Mit einem neuen Weltraumoperationszentrum will Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Fähigkeiten Deutschlands zum Schutz eigener Satelliten verstärken.
Die Indienststellung des "Air and Space Operations Center" (ASOC) am Montag in Uedem (Nordrhein-Westfalen) sei ein erster Schritt für das Planen und Führen von Weltraumoperationen, sagte die CDU-Chefin. Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, sagte: "Es geht hier nicht um Weltraumwaffen, sondern es geht darum, das zu schützen, was wir im Weltraum haben." Inzwischen hängen weite Teile der modernen Technik - Telekommunikation, Internet und Navigation - von Satelliten ab.
Das neue Zentrum wurde als Teil der Luftverteidigungsanlage auf dem Paulsberg bei Uedem errichtet, von wo aus das deutsche Militär auch den kompletten Luftraum über Deutschland im Blick hat und Alarmstarts von Kampfflugzeugen bei möglichen Bedrohungen steuert. Zuletzt passiert ist das am 18. August, als eine aus Polen durchfliegenden Maschine nicht mehr zu erreichen war.
In einem Raum, den die Ministerin besucht, befindet sich das Nationale Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum". Großbildschirme, blinkende Lichter und Zahlencodes. Einige Fernsehsender laufen. Auf dem Gelände werden neue Gebäude errichtet. Aus der Anlage, in die bis 2038 etwa 200 Millionen Euro investiert werden, wird nun auch das erdnahe Weltall in den Blick genommen.
"Wir haben eine zunehmende Verbindung, und das ist etwas, was man nicht mehr trennen kann, zwischen Weltraum und Luftraum und auch den Systemen am Boden", sagte Kramp-Karrenbauer. Telekom und Navigation, "das alles hängt von Satelliten ab". Außerdem sei sie überzeugt, dass es für die Nutzung des Weltraums auch rechtliche Regeln durch internationale Verträge geben müsse.
Das Weltraumoperationszentrum soll helfen, Satelliten vor Störungen und Angriffen zu schützen und auch Flugkörper beobachten, die beim Wiedereintritt in die Atmosphäre zur Gefahr für besiedelte Gebiete werden können. Es beobachtet und katalogisiert Weltraumobjekte und den sogenannten Weltraummüll, der für andere Geräte zur Gefahr werden kann. Das Zentrum startet mit zunächst 50 Experten und soll bis zum Jahr 2031 auf 150 Mitarbeiter aufwachsen. Teils werden vorhandene Fähigkeiten zusammengeführt.
So werden mit dem neuen Radarsystem GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) am Rande von Koblenz die Bahnen von Weltraumkörpern verfolgt. Es wurde im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) durch das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) entwickelt. Um dann Objekte näher unter die Lupe zu nehmen, wird das Weltraumbeobachtungsradar TIRA bei Bonn eingesetzt. Außerdem stehen Teleskope zur Verfügung.
Aus Sicht von Militärexperten ergibt es für Deutschland wenig Sinn, Luft- und Weltraum zu trennen - ungeachtet der physikalischen Unterschiede. Deutschland geht damit einen anderen Weg als die Großmacht USA, die für den Weltraum eine eigene Teilstreitkraft aufgestellt hat. Die USA sind aber wichtigster Partner Deutschlands, in Europa zudem Frankreich.
Anders als die USA, China und Russland hat Deutschland keine Fähigkeiten, um auf Angriffe im Weltraum dort militärisch zu antworten. Waffensysteme dafür stehen der Bundeswehr schlichtweg nicht zur Verfügung. Im Fall der Fälle würde auf dem Boden reagiert - zunächst diplomatisch. Denkbar sind Angriffe auf Satelliten mit Laserstrahl und dann nötige Reaktionen, um die Technik aus dem Strahlungswinkel wegzudrehen. Die technische Abwehr erfolgt also passiv.
Daten sind aber auch zur Flugkörperabwehr am Boden und für die Weltraumaufklärung der Aktivitäten anderer Staaten und Mächte nötig. Diese werden in einer "Weltraumlage" dokumentiert. Auch das "Weltraumwetter" - die aktuelle Situation im Falle atmosphärischer Störungen - ist für die Kommunikation auf der Erde relevant.
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Zentrum Luftoperationen der Luftwaffe
Weltraumbeobachtungsradar TIRA