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Brexit: Was der Brexit für Briten und Europäer bedeutet

Brexit

Was der Brexit für Briten und Europäer bedeutet

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    Stolze britische Fahnen wehen über einem Souvenirstand in London. Wegen des bevorstehenden Brexit ist das Land in diesen Tagen mehr denn je zerrissen. Es droht sogar ein gewaltiger Absturz.
    Stolze britische Fahnen wehen über einem Souvenirstand in London. Wegen des bevorstehenden Brexit ist das Land in diesen Tagen mehr denn je zerrissen. Es droht sogar ein gewaltiger Absturz. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Es könnte eine Schicksalsstunde für die EU werden, wenn sich die

    Warum ist der Gipfel so wichtig?

    Der Austrittsvertrag sollte diese Woche eigentlich fertig sein. Denn er muss noch vom Europäischen und den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Dafür bleibt bis zum Austrittstermin am 29. März 2019 immer weniger Zeit.

    Kann man den Austritt nicht einfach verschieben?

    Nein, das Verfahren nach Artikel 50 der Europäischen Verträge legt fest, dass die Kündigung der Mitgliedschaft zwei Jahre nach Einreichen des Antrags automatisch in Kraft tritt.

    Deal, No Deal, harter und weicher Brexit – was hat es damit auf sich?

    Unter einem Deal verstehen die Verhandler einen Austrittsvertrag sowie eine „politische Erklärung“ mit Eckpunkten über das künftige Verhältnis zwischen London und Brüssel, das in der Übergangsphase konkret festgelegt werden soll – unter welchen Auflagen beispielsweise Großbritannien Zutritt zum Binnenmarkt hat oder wie andere EU-Gesetze (zum Beispiel Telefonieren ohne Roaminggebühren) demnächst geregelt sind. Premierministerin May hat mehrfach den klaren Bruch mit

    Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, wirbt beim Parteitag der Konservativen für ihre Brexit-Strategie.
    Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, wirbt beim Parteitag der Konservativen für ihre Brexit-Strategie. Foto: Aaron Chown/PA Wire, dpa (Archiv)

    Welche Folgen hätte ein harter Bruch für Deutschland?

    Das bilaterale Außenhandelsvolumen beträgt rund 120 Milliarden Euro pro Jahr, das sind 1,4 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Ohne einen geregelten Austritt wäre das also auch für die hiesige Wirtschaft ein herber Rückschlag.

    Und welche Konsequenzen gäbe es für die britische Wirtschaft?

    Die Unternehmen hadern seit dem Referendum mit der verbreiteten Unsicherheit und warnen vor einem ungeregelten Austritt. So stagnieren Investitionen, weil noch nicht klar ist, wie das künftige Verhältnis des Königreiches zur Gemeinschaft aussieht. Zwar hat sich mittlerweile herausgestellt, dass Ökonomen die kurzfristigen negativen Folgen des Brexit-Votums überschätzt hatten. Doch die Wirtschaft wächst deutlich schwächer.

    Im Fall eines harten Brexit bedroht: Produktion von Mini-Fahrzeugen im Werk in Oxford.
    Im Fall eines harten Brexit bedroht: Produktion von Mini-Fahrzeugen im Werk in Oxford. Foto: BMW, dpa (Archiv)

    Es heißt, dass rund 90 Prozent aller strittigen Themen geklärt sind.

    Bei zwei sehr wichtigen Themen hat man tatsächlich eine Übereinkunft erreicht. Zum einen hat London akzeptiert, dass es für eingegangene Verpflichtungen noch rund 100 Milliarden Euro an Brüssel überweisen muss. Zum anderen wurden Regelungen für alle jene EU-Bürger gefunden, die schon lange auf der Insel leben und arbeiten beziehungsweise für die Briten in einem EU-Land. Sie dürfen bleiben, können auch Familien nachholen und müssen nicht befürchten, von heute auf morgen das Land verlassen zu müssen.

    In welchen Fragen ist man sich weiter uneinig?

    Offen ist die Frage, welches Gericht in Streitfällen zuständig ist. Eine Lösung könnte folgendes Modell sein: Ein Richter der EU sowie ein britischer Kollege berufen einen dritten neutralen Juristen und bilden ein besonderes Schiedsgericht.

    Chronologie: Was nach dem Brexit-Votum geschah

    Am 23. Juni 2016 stimmten die Briten für den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union. Was seitdem geschah:

    24. Juni: In den Morgenstunden wird klar: Großbritannien kehrt Europa den Rücken. In Europa und Asien brechen die Aktienmärkte ein.

    4. Juli: Brexit-Befürworter Nigel Farage tritt vom Vorsitz der rechtspopulistischen Unabhängigkeitspartei Ukip zurück.

    13. Juli: Premierminister David Cameron tritt zurück. Die konservative Politikerin Theresa May wird seine Nachfolgerin. Der Brexit-Wortführer Boris Johnson wird neuer britischer Außenminister.

    15. Juli: Brexit-Minister David Davis kündigt an, erst zum Jahreswechsel offizielle Gespräche mit Brüssel über einen EU-Austritt aufnehmen zu wollen. Die EU dringt auf baldige Verhandlungen.

    2. Oktober: May gibt bekannt, dass sie bis Ende März 2017 offiziell den Austritt aus der EU einleiten wird.

    18. Januar 2017: May kündigt in einer Rede einen «harten Brexit» an. Großbritannien wird auch den europäischen Binnenmarkt verlassen.

    24. Januar: Das höchste britische Gericht entscheidet: Das Parlament in London muss über die Austrittserklärung abstimmen.

    2. Februar: Die Regierung veröffentlicht Teile ihrer Brexit-Strategie. Das sogenannte Weißbuch enthält kaum Neues.

    7. Februar: Brüssel kündigt London eine Rechnung in Milliardenhöhe nach dem Brexit für gemeinsam eingegangene EU-Verpflichtungen an.

    8. Februar: Das Unterhaus des Parlaments stimmt dem Brexit-Gesetz zu.

    1. März: Das Oberhaus ergänzt den Gesetzentwurf der Regierung, um Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien zu garantieren.

    7. März: Das Oberhaus stimmt für einen weiteren Zusatz zum Gesetz. Es fordert ein Vetorecht des Parlaments zum Abschluss des Brexit-Deals.

    13. März: Das Oberhaus lenkt ein; das Parlament verabschiedet das Brexit-Gesetz. Schottlands Regierung kündigt an, dass sie in einem Referendum über die Trennung vom Königreich abstimmen lassen will.

    28. März: Das schottische Parlament votiert für die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von Großbritannien. Sie soll nach dem Willen Sturgeons vor dem Brexit stattfinden, was May kategorisch ablehnt.

    8. Juli 2018: Brexit-Minister Davis tritt zurück, nach dem er mit den Plänen von May nicht zufrieden ist. Ein Tag später folgt ihm Außenminister Johnson.

    13. November: Die EU veröffentlich Pläne für ein Brexit ohne Abkommen mit London. Doch kurze Zeit später heißt es, die Vertragspartner hätten sich doch auf einen Entwurf geeinigt.

    15. November: Weitere vier Minister treten von ihren Ämtern zurück. Weniger Tage später verabschiedet die EU das Abkommen.

    12. Dezember: May muss sich wegen ihres Brexit-Kurses einer Abstimmung über ihr Amt als Chefin der Konservativen Regierungspartei stellen. Eine Mehrheit der Tory-Abgeordneten spricht ihr das Vertrauen aus.

    15. Januar 2019: Das britische Parlament lehnt das Brexit-Abkommen ab. Mit 432 zu 202 Stimmen votieren die Abgeordneten in London gegen den Deal von Premierministerin May.

    26. Februar: May gibt ihren grundsätzlichen Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf. Zuerst aber soll am 12. März nochmals über das Austrittsabkommen abgestimmt werden.

    12. März: Die erneute Abstimmung im Unterhaus über das Vertragspaket mit der EU endet mit einer weiteren klaren Niederlage für May.

    14. März: Das Unterhaus stimmt einer Regierungsvorlage zu, wonach der EU-Austritt bis mindestens zum 30. Juni aufgeschoben werden soll. May gibt bekannt, dass sie dem Parlament den Austrittsvertrag zum dritten Mal vorlegen wird.

    29. März: Die zweijährige Frist läuft ab, gemäß Großbritanniens EU-Mitgliedschaft um Mitternacht beendet wird und eine Übergangsperiode beginnen soll. Wenn aber bis dahin das britische Parlament dem Austrittsabkommen von Theresa May nicht zustimmt, beginnt entweder ein vertragsloser Zustand oder es kommt zu einem Aufschub des EU-Austritts. (dpa)

    Was ist mit der Nordirland-Frage?

    Das ist ein Kernproblem. Nordirland als Teil des Vereinigten Königreichs verlässt die EU. Das Karfreitagsabkommen von 1998 verbietet aber eine harte Grenze zu Irland. London und Brüssel sind sich einig, dass sie den Friedensprozess nicht gefährden wollen. Die EU und May haben eine Lösung ausgehandelt, nach der Nordirland zunächst Teil der Zollunion mit der Gemeinschaft und als eine Art Sonderzone im EU-Regelwerk bliebe, bis eine bessere Lösung gefunden wird.

    Wo liegt das Problem?

    Sowohl die harten Brexit-Befürworter in Mays Partei als auch die nordirische Unionistenpartei DUP lehnen dies ab. Die konservative Regierung braucht jedoch die Stimmen der DUP, die gegen jede Extrabehandlung Nordirlands ist. Als Kompromiss war im Gespräch, dass das gesamte Land vorübergehend in einer Zollunion verbleiben und Nordirland zudem weiterhin am EU-Binnenmarkt für Güter teilnehmen könnte. Doch niemand weiß, ob Premierministerin May diese Variante durch das Parlament bekommt. Derzeit gibt es für keinen der Vorschläge eine Mehrheit.

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