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Bundesparteitag: Wofür die AfD wirklich steht

Bundesparteitag

Wofür die AfD wirklich steht

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    Wogegen die AfD ist, lässt sich schnell herausfinden. Am Wochenende geht es aber auch darum, wofür die Partei steht.
    Wogegen die AfD ist, lässt sich schnell herausfinden. Am Wochenende geht es aber auch darum, wofür die Partei steht. Foto: imago

    Den Bau neuer Minarette will sie verbieten, die Burka sowieso und den Ruf des Muezzins, der die Gläubigen zum Gebet auffordert, auch: Im Entwurf für ihr Parteiprogramm handelt die Alternative für Deutschland den Umgang mit dem Islam zwar vergleichsweise kurz ab, auf nicht einmal drei Seiten – die Diktion des Textes allerdings ist unmissverständlich.

    „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, heißt es dort. „In seiner Ausbreitung und in der Präsenz einer ständig wachsenden Zahl von Muslimen sieht die AfD eine große Herausforderung.“ Wie weit rechts die Rechtspopulisten tatsächlich stehen, müssen ihre Mitglieder am Wochenende beim Parteitag in Stuttgart klären.

    Liste der Änderungswünsche der AfD-Basis ist lang

    Auf mehr als 1400 Seiten hat die Antragskommission dafür die Änderungswünsche der Basis zusammengetragen. Sie reichen von der Forderung, den Bau neuer Moscheen in Deutschland generell zu verbieten, über die nach einem liberaleren Waffenrecht und dem Abschaffen aller Lehrstühle, die sich mit dem Islam beschäftigen, bis zum Verbot von Abtreibungen ohne medizinischen Grund und dem Austritt Deutschlands aus der Nato.

    Ein Antrag aus Sachsen-Anhalt will gar verhindern, dass die AfD sich als „weltoffen“ bezeichnet. Was davon am Ende alles Beschlusslage wird, ist völlig offen – so oder so aber wird die Entscheidung über das Parteiprogramm auch eine Richtungsentscheidung sein und im ungünstigsten Fall auch noch ein Misstrauensvotum gegen die Vorsitzende.

    Seit der Aufregung über ihr Schießbefehl-Interview argumentiert Frauke Petry erkennbar vorsichtiger, sie will die AfD offenbar nicht zu sehr ins Extreme treiben lassen, sondern die Partei zwar rechts von der Union, aber noch im bürgerlichen Lager halten. Mit den jüngsten Wahlerfolgen jedoch haben auch Männer wie der thüringische Landesvorsitzende Björn Höcke oder der AfD-Chef von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, an Einfluss gewonnen, die deutlich nationalistischere und radikalere Töne anschlagen.

    Petry ist in der AfD umstritten

    Sollte dieses Lager sich am Ende durchsetzen, hat Parteichefin Petry jetzt in einem Interview mit dem Stern angedeutet, könnte die AfD irgendwann nicht mehr ihre Partei sein – allerdings nicht schon jetzt, nach einem möglichen Rechtsruck in Stuttgart. „Das werde ich davon abhängig machen, wo die Partei in einigen Jahren steht.“

    Nach der erzwungenen Trennung von ihrem Gründungsvater Bernd Lucke und dessen Anhängern im vergangenen Jahr schälen sich die neuen Machtstrukturen in der AfD allmählich heraus. Die 40-jährige Frauke Petry ist nach dem Putsch gegen Lucke noch immer das bekannteste Gesicht der Partei, eine telegene Vermarkterin ihrer selbst, eloquent und souverän, intern aber höchst umstritten – persönlich wie politisch.

    Als sie vor kurzem über mögliche Koalitionen mit der Union zu spekulieren begann, grätschten ihr Mit-Vorsitzender Jörg Meuthen und Parteivize Alexander Gauland sofort dazwischen. Dafür sei die AfD noch zu klein und zu jung, konterte Gauland in der Frankfurter Allgemeinen und gestand offen, dass er viel lieber opponiert als regiert. „Ich will die Verantwortung jetzt nicht.“ Das sind die führenden Köpfe der AfD

    Dass im Vorfeld des Parteitages nur noch über das Verhältnis der AfD zum Islam diskutiert wird, haben Gauland und die Berliner Landesvorsitzende Beatrix von Storch mit provokanten Interviews so erzwungen. „Der Islam an sich ist eine politische Religion, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“, kritisierte die 44-jährige, die auch stellvertretende Parteivorsitzende ist.

    Gauland: Islam ist "Fremdkörper in Deutschland"

    Kollege Gauland nannte den Islam einen „Fremdkörper in Deutschland“ und dachte dabei nicht nur an die Flüchtlingskrise oder den Terror im Namen Allahs, sondern offenbar auch an den Speiseplan deutscher Schulkantinen: „Es kann nicht sein, dass es bei Schulspeisungen kein Schweinefleisch mehr geben wird, weil es so für einige Schüler besser ist.“

    Sogar Meuthen, sonst von eher zurückhaltendem Naturell, schlägt neuerdings schärfere Töne an, spricht von schleichender Islamisierung und von seinen Enkeln, die noch das Geläut der Kirchenglocken hören sollten und nicht den Ruf des Muezzins. Auch er, heißt es, sei auf Distanz zu seiner Mit-Vorsitzenden Petry gegangen und strebe mit dem Wahlerfolg in Baden-Württemberg im Rücken nun selbst nach mehr Macht.

    Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl steht die Partei in Stuttgart damit vor einer Zäsur, wieder einmal. Die AfD werde sich entscheiden müssen, wo sie jetzt hin wolle, warnt ihre Vorsitzende. „Will sie eine konservativ-liberale oder eine nationalkonservativ-soziale Partei sein?“

    Exemplarisch dafür steht, unter anderem, der Streit um den Mindestlohn, den weite Teile der Partei befürworten, die beiden Vorsitzenden aber ablehnen. Auch für Frauke Petry selbst steht in Stuttgart viel auf dem Spiel. Damit sie ihre Partei tatsächlich als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl führen kann, müssen Programm und Person auch zusammenpassen.

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