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Bundesdelegiertenkonferenz: Grüne Grüße

Bundesdelegiertenkonferenz

Grüne Grüße

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    Der Eindruck täuscht: Die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin machen nicht Urlaub, sondern bereiten ihre Partei bereits auf kommende Wahlkämpfe vor.
    Der Eindruck täuscht: Die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin machen nicht Urlaub, sondern bereiten ihre Partei bereits auf kommende Wahlkämpfe vor. Foto: Foto: dapd

    Kiel Die Rückkehr zu alten Debatten über eine Rückkehr zu Rotationsritualen bei den Grünen dauert nur eine Rede und eine Gegenrede lang. Dann ist klar: Auch eine Claudia Roth muss nicht zwangsläufig spätestens im Herbst 2014 nach dann zehn Jahren als Vorsitzende der Partei abtreten. Da hilft auch nicht, dass der junge Delegierte Patrick Hell aus Oberfranken all seine rhetorischen Fähigkeiten aufbringt und von Dingen spricht wie „Bewahrung des Pluralismus“ in dieser Partei.

    Der „Promi“ Volker Beck, seines Zeichens Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag, trifft die Überzeugungen der Delegierten besser: Die Partei brauche an ihrer Spitze die besten und diejenigen, die grüne Ideen am machtvollsten vertreten, aber keine Satzungsänderung, mit der die Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) in ihren Entscheidungen gesteuert wird.

    Natürlich sind es diese „Mächtigen“ bei den Grünen, die auch auf der 33. BDK in Kiel an diesem Wochenende den Ton angeben: die Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir, die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin – oder zum Beispiel auch Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident. Er bekommt – allen grünen Gepflogenheiten zum Trotz – seinen umjubelten Gang durch die Reihen der Delegierten, weil die ausgelosten Redner disziplinierter, als von der Parteitagsregie erwartet, debattieren, er deshalb seinen Auftritt verpasst und erst im Labyrinth der Sparkassen-Arena (besser bekannt als Ostseehalle) gesucht werden muss.

    Seine Signale sind dann deutlich. Er plädiert am Samstag, einen Tag vor dem Volksentscheid über Stuttgart 21, für mehr direkte Demokratie. Er wirbt, während zur gleichen Stunde in Gorleben gegen den Castor-Transport demonstriert wird, für eine offene Suche nach dem sichersten Standort für ein atomares Endlager, bei der sich keiner – auch Bayern nicht – von vorneherein ausklinken dürfe. „Es geht nicht um Geografie, sondern um Geologie“, sagt Kretschmann. Und um eine Frage für 100000 Jahre und nicht nur eine Wahlperiode von vier oder fünf Jahren.

    In Kiel werden die Grundlagen für Wahlprogramme beschlossen

    Es ist ein Parteitag, auf dem die Grünen mit inhaltlichen Debatten Grundlagen schaffen für kommende Wahlprogramme, etwa in der Haushalts- und Finanzpolitik. Wo kann gespart werden, wo müssen Subventionen abgeschafft werden und wo muss der Bürger eventuell steuerlich höher belastet werden – es geht in dem verabschiedeten Finanzkonzept vorrangig um eine Umverteilung von oben nach unten. „Wir müssen eine solide und solidarische Finanzpolitik nach dem Motto organisieren: Starke Schultern tragen, was schwache nicht tragen können“, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin.

    Im Ringen um den Spitzensteuersatz setzen sich Trittin und die übrige Grünen-Spitze mit großer Mehrheit durch. Sie haben 49 Prozent für alles Einkommen über 80000 Euro in den Antrag geschrieben. Die Grüne Jugend (die „keine Kompromisse in das Wahlprogramm schrieben“) und andere wollten 53 Prozent. Mehr versprechen sich die Grünen ohnehin von der Einführung einer einmaligen und zeitlich befristeten Vermögensabgabe. Betroffen wären nur Millionäre, aber die Grünen erwarten sich über mehrere Jahre verteilt 100 Milliarden Euro für die öffentlichen Kassen, um die Verschuldung abzubauen.

    Es wird auch Widerspruch laut. Von „altsozialdemokratischen Ansätzen“ ist die Rede. Eine Stimme, die aber keinen Widerhall findet. Und von einem Ende der Ökologisierung des Steuersystems will Jürgen Trittin erst recht nicht reden. „Schluss mit 15000 Euro Steuerzuschuss für große Geländewagen für Leute, die sich das Auto auch so leisten können“, sagt der Fraktionschef.

    Die Grünen wollen, dass von Kiel die Botschaft ausgeht, dass sie ihren Platz in den Regierungen sehen. „Wir sind die politische Alternative“, sagt Trittin. Das Selbstbewusstsein ist trotz zuletzt deutlich schwächerer Umfrageergebnisse am Ende eines überaus erfolgreichen Jahres groß. Das bekommt dann auch der Lieblings-Koalitionspartner SPD zu spüren. „Zum Jagen prügeln wie einen Hund“ müsse man die Sozialdemokraten manchmal, sagt Trittin.

    Demokratische Nachhilfe aus der Schweiz

    Bevor am Sonntag ein Teil der Grünen Kiel nach Richtung Gorleben abreist, wird der „Tag der Demokratie“ gefeiert. Der ehemalige Schweizer Bundespräsident Moritz Leuenberger wirbt für das Modell der direkten Demokratie. Mit seinen Worten trifft er mitten in die Seele der Grünen: Er fordert in Krisenzeiten nicht weniger, sondern mehr Demokratie. Er stellt die besondere Bedeutung von Abstimmungen heraus, weil sie etwas anderes aussagen als Umfragen. Und „Regierungen, die sich an Meinungsumfragen orientieren“, wirft er „reinen Opportunismus“ vor. Die Grünen verabschieden zum Abschluss einen Antrag zu mehr Demokratie, der unter anderem das Wahlrecht mit 16 vorsieht. Mehr ist auch mit den Grünen nicht möglich: Ein

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