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Benedikt XVI.: Interview mit Theologe: Tief getroffen von Missbrauchsfällen

Benedikt XVI.

Interview mit Theologe: Tief getroffen von Missbrauchsfällen

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    Peter Hofmann
    Peter Hofmann

    Papst Benedikt XVI. hatte in seiner Amtszeit schwere Krisen zu meistern. Professor Peter Hofmann, der an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Augsburg den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie innehat, zieht im Gespräch mit unserer Zeitung Bilanz.

    Hat Sie der Rücktritt überrascht?

    Peter Hofmann: Er hat mich überrascht und erschreckt, auch wenn immer wieder über seinen Gesundheitszustand spekuliert worden ist. Allerdings hat mich im Nachhinein nachdenklich gemacht, dass er als Kardinal bereits in der Amtszeit von Papst Johannes Paul II. über die Möglichkeit eines Rücktritts aus gesundheitlichen Gründen gesprochen hatte.

    In seiner Amtszeit gab es – beginnend mit dem Karikaturenstreit – eine Kette von Auseinandersetzungen mit der muslimischen Welt. Er wurde im Verlauf der Debatte immer wieder auch persönlich heftig kritisiert. Wie beurteilen Sie Benedikts Verhalten.

    Hofmann: Er hat sich meiner Ansicht klug und angemessen verhalten. Ich denke dabei an seinen Appell an das richtige Verhältnis zwischen Glaube und Vernunft zwischen den Religionen, ohne die es keinen friedlichen Dialog geben kann. Nicht von ungefähr hat der Papst die von seinem Vorgänger Johannes Paul II. initiierten Weltgebetstreffen verschiedener Religionen für den Frieden im italienischen Assisi weitergeführt.

    Für den Versuch, die Priesterbruderschaft Pius X. zurück in die katholische Kirche zu führen, erntete der Papst Unverständnis,ja Entsetzen. Zu Recht?

    Hofmann: Diese Initiative sollte den Gutwilligen der Bruderschaft den Weg zurück ermöglichen, nicht denjenigen, die offen oder unterschwellig antisemitisch sind. Es scheint jedoch, dass der Vatikan, bevor sich Benedikt XVI. zu diesem Schritt entschieden hat, nicht ausreichend über die Strömungen in der Bruderschaft recherchiert hat.

    Der Missbrauchsskandal erschütterte die katholische Kirche im Frühjahr 2010 mit einer ungeahnten Wucht. War Benedikts Reaktion angemessen?

    Hofmann: Es war ja zu sehen, wie tief gebeugt und tief getroffen diese Fälle den Papst haben. Dies zeigt nicht zuletzt seine persönliche Entschuldigung bei den Opfern auf seiner Reise nach Großbritannien. Das Thema lag ihm schon Jahre zuvor persönlich am Herzen. Bereits in den 90er Jahren hatte er als Präfekt der Glaubenskongregation versucht, eine härtere Gangart gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche durchzusetzen – leider vergebens.

    Stichwort „Vatileaks“: Ausgerechnet der päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele – eine absolute Vertrauensperson mithin – hat Informationen an die Medien weitergegeben.

    Hofmann: Eine ganz bittere Enttäuschung, die er in seiner unmittelbaren Nähe erleben musste. Zumal es ja teilweise so dargestellt wurde, dass er selber die undichte Stelle gewesen sei. Dabei war er an der Sache völlig schuldlos. Er musste die Suppe auslöffeln, die ihm andere eingebrockt hatten.

    Wie fällt – in aller Kürze – Ihre Bilanz seiner Amtszeit aus?

    Hofmann: Positiv. In Deutschland wird vergessen, dass er nicht nur von Reformern in der Kirche, sondern auch vom rechten Flügel angegriffen wurde. Das ist für mich ein Hinweis darauf, dass er mit Erfolg die Kontinuität und Mitte der katholischen Kirche vertreten hat. Schließlich ist der Glaube an ein identifizierbares Bekenntnis gebunden.

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