Der Klimaschutz und das künftige Verhältnis zu Großbritannien beschäftigen an diesem Donnerstag den EU-Gipfel in Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen beraten, wie ein Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich doch noch vor Jahresende gelingen könnte. Zudem geht es um das neue EU-Klimaziel für 2030. Auch die Corona-Pandemie wird Thema des zweitägigen Treffens.
Am Mittwochabend hatten Gipfelchef Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson telefoniert. Johnson ließ anschließend erklären, ein Handelsabkommen sei zwar wünschenswert, doch sei er enttäuscht über den langsamen Verhandlungs-Fortschritt. Er hatte der EU eigentlich eine Frist zur Einigung bis 15. Oktober gesetzt, also bis Donnerstag. Nach dem Telefonat behielt er sich einen Abbruch der Verhandlungen vor, erklärte aber, er warte zunächst den Gipfel ab.
Ursula von der Leyen spricht von Fortschritten am Verhandlungstisch
Von der Leyen twitterte nach dem Telefonat: "Die EU arbeitet an einem Deal, aber nicht zu jedem Preis." Es warte noch eine Menge Arbeit. Ratspräsident Michel schrieb ebenfalls auf Twitter: "Am Vorabend des Europäischen Rats haben wir erneut auf Fortschritte am Verhandlungstisch gedrungen."
Beim Gipfel wollen die 27 Staaten laut Entwurf der Abschlusserklärung ihre Sorge ausdrücken, dass noch immer keine ausreichenden Fortschritte für ein Abkommen erzielt worden seien. Zugleich wollen sie sich aber zu weiteren intensiven Verhandlungen in den nächsten Wochen bekennen. Der anvisierte Vertrag soll Zölle und Handelshemmnisse nach der Brexit-Übergangsphase vermeiden, die zum Jahresende ausläuft.
Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber forderte Geschlossenheit der 27 EU-Staaten. "Wir sollten uns auch bewusst sein, dass Großbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt mehr braucht als wir zum britischen Markt", sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament der Passauer Neuen Presse (Donnerstag). Die EU sei daher in der stärkeren Position.
Bundeskanzlerin Merkel unterstützt die neue Zielmarke
Für Donnerstagabend plant der Gipfel eine Grundsatzdebatte über ein neues Klimaziel für 2030. Die EU-Kommission hatte im September vorgeschlagen, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu drücken. Bislang waren 40 Prozent anvisiert. Bundeskanzlerin Merkel unterstützt die neue Zielmarke, doch haben einige EU-Staaten Bedenken. Auch Ratschef Michel rief vor dem Gipfel zu mehr Ehrgeiz auf. Nur so könne das bereits vereinbarte Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen, erreicht werden. Eine Entscheidung soll es erst Ende des Jahres geben.
So wirkt sich der Klimawandel auf die Welt aus
Der globale Klimawandel hat immense Auswirkungen. Er beeinflusst Wetter, Gesundheit und Meeresspiegel. Wir zeigen das in einigen Beispielen.
Geht die Erwärmung der Erde ungebremst weiter, werden extreme Unwetter häufiger auftreten, warnen Klimaforscher. Feuchte Regionen werden noch feuchter, in trockenen drohen Dürreperioden.
Auf Klimaveränderungen reagieren Tiere, Pflanzen und Menschen empfindlich. Milde Winter erhöhen die Überlebensrate von Krankheitsüberträgern wie Mücken, Zecken oder Wanzen. Menschen, die ein Leben lang beschwerdefrei waren, bekommen vermehrt Allergien.
Die Erderwärmung lässt Gletscher und das Eis der Pole schmelzen. Steigt der Meeresspiegel weiter an, könnten die Malediven in rund 100 Jahren überflutet sein. Umweltschützer fürchten auch für die Nordseeküste dramatische Folgen: Wattflächen, Salzwiesen und Inseln könnten dauerhaft überschwemmt werden. Die Eisdecken an den Polen waren im März so klein wie noch nie in einem solchen Monat.
Am zweiten Gipfeltag soll es am Freitag um eine bessere Abstimmung der EU-Staaten in der Corona-Krise gehen sowie um die EU-Afrika-Beziehungen. Zudem könnten weitere außenpolitische Themen auf die Tagesordnung kommen, darunter der Konflikt mit der Türkei um Erdgas im östlichen Mittelmeer. Auch der anhaltende EU-Streit über das Haushalts- und Corona-Paket könnte zur Sprache kommen. (dpa)
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