Entschieden wurde in Thüringen, Konsequenzen dürfte es für viele andere Bundesländer haben: Das Paritätsgesetz in Thüringen ist verfassungswidrig. Auch in Bayern hatten unter anderem die Grünen und die SPD dafür geworben, Listen für die Landtagswahl künftig abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen. Entsprechend groß ist die Enttäuschung über die juristische Einschätzung. „Das Urteil zeigt, wie stark verhaftet die traditionellen Rollenbilder sind und wie sehr sie in der Rechtsprechung nachwirken“, sagt Simone Strohmayr, SPD-Landtagsabgeordnete und frauenpolitische Sprecherin ihrer Partei unserer Redaktion.
Simone Strohmayr kritisiert Gerichtsentscheidung "gegen die Gleichstellung"
„Wieder wurde zulasten der Gleichstellung entschieden.“ Strohmayr fordert nun eine umfassende gesellschaftliche, aber auch juristische Debatte zum Thema Gleichstellung: „Welches Verfassungsgut hat höheren Rang: die Parteifreiheit auf der einen Seite, oder die Gleichstellung auf der anderen Seite?“, fragt Strohmayr. Bislang neige die Rechtsprechung dazu, die Beteiligung von Frauen als einfachen programmatischen Ansatz zu betrachten – nicht aber als Pflicht. Dabei sei beides in der Verfassung verankert. Artikel 3 schreibt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Aufgeben will Strohmayr nicht. „Auch das Frauenwahlrecht ist nicht von heute auf morgen eingeführt worden, das hat 60 Jahre Diskussion gebraucht.“ Notfalls müsse eben eine Änderung der Verfassung ins Auge gefasst werden. Denn die Thüringer Richter nehmen ausdrücklich Bezug auf das Grundgesetz.
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