Während Schulen und Kindergärten im Landkreis Gütersloh wegen des Corona-Ausbruchs bei dem Schlachtbetrieb Tönnies ein zweites Mal geschlossen wurden, verbreiten die Bildungsminister der Bundesländer Zuversicht. Nach den großen Ferien sollen in Deutschland wieder alle Kinder zur Schule gehen. Für Kindergartenkinder soll das Gleiche gelten.
„Der Regelbetrieb ist kein Wunschdenken. Der Regelbetrieb ist das Ziel, das wir haben“, sagte die rheinland-pfälzische Kultusministerin Stefanie Hubig am Dienstag in Berlin. Die SPD-Politikerin amtiert als Präsidentin der Kultusministerkonferenz und koordiniert die Schulpolitik der Länder. Sie präsentierte deshalb gemeinsam mit Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Ergebnisse des nationalen Bildungsberichtes, der alle zwei Jahre vorgelegt wird.
Regelbetrieb an Schulen: Abstandsregeln können nicht mehr eingehalten werden
Die Ergebnisse treten angesichts der aufgestauten Frustration vieler Eltern in die zweite Reihe. Der Druck auf die Landesregierungen ist deshalb groß, den Ausnahmezustand an Schulen und Kindergärten zu beenden. Sie entscheiden sich für das Risiko. „Natürlich bedeutet Regelbetrieb, dass die Abstandsregeln nicht mehr eingehalten werden können“, gab Hubig zu. In Schulen und Kindergärten sollen andere Schutzkonzepte greifen: Fenster auf und regelmäßig Lüften, Maskenpflicht auf den Gängen für ältere Schüler, Desinfektionsmittel und Seife auf den Toiletten. Und es soll regelmäßig auf Corona getestet werden.
Im Prinzip geht auch Bayern diesen Weg. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) kündigte nach der Sitzung des Kabinetts an, dass ab 8. September wieder alle Schüler täglich im Präsenzunterricht sein sollen – „sofern das Infektionsgeschehen es zulässt“. Er listete allerdings auch drei alternative Szenarien auf. Sie reichen von einer Rückkehr zum derzeitigen Wechselbetrieb bei einem erneuten Anstieg der Infektionen, über lokale Schulschließungen in begrenzten Corona-Hotspots bis zum schlimmsten möglichen Fall einer zweiten, flächendeckenden Corona-Welle. Dann bleibe nichts anderes übrig, als überall zum Distanzunterricht zurückzukehren.
Digitalisierung in den Schulen: Keine Fortbildungen für Lehrer in den Sommerferien
Die letzten beiden Varianten sind für Eltern, Lehrer und Schüler in ganz Deutschland ein Horrorszenario. Die Zwangspause der vergangenen Wochen habe deutlich gezeigt, dass viele Schulen mit dem Lernen per Videoschalten, via E-Mail versendeten Aufgaben und elektronischen Plattformen für Lernmaterial überfordert waren. Während die Schüler spielend mit Smartphone und Tablet umgehen, haben viele Lehrer ihre Not mit der Technik. Das liegt auch daran, dass es viel zu wenige Weiterbildungen für sie gab, wie sie ihren Unterricht digital aufbereiten können. An den Schulen fehlen vielerorts die technischen Voraussetzungen für schnelles Internet und drahtlose Verbindung. All das bemängeln die Wissenschaftler im Bildungsbericht. „Wir haben noch Luft nach oben“, fasste es Stefanie Hubig zusammen.
Verpflichtende Fortbildungen für Lehrer soll es während der Sommerferien dennoch nicht geben. Geld hat der Bund den Ländern mit dem Digitalpakt Schule zwar zur Verfügung gestellt, aber die Schulämter haben Mühe, die Mittel abzurufen. In den Sommerferien soll Tempo aufgenommen werden. Baden-Württemberg verdoppelt sogar den Einsatz des Bundes von 65 Millionen Euro auf 130 Millionen. „So wird die Digitalisierung ein immer wichtigeres Thema werden. Der digitale Unterricht kann den analogen zwar nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen“, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) unserer Redaktion.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die meisten Schulen haben die Digitalisierung verschlafen
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