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Bundesfreiwilligendienst: Mehr Bewerber als Stellen in der Region

Bundesfreiwilligendienst

Mehr Bewerber als Stellen in der Region

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    Der Bundesfreiwilligendienst ist gut angelaufen. Die jungen Menschen engagieren sich beispielsweise in Altenheimen.
    Der Bundesfreiwilligendienst ist gut angelaufen. Die jungen Menschen engagieren sich beispielsweise in Altenheimen. Foto: dpa

    So ganz kann Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes, die Meinung von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder  nicht nachvollziehen. Die Ministerin hält den im Juli 2011 eingeführten Bundesfreiwilligendienst (BFD) für einen vollen Erfolg: "Alle, die sich so sicher waren, dass der BFD  scheitern wird, haben gnadenlos unterschätzt, dass viele Menschen gerne bereit sind, einfach etwas für andere und damit auch für sich selbst zu tun“, sagte sie in einem Gespräch mit der Zeitung Die Welt.

    Immer wieder müssen Bufdi-Bewerber abgewiesen werden

    Stärk sieht das nicht ganz so positiv, obwohl er über mangelndes Engagement  in der Tat nicht klagen kann. Er hat andere Probleme. Wenn Stärk wieder einen Bewerber abweisen muss, der sich bei ihm für den Bundesfreiwilligendienst bewirbt, dann fällt es ihm schwer, die Euphorie von Familienministerin Christina Schröder nachzuvollziehen. 675 junge Menschen leisten in Bayern beim Roten Kreuz den freiwilligen Dienst, früher waren es 1700 Zivildienstleistende.

    "Mehr dürfen wir nicht einstellen", klagt Stärk. Das lässt der Bundeshaushalt nicht zu. Genau in diesem Punkt sieht er auch das große Problem des Konzeptes. "Wir könnten definitiv mehr Helfer brauchen. Aber wir müssen die jungen Menschen wieder wegschicken."  Er hätte sich gewünscht, dass der Bundesfreiwilligendienst ein gleichwertiger Ersatz für den Zivildienst ist. "Das ist aber leider nicht der Fall", sagt Stärk.

    Nach dem Wegfall des Zivildienstes müssen sich die sozialen Einrichtungen umstellen

    Laut Familienministerium gibt es derzeit 33.822 sogenannte Bufdis. In Bayern sind es 3021 junge Menschen und im Landkreis Augsburg sind 115 Personen für den BFD im Einsatz. Allein für die Diözese Augsburg arbeiten 95 Freiwillige. Sie helfen in Behinderteneinrichtungen, in Kinder- oder Altenheimen. Über ein Überangebot kann Sigrid Gleich, die bei der Caritas den Fachbereich Bundesfreiwilligendienst betreut, im Vergleich zu Leonhard Stärk aber nicht klagen. "Wir sind mit dem Interesse sehr zufrieden, haben aber auch noch ein paar freie Stellen." Mit einer derart großen Nachfrage hatte sie nicht gerechnet. In diesem Punkt, dass das Engagement der jungen Menschen unterschätzt worden sei, ist sie mit Kristina Schröder einer Meinung. Aber auch sie kritisiert, dass durch den Wegfall der Zivildienstleistenden, deren Zahlen die der Bufdis weit überschritten hätten, sich viele soziale Einrichtungen hätten umstellen müssen.

    Dass es zu wenige Stellen gibt, ist nicht die einzige Kritik, der der Bundesfreiwilligendienst  in den vergangenen Wochen ausgesetzt war. Anfang März hatte der Plan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, den Bundesfreiwilligendienst zu besteuern, eine Welle der Empörung ausgelöst.  Schröder beschwichtigte, man befinde sich in einer "ganz normalen Ressortabstimmung". Es bestehe kein Grund zur Aufregung: "Das Ganze  betrifft die allermeisten Freiwilligen überhaupt gar nicht."

    Bufdi als vierter oder fünfter Arbeitsmarkt?

    Ute Kumpf, Sprecherin der Arbeitsgruppe Bürgerschaftliches Engagement der SPD-Bundestagsfraktion, sieht das ein wenig anders. Sie entgegnete in der Welt,  eine solche Steuer sei ein "vollkommen falsches Signal", denn die Abgaben empfänden "die, die sich engagieren, als Bestrafung. Das lähmt  Engagement, anstatt es zu fördern". Kumpf sorgt sich zudem um die Arbeitsmarktneutralität. Sie habe von Fällen gehört, bei denen Erwerbslose von der Arbeitsagentur zur Aufnahme  einer Bufdi-Tätigkeit aufgefordert wurden, erzählte sie. "Der BFD könnte so zu  einem vierten oder fünften Arbeitsmarkt werden." Die Familienministerin entgegnete, auch Langzeitarbeitslose, die sich im BFD engagieren wollten, würden weiter als  Arbeitssuchende geführt.

    Schröder merkte zudem positiv an, dass der Bundesfreiwilligendienst nicht nur junge Menschen anlockt. "Die  hohe Zahl an BFD-Verträgen mit Menschen aus der neuen Zielgruppe  über 50 zeigt, dass auch die Träger und Einsatzstellen daran ein  großes Interesse haben und ganz überwiegend positive Erfahrungen machen." Das kann Leonhard Stärk vom Bayerischen Roten Kreuz nicht bestätigen. "Nur 60 von 675 Bufdis sind gerade mal über 30", sagt er. Damit kann er aber leben. Nach wie vor ist die Beschränkung der Stellen sein größeres Problem. Aktuell hat er 70 Bewerber in der Warteschleife.

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