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Bombenexplosionen in der Ukraine: Auf der Suche nach den Tätern

Bombenexplosionen in der Ukraine

Auf der Suche nach den Tätern

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    Bei der Bombenserie in der Ukraine wurden mindestens 29 Menschen verletzt.
    Bei der Bombenserie in der Ukraine wurden mindestens 29 Menschen verletzt. Foto: dpa

    Wegen des Umgangs mit Julia Timoschenko steht die Ukraine bereits international in der Kritik. Nach einer Bombenserie mit mindestens 29 Verletzten in der ukrainischen Stadt Dnjepropetrowsk suchen die Ermittler mit Hochdruck nach den Attentätern. Derweil wird der Prozess gegen die inhaftierte Oppositionschefin fortgesetzt.

    "Diese Terroristen wollen Chaos anrichten, aber wir werden sie schnell finden und ihrer gerechten Strafe zuführen", kündigte Regierungschef Nikolai Asarow an. Das Innenministerium in Kiew hatte nach den vier Explosionen an verschiedenen Stellen der Industriestadt am Vortag mitgeteilt, es habe weder Anschlagsdrohungen noch ein Bekennerschreiben gegeben.

    Bosbach (CDU): Anschläge kein Anlass EM abzusagen

    Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte die ukrainische Regierung auf, die Sicherheit für Spieler und Fans bei der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft zu gewährleisten. "Die Anschläge sind aber kein Grund, an der Fußball-EM nicht teilzunehmen", sagte er der Zeitung Die Welt.

    Dnjepropetrowsk ist die Geburtsstadt der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, deren Fall international Empörung auslöst. An diesem Samstag setzt die Justiz in der Stadt Charkow ungeachtet der massiven Proteste auch aus Deutschland einen zweiten Prozess gegen die 51-Jährige fort, allerdings in Abwesenheit der erkrankten Timoschenko. Der in einem ersten Prozess bereits zu sieben Jahren verurteilten Oppositionsführerin drohen wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung weitere zwölf Jahre Haft.

    Timoschenko im Hungerstreik und von Aufsehern verletzt

    Timoschenko protestiert seit einer Woche mit einem Hungerstreik gegen ihre Behandlung in Charkow. Unter anderem sei sie beim erzwungenen Transport vom Gefängnis in eine Klinik am 20. April von Aufsehern verletzt worden, klagt die Politikerin. Ein Experte äußerte nach dem Studium von Fotos erhebliche Zweifel an der Darstellung. Die auf den Bildern zu sehenden Blutergüsse könnten unmöglich älter als zwei Tage sein, sagte Alexander Gurow von der Klinik in Charkow.

    Gegner von Timoschenko werfen der Ex-Regierungschefin vor, eine "Simulantin" zu sein. Allerdings haben auch Experten von Weltruf aus der Berliner Charité bestätigt, dass die 51-Jährige schwer krank sei und dringend eine Behandlung benötige. Nach Angaben ihrer Tochter leidet Timoschenko unter einem Bandscheibenvorfall. Bereits in der nächsten Woche würden erneut Ärzte aus Deutschland nach Charkow reisen, um die Führerin der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004 zu untersuchen, teilten Medien in Kiew mit.

    Wird die Fußball-EM boykottiert?

    In Deutschland forderte SPD-Chef Sigmar Gabriel wegen des Umgangs der Ukraine mit Timoschenko alle Politiker zu einem Boykott der Fußball-EM auf. "Politiker müssen aufpassen, dass sie nicht zu Claqueuren des Regimes werden. Denn sie sitzen in den Stadien möglicherweise neben Gefängnisdirektoren und Geheimpolizisten. Im Zweifelsfall sollte man da nicht hinfahren", sagte er der Bild am Sonntag.

    Zehn Fakten zur Ukraine

    Die Ukraine wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 unabhängig. Die Hauptstadt ist Kiew. Die Ukraine ist mit 603.700 Quadratkilometern der größte Flächenstaat in Europa. Zum Vergleich: Die Bundesrepublik misst 357.121Quadratkilometer.

    Die Ukraine war zusammen mit Polen der Austragungsort der Fußball-Europameisterschaft 2012. Spielstätten in der Ukraine waren: Die Hauptstadt Kiew, Donezk im Südosten, Lemberg (Lwiw) in der Westukraine und Charkow im Nordosten des Landes.

    Staatsoberhaupt der Ukraine ist seit 2010 Präsident Wiktor Janukowytsch. Sein Vorgänger im Amt war Wiktor Juschtschenko, der 2004 als ein Held der Orangenen Revolution international bekannt wurde.

    Julia Timoschenko: Julia Timoschenko war von Januar bis September 2005 und von Dezember 2007 bis März 2010 Ministerpräsidentin der Ukraine unter Präsident Wiktor Juschtschenko. Seit August 2011 befindet sich die 51-Jährige mit der charakteristischen Zopffrisur in Haft.

    Die Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist eine Autonome Republik innerhalb der Ukraine. Sie hat rund zwei Millionen Einwohner und ist 26.100 Quadratkilometer groß. Die größte Stadt der Krim ist Sewastopol.

    Die Stadt Odessa, im Südwesten des Landes an der Schwarzmeerküste gelegen, gilt als ein Zentrum der Liberalen und Intellektuellen. Odessa hat rund eine Million Einwohner.

    Die Ukraine ist innerhalb des Landes in vielfacher Hinsicht gespalten. Der Fluss Dnepr, an dem die Stadt Dnipropetrowsk liegt, gilt als die geographische Trennlinie des Landes. Westlich ist die Nähe zu Europa und der Europäischen Union deutlich stärker ausgeprägt als im Osten, der die Nähe zu Russland pflegt.

    Die Ukraine galt zu Stalins Zeiten wegen ihrer fruchtbaren Schwarzböden als die "Kornkammer" der Sowjetunion. Als Stalin die Landwirtschaft kollektivierte, brach in den 1920 Jahren eine Hungersnot aus, die bis heute einen bestimmenden Platz im nationalen Gedächtnis der Ukraine hat.

    Fußballerisch erzielten die Ukrainer ihren bisher größten Erfolg bei er EM 2006: Die ukrainische Mannschaft erreichte das Viertelfinale.

    Die Boxer Wladimir und Vitali Klitschko haben für die Ukraine den Weltmeistertitel im Schwergewicht geholt.

    Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) appellierte an die Führung in Kiew, Timoschenko ausreisen zu lassen, um ihr eine ärztliche Behandlung zu ermöglichen. "Die Ukraine hat mit der EM die Chance, sich positiv darzustellen, und ich hoffe, sie nimmt diese Chance wahr", sagte er der "Welt".

    Die Ukraine trägt vom 8. Juni bis 1. Juli die Fußball-EM gemeinsam mit Polen aus. Die Stadt der Bombenserie, Dnjepropetrowsk, ist keiner der vier Spielorte in der Ex-Sowjetrepublik. Nach den Explosionen in der viertgrößten Stadt der Ukraine sah die Europäische Fußball-Union UEFA zunächst keine Veranlassung zu neuen EM-Sicherheitsmaßnahmen. Die Situation werde aber "beobachtet". dpa/AZ

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