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Bildungspolitik: "Mein Kampf" soll Schulbuch werden

Bildungspolitik

"Mein Kampf" soll Schulbuch werden

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    Hitlers "Mein Kampf" soll  an bayerischen Schulen als Lehrmittel eingesetzt werden.
    Hitlers "Mein Kampf" soll an bayerischen Schulen als Lehrmittel eingesetzt werden. Foto: dpa

    Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle und Finanzminister Markus Söder planen, Hitlers Propagada-Pamphlet "Mein Kampf" im Unterricht einzusetzen. "Wir wollen deutlich machen, welch großer Unsinn darin steht - allerdings mit fatalen Folgen", sagte Söder. Bei dem Gedanken, dass Lehrer künftig mit ihren Schülern in Hitlers Hetzschrift "Mein Kampf" blättern werden, hat Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), ein ungutes Gefühl. Dass die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus wichtig ist, ist auch seine Meinung - die Umsetzung müsse aber eine andere sein. "Dieses Thema verlangt ein höheres Maß an Sensibilität", sagte Wenzel, der selbst 34 Jahre lang Lehrer war, im Gespräch mit augsburger-allgemeine.de.

    Vor allem junge Männer sind gefährdet

    Man müsse sich auf einen anderen Zugang zu der Problematik einigen, als den Kindern und Jugendlichen die Hetzschrift vorzulegen. Denn darin sieht Wenzel Gefahren. "Vor allem jugendliche männliche Schüler können von solchem Gedankengut schnell fasziniert sein und Sympathien für rechtsextreme Theorien entwickeln." Das habe unter anderem noch immer mit einem anderen Rollenverständnis von jungen Männern zu tun.

    Natürlich sei ihm klar, dass sich die Jugendlichen "Mein Kampf" auch über andere Wegen, etwa über das Internet, besorgen könnten. Das sei schlimm genug, meint Wenzel. Nur wenn es der ausdrückliche Wunsch der Schüler sei, über das Buch zu sprechen, könne man das tun. "Die Interessen der Schüler müssen berücksichtigt werden. Aber man muss sie ja nicht unbedingt mit der Nase auf gefährliches Gedankengut stoßen".

    Die Geschichte von ermordeten Menschen rekonstruieren

    Für eine viel bessere Idee hält Wenzel ein Projekt, das er erst am Dienstag vorgestellt hat: Die Schüler recherchieren die Biographien von verfolgten und ermordeten jüdischen Lehrerinnen und Lehrern. So sollen die Kinder erfahren, wie die Menschen damals gelebt haben und was das Hitler-Regime ihnen angetan hat. Ein bisschen ist das auch die Aufarbeitung der Vergangenheit des BLLV: "Der Verband hat sich während der Nazi-Zeit alles andere als vorbildlich verhalten und die jüdischen Lehrer im Stich gelassen", sagt Wenzel. Durch das Projekt könne das Leben von über 400 getöteten Lehrern rekonstruiert und gewürdigt werden. "Die Schüler erschaffen bei ihrer Recherche aus Nummern Namen." Das sei ein einfühlsamer Weg, den jungen Menschen das Grauen des Nationalsozialismus näher zu bringen.

    Missbrauch und das kommerzielle Geschäft mit "Mein Kampf" verhindern

    Hinter der Idee der beiden Minister stecken die 2015 auslaufenden Urheberrechte Bayerns an "Mein Kampf". Um Missbrauch und das kommerzielle Geschäft mit der Hetzschrift zu verhindern, will der Freistaat eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe der Propagandaschrift herausgeben. Neben diesem wissenschaftlich bearbeiteten Standardwerk soll das Münchner Institut für Zeitgeschichte noch mit der Herausgabe einer Schulausgabe beauftragt werden.

    Wenzel wünscht sich ein Umdenken der Politiker und Abkehr von der Idee, "Mein Kampf" künftig als Schulbuch einzusetzen. "Ich hoffe, dass wir da noch einmal miteinander sprechen können und dann gemeinsam überlegen, wie wir dieses Kapitel unserer Geschichte sinnvoll in den Unterricht integrieren." mit dpa

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