Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Berlin: Hausbesetzung: 1300 Polizisten für eine Brandschutzprüfung

Berlin

Hausbesetzung: 1300 Polizisten für eine Brandschutzprüfung

    • |
    Am Morgen öffneten Polizisten mit schwerem Gerät die Tür des Hauses in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain.
    Am Morgen öffneten Polizisten mit schwerem Gerät die Tür des Hauses in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain. Foto: Carsten Koall, dpa

    Der Asphalt auf der Kreuzung Rigaer Straße/Liebigstraße in Berlin-Friedrichshain ist verkohlt. Hinter einer Barrikade skandieren Autonome Hassparolen gegen die Polizei. Hunderte Bereitschaftspolizisten haben die Gegend rund um das zum Teil von Linksextremisten besetzte Haus

    Bewohner des besetzten Hauses attackierten die Polizisten mit Pulver aus einem Feuerlöscher und bewarfen sie mit Farbe.
    Bewohner des besetzten Hauses attackierten die Polizisten mit Pulver aus einem Feuerlöscher und bewarfen sie mit Farbe. Foto: Carsten Koall/dpa

    Hausbesetzer locken Einsatzkräfte in den Hinterhalt

    Bereits am Tag zuvor hatten Barrikaden gebrannt, waren Polizisten von Hausdächern mit schweren Pflastersteinen beworfen worden. Mehr als 70 Beamte wurden nach einer vorläufigen Bilanz verletzt, zwei davon schwer. Nur die schwere Schutzausrüstung der aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengezogenen, rund 1300 Beamten verhinderte Schlimmeres. In der Vorwoche waren Polizisten und Feuerwehrleute im Bereich der Rigaer Straße regelrecht in einen Hinterhalt gelockt worden. Ein Müllcontainer brannte, auf die Einsatzkräfte ging ein Hagel von Pflastersteinen nieder. Auch zahlreiche brennende Autos in der Gegend gehen wohl auf Konto der Hausbesetzer und ihrer Sympathisanten.

    Erst am Donnerstag um die Mittagszeit kann der mit einem Helm geschützte Prüfingenieur das Haus betreten. Die Bewohner hatten zuvor angeboten, ihn ohne Polizeischutz in das Haus zu lassen, doch das lehnte der Experte ab. Sein Rundgang dauerte am späten Nachmittag an. Aufgang um Aufgang muss ihm die Polizei den Weg freimachen. Die Bewohner hatten das Gebäude festungsartig ausgebaut, immer wieder stoßen die Einsatzkräfte auf Hindernisse, die erst beseitigt werden müssen.

    Rigaer Straße 94 ist ein Symbol der linksextremen Szene

    Die Polizei ist nach eigenen Angaben mit insgesamt mehr als 1000 Kräften im Einsatz.
    Die Polizei ist nach eigenen Angaben mit insgesamt mehr als 1000 Kräften im Einsatz. Foto: Carsten Koall/dpa

    Das Haus Rigaer Straße 94 gehört zu den letzten teilbesetzten Häusern in Berlin und gilt als Symbol der linksextremen Szene. Der Verfassungsschutz spricht von einer zentralen Institution der gewaltbereiten autonomen Szene Berlins“. Teile der Bewohner und der Besucher der Kneipe im Gebäude gehörten zum harten Kern der „millitanten Linksextremisten“. 1990 war das Haus besetzt worden, eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft renovierte es, es kam zu mehreren Eigentümerwechseln.

    Heutiger Besitzer ist die Lafone Investments Limited mit Sitz in London, hinter der sich ein Berliner verbirgt, der aus Angst um seine Sicherheit anonym bleiben will. Im Laufe der Jahre kam es zur Kündigung von Mietverträgen, Teilräumungen, Wiederbesetzungen und immer wieder zu Gewaltausbrüchen. Mehrfach waren Versuche, die Wohnsituation der Bewohner zu legalisieren, an deren Widerstand gescheitert. Für manche der Wohnungen gibt es Mietverträge, es ist aber völlig unklar, wer dort wohnt. Denn die Bewohner verwehren den Vertretern der Eigentümer jeden Zutritt.

    Welche Rolle die Politik spielt

    Als der damalige CDU-Innensenator Frank Henkel 2016 Teile des Hauses durchsuchenließ, wurde er von der Opposition harsch kritisiert. Gerichte machten Räumungen teils wieder rückgängig. Bei Durchsuchungen wurden zahlreiche Belege für schwere Brandschutzmängel gesammelt. So fehlten Treppengeländer und sogar ganze Treppen, Wände waren durchbrochen worden, Elektroleitungen lagen offen herum. Sperren, die offenbar „Eindringlinge“ fernhalten sollten, hätten es im Falle eines Feuers wohl in eine tödliche Falle verwandelt.

    Doch Bezirksbürgermeistern Monika Herrmann und ihr Baustadtrat Florian Schmidt, beide von den Grünen, verhinderten laut Medienberichten, dass die Bauaufsicht ein Verfahren eröffnete. Erst auf Druck von Senat und Gerichten wurde entschieden, dass die Bewohner den Besuch eines Brandschutz-Sachverständigen hinnehmen müssen. So geht es bei dem Konflikt drei Monate vor der Bundestagswahl auch um die Frage, wie es SPD, Grüne und Linkspartei mit linksextremer Gewalt halten.

    CDU wirft Grünen und Linken Mitverantwortung vor

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte die linksextremistische Gewalt rund um das teilweise besetztes Haus in Berlin entschieden. Die „äußerst gewalttätigen Ausschreitungen“ seien nicht hinnehmbar und erforderten eine „unmissverständliche Antwort des Rechtsstaates“, schrieb Steinmeier in einem Brief an die Einsatzkräfte. Auch die SPD-Innenminister verurteilten die

    Das ist rohe, extreme Gewalt gegen unsere Polizei und Feuerwehr“, sagte der Sprecher der SPD-Innenminister und -senatoren, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. Berlins CDU-Chef Burkard Dregger warf SPD, Grünen und Linken eine Mitverantwortung für die Entwicklung vor. Das grüne Bezirksamt habe die Brandschutzbegehung fünf Jahre lang torpediert. Dass insbesondere Grüne und Linke nach den Gewaltausbrüchen weiter schwiegen, könne „nur als Signal falscher Solidarisierung mit den Straftätern gedeutet werden“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden