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Bestechungsverdacht: Korruptionsverdacht von Georg Nüßlein löst Lobbyismus-Streit aus

Bestechungsverdacht

Korruptionsverdacht von Georg Nüßlein löst Lobbyismus-Streit aus

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    Der Korruptionsverdacht gegen Georg Nüßlein spült ein für CSU und CDU unangenehmes Thema nach oben.
    Der Korruptionsverdacht gegen Georg Nüßlein spült ein für CSU und CDU unangenehmes Thema nach oben. Foto: Alexander Kaya

    Die Ermittlungen gegen ihren stellvertretenden Fraktionschef Georg Nüßlein wegen Bestechlichkeit zwingen CDU und CSU ein unliebsames Thema auf. Es geht um die Einflussnahme von Unternehmen auf Politiker und lukrative Nebeneinkünfte. Das Lobbying ist nicht nur ein Problem der Union, aber CDU und CSU pflegen traditionell eine größere Nähe zur Geschäftswelt als linke Parteien.

    Der Koalitionspartner SPD und die Grünen wollen allen Politikern mehr Offenheit verordnen. Sie sollen erklären, was sie neben ihren Einkünften aus der Staatskasse zusätzlich verdienen. Außerdem soll ein Lobbyregister Aufschluss darüber geben, welche Unternehmen, Verbände und Interessengruppen im Bundestag und den Ministerien Einfluss nehmen. Selbst die wirtschaftsnahe FDP hält das für geboten. Doch CDU und CSU blockieren.

    CDU und CSU verschleppen die Einführung eines Lobbyregisters

    Nachdem CDU-Nachwuchshoffnung Philipp Amthor vor einem Jahr beinahe seine noch junge Karriere wegen eines Lobbyskandals vorschnell beendet hatte, sagten die Konservativen zähneknirschend zu, das Register einzuführen und Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen offenzulegen. Doch seitdem verschleppt die Union das Verfahren.

    Eine Hände wäscht die andere: Grünen und SPD dringen darauf, dass Politiker erklären müssen, was sie zusätzlich verdienen.
    Eine Hände wäscht die andere: Grünen und SPD dringen darauf, dass Politiker erklären müssen, was sie zusätzlich verdienen. Foto: Peter Steffen, dpa

    „Dass der Gesetzentwurf zum Lobbyregister im Verfahren feststeckt, liegt daran, dass CDU und CSU notwendige Regeln verhindern und die Koalition handlungsunfähig ist“, sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, unserer Redaktion.

    Sie fordert die Union auf, wegen der Korruptionsermittlungen gegen Nüßlein im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzmasken den Widerstand aufzugeben. Beteiligungen müssten offen- gelegt werden, Einkünfte auf Cent und Euro gemeldet werden. „Es sind Verdachtsfälle verdeckter oder dubiöser Einflussnahme, die dem Vertrauen in gewählte Abgeordnete und in unsere demokratischen Institutionen massiv schaden“, erklärt Haßelmann.

    Nach Korruptionsvedacht: Lobbycontrol fordert Rücktritt von Georg Nüßleins

    Die Transparenz-Initiative Lobbycontrol verlangte ebenfalls, dass CDU und CSU ihre Hinhaltetaktik beenden müssten. „Der Fall Nüßlein zeigt noch einmal, wie wichtig Transparenz ist“, sagt Lobbycontrol-Expertin Christina Deckwirth. Für sie kristallisiert sich in der Causa Nüßlein die gesamte Problematik heraus.

    Wenn die Vorwürfe stimmen, dann hat der 51-Jährige als Geschäftsführer seiner Firma Tectum seinen privilegierten Zugang als Abgeordneter zu den Regierungen in Bayern und im Bund missbraucht, um einem Maskenlieferanten einen Auftrag zuzuschanzen, und dafür persönlich die Hand aufgehalten. Darüber hinaus soll er auf die im Raum stehende Provision von 660.000 Euro keine Steuern gezahlt haben. „Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass er Bestechungsgelder angenommen hat, dann muss er zurücktreten“, sagt Deckwirth.

    Die Staatsanwaltschaft hatte ihren Schlag gegen Nüßlein mit einem Anfangsverdacht begründet. Die CSU-Spitze hat der Fall merklich getroffen. Ein Skandal um die Beschaffung von Schutzmasken könnte das schwindende Vertrauen in den Corona-Kurs zusätzlich schwächen. Keiner der Parteigrößen will sich schützend vor Nüßlein stellen. Es regiert Schmalllippigkeit. „Hier werden schwere Vorwürfe erhoben, die lückenlos aufgeklärt werden müssen“, sagt CSU-Generalsekretär Markus Blume unserer Redaktion.

    Fall Georg Nüßlein: Gesundheitsminister Jens Spahn will den Masken-Deal noch einmal prüfen

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte am Freitag an, dass seine Mitarbeiter noch einmal „in das Archiv steigen“ werden, um sich den von Nüßlein vermittelten Masken-Deal genau anzusehen. Zu Beginn der Pandemie waren Masken Mangelware, und Spahn versuchte über alle Kanäle, Nachschub aufzutreiben. Der Minister widersprach auf Nachfrage unserer Redaktion, dass die von Nüßlein vermittelte Lieferung seinerzeit wohlwollend behandelt worden wäre. „Nach meiner Erinnerung sind die Dinge genauso behandelt worden wie andere auch.“

    Am Samstag teilte Spahns Ministerium schließlich mit, dass Nüßlein ein Angebot über Corona-Schutzausstattung an die Bundesregierung vermittelt habe. Ein Sprecher bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, Nüßlein habe das Verkaufsangebot eines Unternehmens im März 2020 an das Bundesgesundheitsministerium weitergeleitet. "Der Vertrag kam nach ministeriumsinterner Prüfung zustande." Wegen laufender Verhandlungen zu Qualitätsfragen sei der Vertrag aber bis jetzt noch nicht vollständig abgewickelt worden. Das Ministerium habe keine Provisionszahlungen geleistet, teilte der Sprecher mit.

    Ob des öffentlichen Drucks hat Nüßlein entschieden, sein Amt als Fraktionsvize ruhen zu lassen, wie sein Anwalt bestätigte. Die Vorwürfe halte der Politiker „für nicht begründet“.

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