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Belarus: Lukaschenko wendet sich an Russland: "Putin ist wie ein älterer Bruder für mich"

Belarus

Lukaschenko wendet sich an Russland: "Putin ist wie ein älterer Bruder für mich"

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    Diktator Alexander Lukaschenko setzt auf die Hilfe von Russlands Präsident Wladimir Putin.
    Diktator Alexander Lukaschenko setzt auf die Hilfe von Russlands Präsident Wladimir Putin. Foto: dpa

    Es ist ja nicht so, dass Belarus’ Präsident Alexander Lukaschenko die Opposition ignorieren würde. Im Gegenteil. Am Mittwoch drangen maskierte Zivilpolizisten in das Büro des Bürgerrechtsanwalts Maxim Snak ein und führten ihn ab. Mit Snaks Festnahme ist der Koordinierungsrat der Opposition in Minsk fast führungslos. Sechs von sieben Präsidiumsmitgliedern befinden sich im Exil oder in Haft. Nur die 72-jährige Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch ist noch im Land und auf freiem Fuß. Anders als Maria Kolesnikowa, die sich in einer spektakulären Aktion gegen eine Abschiebung in die Ukraine gewehrt hatte. Sie sitzt nach Angaben ihres Vaters in einem Sondergefängnis in Minsk ein.

    Laut Lukaschenko darf in Belarus keine Opposition existieren

    Lukaschenko nimmt seine Gegner also durchaus ernst. Aber er spricht der Opposition die Existenzberechtigung ab. Deshalb ist er auch mit dem exzessiven Gewalteinsatz der Sonderpolizei Omon gegen Protestierende einverstanden, was international auf scharfe Kritik stößt. "Die inneren Streitkräfte, die unsere Straßen sichern, erfüllen ihre Aufgabe", erklärte er in einem Interview mit russischen Medien. Die Omon-Einheiten hätten das Land "vor einem Blitzkrieg bewahrt". Damit knüpfte der Präsident, der seit 26 Jahren mit diktatorischer Härte regiert, an Aussagen über eine angebliche Steuerung der Proteste aus dem Westen an.

    Bereits am Vortag waren Passagen aus dem Interview bekannt geworden. So hatte Lukaschenkos Satz, er sei "vielleicht schon etwas zu lange an der Macht", Spekulationen über einen Rückzug aus der Politik genährt. Die weiteren Veröffentlichungen lassen solche Schlussfolgerungen aber kaum zu. Der 66-Jährige schloss zwar Neuwahlen nicht aus. Zuvor müsse aber im Winter eine von ihm einberufene Volksversammlung die Verfassung reformieren. Zugleich warb Lukaschenko um die Gunst des russischen Präsidenten Wladimir Putin, den er in den kommenden Tagen im Kreml zu einem Krisengipfel treffen will. Man sitze doch in einem Boot: "Wenn Belarus zusammenbricht, dann fällt als Nächstes Russland." Er meine es nur gut. Schließlich sei Putin für ihn "so etwas wie ein älterer Bruder".

    Werbung um Russlands Hilfe kommt aus beiden Lagern

    Lukaschenko ist aber nicht der Einzige, der um Hilfe aus Russland warb. Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja meldete sich per Video zu Wort, wandte sich aber nicht an Putin, sondern an die Menschen im Nachbarland. "Unterstützen Sie das belarussische Volk", sagte sie und forderte ein "Ende der Lügen". So widerspreche Lukaschenkos angeblicher Wahlsieg mit 80 Prozent der Stimmen dem gesunden Menschenverstand. Das Ergebnis sei komplett manipuliert. "Lukaschenko hält sich nur mit unglaublicher Brutalität an der Macht."

    Noch in der Nacht zuvor hatten sich Kolesnikowas Sprecher Anton Rodnenkow und ihr Vertrauter Iwan Krawzow in Kiew zu Details der verhinderten Abschiebung über die ukrainische Grenze geäußert. "Für Maria hatten sie sogar ein Flugticket von Kiew über Wien nach München besorgt", so Rodnenkow. Die 38-jährige Musikerin Kolesnikowa, die zwölf Jahre lang in Stuttgart gelebt und gearbeitet hat, sollte offenbar mit einer Ausreise nach Deutschland gelockt werden.

    Halt bei der Dokumentekontrolle: Maria Kolesnikowa im Fahrzeug an der Grenze zwischen Belarus und der Ukraine auf weißrussischer Seite.
    Halt bei der Dokumentekontrolle: Maria Kolesnikowa im Fahrzeug an der Grenze zwischen Belarus und der Ukraine auf weißrussischer Seite. Foto: Uncredited/Staatliche Grenzkomitee der Republik Belarus, dpa

    Doch es kam anders. Kolesnikowa versuchte alles, um ihre Abschiebung zu verhindern. "Die Türen waren verriegelt, damit Maria das Auto nicht verlassen konnte", erzählte Rodnenkow. "Sie schrie, dass sie nirgendwo hingehen werde. Dann sah sie ihren Pass vor sich, riss ihn in Fetzen, warf ihn aus dem Fenster und kletterte hinterher." Ohne den Pass verweigerten die ukrainischen Grenzbehörden die Einreise. Rodnenkow und Krawzow wählten den Weg ins Exil.

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