, das am Sonntagabend ausgestrahlt wurde, forderte er die Bundeskanzlerin auf, politische Entscheidungen zu wirtschaftlichen Themen wie der Schuldenkrise besser zu erklären.

    Gauck: Merkel hat die Verpflichtung, ins Detail zu gehen

    Wörtlich sagte der Bundespräsident an die Adresse der CDU-Chefin: „Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch.“ Für ihn selbst bestehe diese Verpflichtung nicht. „Ich bin auch keine Ersatzregierung. Wenn es bei der Regierung schiefgeht, kann die Bevölkerung nicht vom Bundespräsidenten erwarten, dass er es dann richtet“, fügte der 72-Jährige hinzu.

    Gauck ließ jedoch trotz aller Kritik an Merkels Kommunikationsverhalten Verständnis für die schwierige Lage der Kanzlerin in der europäischen Schuldenkrise durchblicken. Manchmal sei es mühsam zu erklären, worum es geht. „Manchmal fehlt die Energie, der Bevölkerung sehr offen zu sagen, was geschieht eigentlich im Moment.“ In derart schwierigen Situationen bot der Bundespräsident der Kanzlerin Unterstützung an.

    In dem Interview, das einen nachdenklichen, emotionalen und humorvollen Bundespräsidenten zeigt, bemüht sich Gauck, dem Eindruck entgegenzuwirken, es bestehe ein Konkurrenzverhältnis zwischen ihm und Merkel. So sagte er betont lobend über die Kanzlerin: „Ich könnte nicht, was sie kann und was sie gerade leistet.“

    Joachim Gauck zeigt sich selbstkritisch

    Zitate von Joachim Gauck

    "Unsäglich albern" (16.10. 2011, zur Finanzmarkt-Debatte)

    "Das wird schnell verebben." (16.10.2011, zur internationalen Protestbewegung "Occupy")

    "Wir träumten vom Paradies und wachten auf in Nordrhein-Westfalen." (24.06.2010, über die Ernüchterung vieler Ostdeutscher über das Leben im wiedervereinigten Deutschland)

    "Ich würde in der Tradition all derjenigen Bundespräsidenten stehen, die sich gehütet haben, die Politik der Bundesregierungen zu zensieren. Mancher wünscht sich ja einen Bundespräsidenten wie einen Kaiser, als letzte Instanz über allem - das darf er nicht sein." (25.6.2010, bei seinem ersten Anlauf zur Präsidentschaft im Fernsehsender n-tv über sein Amtsverständnis.)

    "Es schwächt die Schwachen, wenn wir nichts mehr von ihnen erwarten." (3.10.2010 bei einer Feierstunde im Berliner Abgeordnetenhaus zum Einheits-Jubiläum)

    "Denn als Bürger der DDR haben ich und viele andere Menschen im ganzen Osten Europas Ohnmacht erlebt und trotz Ohnmacht Ähnliches geschafft: Es gibt ein wahres Leben im falschen.". (10.10.2010 bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den israelischen Schriftsteller David Grossmann)

    «Verantwortung ist dem Untertan meistens fremd. Was er am besten kann, ist Angst haben.» (1999 über Furcht vor der Freiheit bei Menschen in Ostdeutschland)

    "Wir sind nicht dazu da, vor dem Verbrechen zu kapitulieren und vor dem Unheil zu flüchten." (29.11.2010, vor der Entgegennahme des Geschwister-Scholl-Preises)

    „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik.“ (2011 über Thilo Sarrazin und sein Buch über Migrationspolitik.

    «Es schwächt die Schwachen, wenn wir nichts mehr von ihnen erwarten.» (3.10.2010 bei einer Feierstunde zum Einheits-Jubiläum)

    "Wir dürfen uns von den Fanatikern und Mördern nicht unser Lebensprinzip diktieren lassen." (27.7.2011, bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten aus Sicherheitsaspekten als Reaktion auf Terror)

    "Geben Sie mir einfach noch ein wenig Zeit." (17.2.2012, auf die Frage eines Reporters, ob er bereit für eine Kandidatur als Bundespräsident sei)

    In diesem Zusammenhang passt auch die Antwort Gaucks auf die Frage, ob er glaube, dass es die Kanzlerin nach wie vor irritiere, mit einem Bundespräsidenten zusammenarbeiten zu müssen, den andere Parteien durchgesetzt haben: „In Gegenwart all ihrer Kabinettskolleginnen und -kollegen hat sie eine Form gefunden, ihr Vertrauen zu mir auszudrücken, das mich und alle doch sehr bewegt hat.“ Gauck spielt auf ein Abendessen mit Merkel und anderen Regierungsmitgliedern an.

    In dem Gespräch mit dem ZDF übte der Bundespräsident auch Selbstkritik am eigenen Auftreten in der Schuldenkrise. Zu seinen früheren Äußerungen, er habe keine Bedenken wegen der Verfassungsmäßigkeit des deutschen Euro-Rettungskurses, sagte er: „Das war eine Spontanreaktion. Da hätte mehr Zurückhaltung mir gut gestanden.“

    Joachim Gauck: Verständnis für Beschlüsse des EU-Gipfels

    Gleichzeitig äußerte Gauck Verständnis für die rechtlichen Schritte gegen die deutsche Euro-Politik und die Beschlüsse des EU-Gipfels: „Die Kläger haben alles Recht, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen.“ Zu den Eilanträgen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den dauerhaften Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt merkte er an: „Ich bin eigentlich froh darüber, dass dieser Weg beschritten wird.“

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