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Bundespräsident: Merkel will nicht über Wulff-Nachfolger diskutieren

Bundespräsident

Merkel will nicht über Wulff-Nachfolger diskutieren

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    Nächste Runde in der Mailbox-Affäre um Bundespräsident Christian Wulff: Wulffs Anwalt widersprach nun der "Bild". Die hatte behauptet, Wulff habe einen Artikel verhindern und nicht verschieben wollen.
    Nächste Runde in der Mailbox-Affäre um Bundespräsident Christian Wulff: Wulffs Anwalt widersprach nun der "Bild". Die hatte behauptet, Wulff habe einen Artikel verhindern und nicht verschieben wollen. Foto: dpa

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)  will nicht auf das Angebot der Opposition eingehen, . Merkel  sehe keinen Anlass, sich "über einen möglichen Rücktritt des  Bundespräsidenten  und eine mögliche Nachfolge Gedanken zu machen",  sagte ihr Sprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Der Streit  zwischen Wulff und der "Bild"-Zeitung ging derweil weiter.

    Trotz der Ablehnung aus dem Regierungslager bekräftigte  SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles das Angebot für eine  überparteiliche Kandidatensuche. Ein gemeinsamer Kandidat könne  dabei durchaus auch CDU-Mitglied sein, sagte Nahles in Berlin. Sie  warf Merkel vor, nur deswegen an Wulff festzuhalten, um ihre  "morsche Regierungszusammenarbeit mit der FDP am Leben zu erhalten".

    Chronologie der Affäre Wulff

    25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.

    18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.

    12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.

    13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.

    14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.

    15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.

    19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.

    20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.

    22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.

    2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.

    4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.

    19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.

    16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.

    17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.

    18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.

    29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.

    9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.

    9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

    9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.

    12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.

    14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.

    9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.

    19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.

    27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)

    SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Wochenende eine gemeinsame  Kandidatensuche angeboten. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth sprach  sich für ein solches Vorgehen aus, um dem Amt wieder "moralische  Autorität" zu geben. Linken-Chefin Gesine Lötzsch wertete Gabriels  Vorschlag als Vorbote einer neuen großen Koalition in Berlin. Sie  glaube, dass durch das Angebot der SPD "schon die Richtung  angezeigt ist, was die

    Merkel ließ durch ihren Sprecher Seibert klarstellen, dass sie  die Nachfolgedebatte für überflüssig hält. Seibert dementierte  zudem erneut, dass es eine Absprache der drei Koalitionspartner  über das Vorgehen bei einem Rücktritt Wulffs  gebe. Er dementierte  aber nicht, dass zu diesem Thema Beratungen stattgefunden hätten.

    Merkel kommt zu Wulffs Neujahrsempfang auf Schloss Bellevue

    Wütender Wulff: Wegen diesen Fragen rief er bei "Bild" an

    Warum haben Sie dem Landtag verschwiegen, dass eine "geschäftliche Beziehung" zwischen Ihnen und der mit Egon Geerkens in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau Edith durch einen im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag über 500 000 Euro besteht?

    Teilen Sie die Auffassung, dass Sie den Landtag in diesem Zusammenhang bewusst getäuscht haben?

    Wie haben Sie die 500 000 Euro erhalten? Per Überweisung aus Deutschland, der Schweiz, der USA - oder bar? Oder auf welche andere Weise?

    Warum haben Sie den im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag wenige Wochen nach der parlamentarischen Anfrage gekündigt und durch einen Darlehensvertrag mit der BW-Bank abgelöst - obwohl der Darlehensvertrag noch bis November 2013 lief?

    Wann und in welcher Form haben Sie das Darlehen zurückgezahlt?

    Gab es vor dem Jahr 2000 geschäftliche Beziehungen zwischen Ihnen, dem CDU-Kreisverband Osnabrück, dem CDU-Landesverband Niedersachsen bzw. dem Land Niedersachsen und Herrn Egon Geerkens oder irgendeiner Firma, an der Herr Geerkens und/oder Frau Geerkens als Gesellschafter beteiligt waren?

    Merkel selbst werde am Donnerstag an Wulffs Neujahrsempfang im  Schloss Bellevue teilnehmen, sagte Seibert. Sie freue sich "auf das  Wiedersehen mit dem Bundespräsidenten bei dieser Gelegenheit".

    Wulffs Anwalt Gernot Lehr widersprach derweil Angaben der  "Bild"-Zeitung über den Inhalt der telefonischen Intervention des  Bundespräsidenten bei Chefredakteur Kai Diekmann Mitte Dezember.  Der Präsident habe mit dem Anruf den Bericht über seinen privaten  Hauskredit keineswegs verhindern wollen, sagte Lehr im  Deutschlandfunk. "Er hat versucht zu verschieben."

    Die " Bild" sieht in dem Anruf dagegen den Versuch, die kritische  Berichterstattung zu unterbinden. Vizechefredakteur Nikolaus Blome  bekräftigte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch": Der  Bundespräsident habe vielleicht das Verschieben als "Etappe"  gesehen, das Verhindern sei aber eindeutig das "Ziel" gewesen.

    Bild kann Anruf veröffentlichen

    Zitate: Kanzlerin Merkel über Bundespräsident Wulff

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich immer wieder lobend über die politische Arbeit von Bundespräsident Christian Wulff geäußert - auch nach Beginn der Affäre um dessen umstrittenen Kredit.

    «Christian Wulff ist jemand, der auf die Menschen zugehen wird, der auch schwierige Situationen für unser Land erklären wird, der aus meiner Sicht genau der Richtige ist, um in dieser Zeit Bundespräsident zu sein. Und deshalb freue ich mich von ganzem Herzen.» (Merkel am 30.06.2010 nach der Wahl Christian Wulffs zum Bundespräsidenten)

    «Die Bundeskanzlerin hat volles Vertrauen in die Person und die Amtsführung von Christian Wulff.» (Regierungssprecher Steffen Seibert am 14.12.2011, einen Tag nachdem die «Bild»-Zeitung erstmals über den Hauskredit berichtet hatte)

    «Ich glaube, dass das eine wichtige Erklärung war.» (Merkel am 15.12.2011 nach einer schriftlichen Stellungnahme Wulffs)

    «Es hat sich nichts daran geändert, dass die Bundeskanzlerin volles Vertrauen in die Person Christian Wulff und in die Amtsführung des Bundespräsidenten hat. Er ist ein guter und anerkannter Bundespräsident.» (Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am 19.12.2011)

    «Der Bundespräsident macht eine hervorragende Arbeit, und das, was im Raume steht, wird von ihm persönlich aufgeklärt.» (Merkel am 19.12.2011 bei einem Besuch der Bundeswehrsoldaten im Kosovo)

    Wulff genieße weiter Merkels «vollstes Vertrauen». Die Kanzlerin und Wulff stünden «in sehr regelmäßigem und intensivem Kontakt zu einer Vielzahl von Fragen». (Regierungssprecher Seibert am 20.12.2011)

    «Die Worte des Bundespräsidenten stehen für sich. Ihnen ist nichts hinzuzufügen.» (Regierungssprecher Seibert am 22.12.2011 nach der ersten persönlichen Erklärung von Wulff)

    «Deshalb hat die Bundeskanzlerin jetzt auch nicht jeden Tag zu kommentieren, was der Bundespräsident tut oder nicht tut oder tun sollte.» (Vize-Regierungssprecher Streiter am 4.1.2012 unter Hinweis, dass der Präsident ein Verfassungsorgan ist)

    Lehr stellte der "Bild"-Zeitung frei, den auf Diekmanns Mailbox  eingegangenen Anruf des Präsidenten zu veröffentlichen. Das  Präsidialamt habe der Veröffentlichung zwar widersprochen, aber  wenn die "Bild" ihn veröffentlichen wolle, "dann mag sie es tun",  sagte Lehr. Es sei "nicht richtig, dass hier eine große Angst  besteht vor einer Veröffentlichung, aber es ist Angelegenheit der  'Bild'-Zeitung, diesen Tabubruch zu begehen." Teile der Abschrift  wurden bereits in mehreren Medien veröffentlicht.

    Der Bundespräsident steht wegen der Finanzierung seines  Privathauses bei Hannover in der Kritik. Wulff geriet zusätzlich  unter Druck, als sein Anruf bei "Bild" bekannt wurde und die "Bild"  öffentlich Wulffs Aussage widersprach, es sei dabei nur um eine  Verschiebung gegangen.

    Trotz der Auseinandersetzung ihres Mannes mit der "Bild"-Zeitung scheint Bettina Wulff   keine Berührungsängste mit dem Springer-Konzern zu haben. Am Montag war sie Gast beim Neujahrsempfang des zu Springer gehörenden "Hamburger Abendblatts". Sie mischte sich unter die rund 1000 Gäste in AZ, dpa, afp

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