Es ist nicht das erste Mal, dass eine Versammlung der katholischen Bischöfe Deutschlands von Skandalen überschattet und Erwartungen überfrachtet ist. So ist es auch bei der diesjährigen Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), die wegen der Corona-Pandemie in diesen Tagen digital stattfindet.
Der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing, Bischof von Limburg, weiß das. Er weiß, dass sich seine Kirche in einer tiefen Krise befindet. Und dass sich die Fragen der Journalisten – die diese bei der Auftaktpressekonferenz am Dienstag per Mail schicken können – um seinen Kölner Mitbruder Rainer Maria Woelki und um dessen Umgang mit Missbrauchsfällen drehen werden. So kommt es dann auch: Sollte Woelki das unabhängige Missbrauchsgutachten, das er wegen angeblich „methodischer Mängel“ unter Verschluss hält, umgehend veröffentlichen? Sollte er zurücktreten? Färben die massenhaften Kirchenaustritte im Erzbistum Köln auf die ganze Kirche ab?, lauten die Fragen.
Bischof Bätzing distanziert sich von Kardinal Woelki
Bätzing, scheint es, hat viel gelesen vor der Versammlung. In deren Vorfeld hatten sich Missbrauchsbetroffenen- und Reforminitiativen, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, katholische Vereine und Verbände mit Forderungen zu Wort gemeldet. Ein Laienbündnis appellierte an die Bischöfe: „Verspielen Sie die letzte Chance nicht!“ Bätzing kennt die Positionen und die Kritik – und versucht, darauf klar zu antworten.
Letztlich wirkt er kraftvoll und hilflos zugleich. Er laviert. Etwa wenn er sagt, er habe mehrfach mit Woelki gesprochen und ihm „die Alternative genannt“, das unter Verschluss gehaltene Missbrauchsgutachten zu veröffentlichen und öffentlich darüber diskutieren zu lassen, ob es rechtsfähig sei. Wenn er dafür wirbt, die Vorstellung eines zweiten Gutachtens am 18. März abzuwarten und möglichst keine Vorverurteilung zu treffen. Wenn er erklärt, auch der Rücktritt von Bischöfen sei unter bestimmten Voraussetzungen nicht ausgeschlossen, und – in großer Distanz zu Woelki – sagt: „Der Kardinal hat seine Entscheidungen für sein Erzbistum getroffen.“ Man habe „keine Hoheit über den Kardinal“. Er selbst nehme seinen Aufklärungswillen ab, die entstandene Unruhe sei ihm aber „genauso verständlich“. Bätzing, dessen Sprecher ihn als „virtuosen Moderator“ lobte, dürfte nicht nur bis zum Ende der Vollversammlung am Donnerstag gut damit beschäftigt sein, seine Mitbrüder und die Kirche zusammenzuhalten.
Unterstützung bekommt er dabei künftig von jener Frau, die auf dem Podium in Bonn rechts neben ihm sitzt: Beate Gilles. Die Bischöfe haben mit der 50-jährigen Theologin am Dienstag erstmals eine Frau zur Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz gewählt.
Erstmals bekommt die Deutsche Bischofskonferenz eine Generalsekretärin
Gilles, die im Regierungsbezirk Köln geboren wurde, ist seit 2010 Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie im Bistum Limburg. Sie wird ihr Amt am 1. Juli antreten. Auch mit ihr wollen die Bischöfe ihr Versprechen einlösen, mehr Frauen in Führungspositionen der Kirche zu bringen. In ihrer ersten Pressekonferenz sagt Gilles über die Kirchenkrise: „Die Spannungen, vor denen wir stehen, sind enorm.“ Und über die Reform-Initiative Maria 2.0, die sich unter anderem für die Weihe von Frauen zu Priesterinnen einsetzt: „Maria 2.0, das ist in der Mitte der Kirche.“
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