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Berliner Abgeordnetenhaus: Die Grünen: Eine Fraktion zerlegt sich selbst

Berliner Abgeordnetenhaus

Die Grünen: Eine Fraktion zerlegt sich selbst

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    Knackpunkt in den Koalitionsverhandlungen zwischen Renate Künast und Klaus Wowereit war die A100-Verlängerung.
    Knackpunkt in den Koalitionsverhandlungen zwischen Renate Künast und Klaus Wowereit war die A100-Verlängerung. Foto: dpa

    Klaus Wowereit sagt es zwar nicht so deutlich – aber natürlich triumphiert er insgeheim. Der Verdacht des Regierenden Bürgermeisters, die Berliner Grünen könnten womöglich kein verlässlicher Partner sein, bestätigt sich im Moment nahezu täglich neu. Nachdem die Koalitionsgespräche mit den Sozialdemokraten früh am Streit um eine Verlängerung der Stadtautobahn um drei Kilometer gescheitert waren, geht es bei den Hauptstadt-Grünen inzwischen drunter und drüber.

    Als Parlamentspräsident Ralf Wieland den beiden Fraktionsvorsitzenden Ramona Pop und Volker Ratzmann in dieser Woche freundlich zu ihrer Wiederwahl gratulierte, rührte sich bei einem Dutzend grüner Abgeordneter keine Hand zum Beifall. Renate Künasts verunglückter Wahlkampf und die gescheiterten Koalitionsverhandlungen haben einen Machtkampf zwischen den Realos um Ratzmann und Pop und dem linken Parteiflügel entfacht, an dessen Ende möglicherweise sogar die Spaltung der grünen Fraktion steht. Selbst Wowereit, der mit allen Wassern gewaschene Machtmensch, staunt über die destruktive Kraft, die dort gerade am Werke ist: „Da steht man fassungslos daneben.“ Der Tagesspiegel verglich die Stimmung bei den Grünen gar mit der bei einer Beerdigung.

    Die Forderung des linken Lagers, zumindest einen ihrer Posten zu räumen, um beide Strömungen in der Partei zu repräsentieren, lehnen die Fraktionschefs kategorisch ab. „Die Mehrheit hat in einer demokratischen Wahl entschieden“, sagt Ramona Pop, die sich noch vergleichsweise deutlich gegen ihre linke Rivalin Canan Bayram durchgesetzt hat. Ratzmann dagegen benötigte schon einen zweiten Wahlgang, um sein Amt gegen Dirk Behrendt, den Anführer der Parteilinken, mit zwei Stimmen Vorsprung zu verteidigen.

    Dem allerdings geht es nicht nur um den Fraktionsvorsitz und seine persönliche Karriere. Ihm passt die ganze Richtung nicht: „Wenn ich höre, dass wir jetzt auf enttäuschte CDU-Wähler zugehen sollen“, schimpft er, „dann schüttelt es mich.“ Behrendt und seine Mitstreiter haben die Zusammenarbeit mit den Realos de facto bereits aufgekündigt und eine Fraktion in der Fraktion gegründet. Bei Themen, die ihnen wichtig sind, wollen sie in Zukunft lieber mit den Piraten oder der Linkspartei zusammenarbeiten als mit den eigenen Parteifreunden. „Jetzt entzweit sich“, bilanziert die den Grünen ansonsten wohlgesonnene Tageszeitung, „was schon immer nicht zusammengehörte.“ Die pragmatischen Realos aus vergleichsweise bürgerlichen Bezirken wie Zehlendorf, Prenzlauer Berg oder Pankow trennen gefühlte Welten von den Fundi-Grünen aus den Berliner Multikultikiezen Neukölln, Friedrichshain oder Kreuzberg.

    Wowereit jedenfalls hat seine Entscheidung, den Grünen den Stuhl wieder vor die Türe zu stellen, nicht bereut. Die Verhandlungen mit der CDU kommen gut und geräuschlos voran, Anfang Dezember sollen die Große Koalition und der neue Senat stehen. Selbst die eigenmächtige Installation eines neuen Polizeipräsidenten durch die SPD hat die Union um des lieben Betriebsfriedens willen akzeptiert.

    Auch in seiner Partei, sagt der Bürgermeister, sei die Enttäuschung groß gewesen, dass Rot-Grün in Berlin offenbar nicht funktioniere. „Aber es gibt immer Alternativen.“

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