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Bildungsbericht: Forscher warnen vor Betreuungsgeld

Bildungsbericht

Forscher warnen vor Betreuungsgeld

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    Ist das Betreuungsgeld nun sinnvoll oder nicht? Befürworter und Gegner streiten in den vergangenen Tagen zunehmend verbittert über das Für und Wider.
    Ist das Betreuungsgeld nun sinnvoll oder nicht? Befürworter und Gegner streiten in den vergangenen Tagen zunehmend verbittert über das Für und Wider. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

    Augsburg Die Kritik am von der Bundesregierung geplanten Betreuungsgeld nimmt kein Ende – ebenso wie die Streitereien innerhalb der schwarz-gelben Koalition. Unterstützung erhalten die Betreuungsgeld-Gegner nun von unabhängigen deutschen Wissenschaftlern. Diese warnen ausdrücklich vor der Einführung der zusätzlichen Leistung – und das im neuen Bildungsbericht, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Kultusministerkonferenz in Auftrag gegeben haben. Er soll offiziell am Freitag vorgestellt werden.

    Die Pläne zum Betreuungsgeld sehen vor, dass Eltern, die ihre Kinder im zweiten Lebensjahr nicht in einer öffentlichen Kindertagesstätte betreuen lassen, von Januar kommenden Jahres an 100 Euro erhalten. 2014 soll die Leistung auf 150 Euro erhöht und auf Kinder im dritten Lebensjahr ausgeweitet werden.

    Gleich an mehreren Stellen ist in dem Bericht von falschen Anreizen die Rede, die besonders Eltern aus bildungsfernen Schichten davon abhalten könnten, ihr Kleinkind in eine Kita zu schicken. Zudem stehe der Staat schon jetzt vor erheblichen finanziellen Herausforderungen beim Kita-Ausbau, der Einlösung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige ab August 2013 sowie der dringend notwendigen Qualitätsverbesserung in Krippen wie Kindergärten. Bei Leistungen wie dem Betreuungsgeld bestehe die Gefahr, dass keines der angestrebten Ziele zufriedenstellend realisiert werden könne. Erste Pleite für Betreuungsgeld

    Bezüglich des Kita-Ausbaus fordern die Wissenschaftler, dass Bund, Länder und Kommunen ihre Bemühungen „massiv“ steigern müssen, „um ein bedarfsdeckendes Angebot zu schaffen“. Der mehrjährige Besuch einer Kita scheine eine wichtige Voraussetzung zu sein, „um durch die Förderung aller Kinder frühzeitig herkunftsbedingte Unterschiede abzubauen“.

    Mit Blick auf den letzten Bildungsbericht von 2010 ist das keine Überraschung. Darin hieß es: „Unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung von Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund durch eine frühzeitige Unterstützung in Tageseinrichtungen ist es notwendig, Eltern noch stärker zu motivieren, ihren Kindern den Besuch einer Tageseinrichtung möglichst früh zu ermöglichen.“

    Die Bundesregierung lässt die Kritik am Betreuungsgeld nicht gelten. „Der Bericht gibt die Meinung der Experten wieder, nicht die Meinung der Bundesregierung“, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte unserer Zeitung: „Der Gesetzentwurf der Bundesregierung steht und ist beschlussfertig. Wir wollen, dass er so, wie er ist, in den Bundestag eingebracht und beschlossen wird.“ Das Betreuungsgeld war von der CSU in der schwarz-gelben Koalition durchgesetzt worden, gegen den Widerstand von CDU- und FDP-Abgeordneten. Am 29. Juni soll der Gesetzentwurf im Bundestag diskutiert werden, nachdem die Opposition eine erste Lesung am 15. Juni verhindert hatte. CSU-Chef Horst Seehofer griff daraufhin auch die FDP an und drohte, Schwarz-Gelb platzen zu lassen. „Die CSU würde es nicht hinnehmen, ohne Betreuungsgeld diese Legislatur abzuschließen“, bekräftigte er gestern seine Drohung.

    Erst kürzlich hatte die OECD eine ähnliche Kritik geübt

    Der Ärger darüber ist groß in der FDP. Miriam Gruß, familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion und Generalsekretärin in Bayern, riet Seehofer, „den Ball flach zu halten“ und „verbal etwas ruhiger zu werden“. Zu Fall bringen möchte die FDP das Betreuungsgeld trotz allem nicht: „Die FDP hält sich an getroffene Abmachungen“, sagte Gruß unserer Zeitung. Zugleich betonte sie: Das Betreuungsgeld sei „nie ein Wunsch der FDP“ gewesen, sondern das „Wunschprojekt der CSU“. Diese müsse daher auch die Mehrheiten in der Union organisieren. „Der Bildungsbericht weist zu Recht darauf hin, dass der Ausbau einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung Priorität haben sollte“, sagte Gruß. Erst kürzlich kritisierte die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), dass sich das Betreuungsgeld negativ auf die Integration von Zuwanderern auswirke. (mit dpa, afp)

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