Zur Linderung der Wohnungsnot plädiert ein Verbändebündnis für die Umwidmung von Büroflächen.
Etwa 235.000 Wohnungen in innerstädtischen Bereichen könnten so bis 2025 aus bisherigen Büroflächen entstehen, wie das Kieler Bau-Beratungsinstitut Arge für das Bündnis "Soziales Wohnen" errechnet hat.
"Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie werden viele Menschen und Unternehmen zumindest für einen Teil der Arbeitszeit auf das Homeoffice umstellen", sagte der Vorstand des Pestel Instituts in Hannover, Matthias Günther.
Für neu entstehende Wohnungen müsse es dabei aber eine "Sozialquote" für bezahlbare Wohnungen geben, verlangte das Bündnis "Soziales Wohnen", in dem sich die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, der Deutsche Mieterbund und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) sowie die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Deutsche Baustoff-Fachhandel (BDB) zusammengeschlossen haben. Die Umwidmung von Büroflächen könne helfen, die "entscheidenden Fehler in der Wohnungsbaupolitik" von Bund und Ländern auszubügeln, so das Bündnis.
"Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie werden viele Menschen und Unternehmen zumindest für einen Teil der Arbeitszeit auf das Homeoffice umstellen", sagte Pestel-Vorstand Günther der Deutschen Presse-Agentur. Der Trend zur Abwanderung ins Umland werde sich noch verstärken. "Gerade für Familien wird das Leben außerhalb der Stadt attraktiver, wenn Eltern nur noch an einigen Wochentagen ins Büro pendeln müssen."
Ein Arbeitsplatz daheim verbraucht nach Berechnungen des Arge-Instituts auch weniger Fläche als im Büro. 14,8 Millionen Menschen in Deutschland arbeiteten in Büros. Der Platzbedarf im Homeoffice - der bei Neubauten auch gesondert berücksichtigt werden solle - liege bei 5 bis 10 Quadratmetern, schreibt das Institut. Im Büro fielen hingegen eher zwischen 23 und 45 Quadratmeter an.
Nicht jede Gewerbeimmobilie sei für die Umnutzung zu Wohnraum geeignet, sagte Arge-Institutsleiter Dietmar Walberg. Es gebe aber viele Vorteile, die Kosten sparen hülfen: So gebe es Treppenhäuser, häufig auch Aufzüge oder Fassaden. Teure Installationsschächte gebe es bereits, zudem oft höhere Räume was Platz für weitere Leitungen biete.
Der Bundesregierung warf das Bündnis wohnungspolitisches Versagen vor. CDU, CSU und SPD hatten sich bereits im Koalitionsvertrag das Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen gesetzt und das im Herbst 2018 bei einem "Wohngipfel" bestätigt. Eine eigene Bilanz dieser "Wohnraumoffensive" von Bund, Ländern und Kommunen will die Regierung am 23. Februar präsentieren. Zum 1,5-Millionen-Ziel erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten: "Das werden wir auf keinen Fall schaffen, wir werden deutlich drunter bleiben."
Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) hatte der dpa gesagt, die Regierung sorge dafür, dass Wohnraum bezahlbar bleibe. "Innerhalb von vier Jahren werden 1,5 Millionen neue Wohnungen im Bau oder fertig gestellt sein. Außerdem stehen Fördermittel für 100.000 neue Sozialwohnungen bereit. Die Vereinbarungen der "Wohnraumoffensive" seien umgesetzt worden. Seehofer habe Wohnungen im Rohbau mitgerechnet und jene, für die lediglich eine Genehmigung erteilt sei, hielt Siebenkotten dagegen. "Verehrter Herr Minister, im Rohbau kann man nicht wohnen und auf einer Baugenehmigung erst recht nicht."
Der Bundesvorsitzende der IG Bau, Robert Feiger, warnte: "Uns droht eine verschärfte soziale Wohnungsnot infolge dieser Pandemie." Zudem gebe es einen enormen Schwund an Sozialwohnungen. "43.000 Sozialwohnungen sind bundesweit in den vergangenen fünf Jahren vom Markt verschwunden – und zwar Jahr für Jahr." Rechnerisch gehe alle zwölf Minuten in Deutschland eine Sozialwohnung verloren.
Bis 2030 müssten mindestens zwei Millionen Sozialmietwohnungen zusätzlich entstehen, forderte das Bündnis. Jede zehnte Sozialwohnung müsse barrierefrei werden. Generell brauche es angesichts einer alternden Bevölkerung viel mehr barrierefreie Wohnungen. Städte und Gemeinden sollten Härtefall-Kommissionen bilden, die ein Zehntel der verfügbaren Wohnungen an besonders Bedürftige vergeben könnten. Schließlich müsse der Wohnungsneubau steuerlich stärker begünstigt werden.
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Bundesregierung zur "Wohnraumoffensive"