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Bundespräsident: Gauck-Nachfolge: Politischer Kampf oder Konsens?

Bundespräsident

Gauck-Nachfolge: Politischer Kampf oder Konsens?

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    Es dringt wenig nach außen, die Gespräche über die Nachfolge von Bundespräsident Gauck haben längst begonnen.
    Es dringt wenig nach außen, die Gespräche über die Nachfolge von Bundespräsident Gauck haben längst begonnen. Foto: Olivier Hoslet, epa (Archiv)

    Noch zwölf Monate bis zur Bundestagswahl, kaum noch fünf Monate bis zur Kür eines neuen Bundespräsidenten. Kein Wunder, dass das eine vom anderen weder gedanklich noch strategisch getrennt werden kann. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wusste genau, warum sie sich eine zweite Amtszeit von Joachim Gauck gewünscht hätte. Aber der wollte nicht, mit Hinweis auf sein Alter. Gauck wird im Januar 77 Jahre alt. Also noch eine Baustelle in diesen aufgeregten Zeiten.

    Unmittelbar nach Gaucks Verzicht im Juni nahm das Kandidaten-Karussell für kurze Zeit Fahrt auf - aber immerhin gelang es Merkel und den anderen Parteispitzen, das Thema wieder einzufangen. Brexit, EU-Krise, Türkei-Putsch, Flüchtlingsdramen, es gab genug zu tun. Nun aber drängt die Zeit, bis Weihnachten spätestens soll Klarheit herrschen. Ja, eine Frau soll es sein, muss aber nicht. Ein parteiübergreifender Kandidat, der Zusammenhalt verkörpert, wäre nicht schlecht.

    "Es sollte versucht werden, einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu finden, der auf breite Unterstützung zählen kann", sagt Merkel. Union, SPD und Grüne gemeinsam, das wäre ihr am liebsten. Aber wenn sich niemand findet? Merkel hatte bei der Kandidatensuche für das höchste Staatsamt in der Vergangenheit nicht immer eine glückliche Hand, siehe die vorzeitigen Rücktritte von Horst Köhler und Christian Wulff.

    Nachfolge Gaucks: Viele Namen fallen

    SPD-Chef Sigmar Gabriel hat hinter den Kulissen schon vor Wochen begonnen, mit den Chefs der anderen Parteien zu sondieren. Die Sozialdemokraten sehen allerdings erst mal die Kanzlerin am Zug. In der Zwischenzeit loten sie aus, ob auch ein Kandidat mit einer Mehrheit jenseits der Union rechnen könnte. Einige Genossen haben viel Sympathie für einen rot-rot-grünen Kandidaten. Und auch in der Linkspartei und bei den Grünen hat diese Variante Anhänger. 

    Natürlich wird jetzt auch über Namen gesprochen, aber Neuigkeiten gibt es kaum. Eine unvollständige Liste immer wieder erwähnter möglicher Anwärter: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier, CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt, der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani.

    Und einige mehr: Zuletzt wurde auch die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) genannt. Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU), auch ein Spekulationskandidat, wolle dagegen lieber in Wiesbaden bleiben, heißt es.

    Signalwirkung ist so oder so unvermeidlich. Nicht erst, seit Gustav Heinemann (SPD) nach seiner Wahl 1969 von einem "Stück Machtwechsel" sprach, und wenige Monate später die erste SPD-FDP-Koalition im Amt war, geht es bei jeder Bundespräsidenten-Wahl auch um die nächste Regierung. 

    Ein schwarz-grüner Kandidat (Kretschmann, Kramp-Karrenbauer) wäre in diesem Sinne ebenso ein Signal wie ein gemeinsamer schwarz-roter (Lammert, aber der will angeblich nicht), oder ein rot-rot-grüner (Kermani wird es wohl nicht). Wer gar kein Signal will, der muss alleine in die Schlacht ziehen.

    Grüne und Linke nicht mit eigenem Kandidaten vorpreschen

    Vieles spricht dafür, dass es auf eine solche Kampfabstimmung hinausläuft, was kein Schaden sein muss. Gauck selbst hält das nicht für tragisch. Ein Nachfolger werde "im Konsens oder im demokratischen Dissens" bestimmt, sagte er. Im dritten Wahlgang genügt in der Bundesversammlung die einfache Mehrheit, kleine Parteien könnten den Ausschlag geben.

    Nach den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin steht die Zusammensetzung der Bundesversammlung, die am 12. Februar das neue Staatsoberhaupt wählt, weitgehend fest. Nach Angaben von "wahlrecht.de" würden CDU und CSU 542 bis 543 der 1260 Mitglieder stellen, die SPD 386 bis 388, die Grünen zwischen 145 und 146 und die FDP 33. Die Linken dürften 94 Delegierte entsenden, die Piraten 12 und die AfD 35. Die Freien Wähler haben demnach 10 Stimmen, der SSW eine.

    Die Union ist am dichtesten an der Mehrheit dran, aber Rot-Rot-Grün könnte auf 625 Stimmen kommen, nach derzeitigem Stand nur 6 Stimmen weniger als die absolute Mehrheit von 631. Die Piraten haben bereits ihre Bereitschaft bekundet, in diesem Fall auszuhelfen. Die Freien Wähler haben ihren eigenen Kandidaten aufgestellt, den TV-Richter Alexander Hold. Die AfD schickt Albrecht Glaser ins Rennen.

    Grüne und Linke wollen derzeit nicht mit einem eigenen Kandidaten vorpreschen. Für Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch ist die spannende Frage derzeit, "ob die SPD den Mut zu einem eigenen Kandidaten hat". Wenn dieser von Grünen und Linken mitgetragen werden könne, dann werde er auch gewählt. Andererseits: Ein gemeinsamer Kandidat von SPD, Grünen und Linken sei "keine zwingende Voraussetzung für ein eventuelles Mitte-Links-Bündnis im Bund". Thomas Lanig, dpa

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